Kaiserin Sisi (1837–1898) vermachte ihre Gedichte der Schweiz. Hier einige Beispiele aus der Sammlung.
Über die Liebe
Die Lieb' ist dumm, die Lieb' ist blind!
So steht's im Schicksalsbuche,
Du musst nun ebenfalls, mein Kind,
Dich beugen diesem Fluche.
Ohne Titel
Lebe wohl, sei's auch auf ewig.
Lebe wohl, es muss so sein,
kalt und starr ist deine Zukunft,
Einsam meine und allein.
Österreichs Kult-Kaiserin Elisabeth (1837–1898) war der Schweiz eng verbunden. Wie eng, zeigt Michael van Orsouw in der grossen Blick-Serie. Der Zuger Historiker, Autor und Aristokratie-Kenner («Blaues Blut», «Luise und Leopold») hat darüber sein neues Buch geschrieben, «Sisis Zuflucht» ist soeben im Verlag Hier und Jetzt erschienen (224 Seiten, gebunden).
Blick-Leserinnen und -Leser erhalten es zum Spezialpreis von 30 (statt 36) Franken. Bestellung mit Rabattcode «Blick-Sisi» an admin@hierundjetzt.ch oder Telefon 043 243 30 73
Österreichs Kult-Kaiserin Elisabeth (1837–1898) war der Schweiz eng verbunden. Wie eng, zeigt Michael van Orsouw in der grossen Blick-Serie. Der Zuger Historiker, Autor und Aristokratie-Kenner («Blaues Blut», «Luise und Leopold») hat darüber sein neues Buch geschrieben, «Sisis Zuflucht» ist soeben im Verlag Hier und Jetzt erschienen (224 Seiten, gebunden).
Blick-Leserinnen und -Leser erhalten es zum Spezialpreis von 30 (statt 36) Franken. Bestellung mit Rabattcode «Blick-Sisi» an admin@hierundjetzt.ch oder Telefon 043 243 30 73
Die ganze Serie: Sisi und die Schweiz
Chor der Felsenzwerge
O glücklich, dem gnädig die Götter versagen
Zu tiefes Empfinden, wo Wunden sie schlagen;
Ihn wird nicht das Schicksal erbittern, entmuten,
Sein Herz nie an giftigen Pfeilen verbluten.
Hast alles, was Menschen Begehr;
Doch mit deinem inneren Werte,
Mein Liebchen, da happert es sehr!
Und statt der schönsten Augen
Hast du die böseste Zung',
Die schmähet auf nahe und ferne
Und schonet nicht alt noch jung.
Mit deiner bösen Zunge
In deinem giftigen Mund,
Mein Liebchen, du schadest dir selber
Doch endlich am meisten im Grund!
Über Otto von Bismarck
Prädestiniert und sieggeweiht
Ziehst du, der grösste Geist der Zeit,
Geharnischt über uns're Welt,
Völker mähend, wie dir's gefällt.
Du Eisenstern auf blut'ger Bahn,
Unüberwindlich stets voran! –
Wo endet wohl dein Siegeslauf?
Führt er hinab, führt er hinauf?
Zur Politik
Wie endlos lange Stunden
Oft im Ministerrat
Ward mir der Geist geschunden
Durch Reden, dumm und platt.
Minister gingen, kamen;
Die ich all durchprobiert,
Nicht weiss ich ihre Namen,
Nur, dass sie mich blamiert.
Republikfreundlich
Die müssen conferieren
Von Früh bis in die Nacht
Und mir dann referieren,
Was Völker glücklich macht.
Und sollten sie entscheiden,
Die Republik muss sein,
So willige mit Freuden
In ihren Wunsch ich ein.
Über die Bergwelt
Göttlich ruht die Mondesnacht
Auf den hohen, stillen Bergen,
Starr in ihrer Felsenpracht
Scheinen sie gleich Riesensärgen.
Unten tief im dunkeln Thal
Liegt der Alpensee gebreitet,
Wo des Mondes Silberstrahl
Kaum noch auf den Wassern gleitet.
Regungslos ist die Natur,
Selbst der Nachtwind scheint entschlafen;
Aus dem Schweizerhäuschen nur
Klingt's wie Klirren von Karaffen.
Dorten überm stillen See
Auf der breiten Holzaltane
Schwärmen wir bei dem Kaffee
Und der besten süssen Sahne!
Alpenleuchten
Noch sind die Buchen frisch und grün,
Und grün sind noch die Matten;
Noch seh' ich schlanke Schwalben zieh'n,
Wer spricht da schon von Schatten?
Noch immer wärmt der Sonne Strahl
Mein Blut, das sonst so kalte,
Auf meinem Berg fühl' ich zumal,
Als ob noch Sommer walte.
Doch kommt der Herbst in Wirklichkeit,
Und sammeln sich die Schwalben;
Dann hüll' ich mich ins Winterkleid
Und sag' ‹ade› den Alpen.
Ohne Titel
Sie haben mein Dasein verbittert,
Sie haben mein Leben vergällt,
Und endlich den Glauben erschüttert
An allem, was gut auf der Welt.
Alleinsein
Lass' mich allein, lass' mich allein,
Für mich ist's jetzt das Beste;
Das Ganze kann's doch nie mehr sein;
Zu wenig sind mir Reste.
Ich hab' dich wohl zu viel geliebt,
Hätt' dir's nicht zeigen sollen;
Nun hast du mich zu Tod betrübt,
Und doch will ich nicht grollen.
Du that'st mir immer schmeichelnd schön,
Stand dir ein Ziel vor Augen;
Doch das erreicht, dann konnt' ich geh'n,
Ich war nicht mehr zu brauchen.
Mach' mich ans Geh'n nun ernstlich dran.
Und kehr' ich jemals wieder? –
Wie bitter weh' du mir gethan,
Einst sagen's meine Lieder.
Auf einem grauen Steine
Auf einem grauen Steine
Da sitz ich still und weine;
Mein Berg ist reich an Steinen,
Da gibt's viel Platz zum weinen.
Ich sagt's den Salamandern,
Müsst bald von hinnen wandern;
doch soll's kein Mensch je ahnen,
Was mich jetzt treibt von dannen,
Nur Fels und Salamander,
Die sagen's jetzt einander.
Melancholischer Spätherbst
Die Luft ist mild und schmerzlich weich,
Der Himmel schwer und thränenreich;
Mir ist so bang zumut!
Die Berge scheinen nachgerückt,
Nie hab' ich sie so schwarz erblickt;
Mir ist so bang zumut!
Hier ziehen Nebel thalentlang,
Dort sitzen sie am Waldeshang;
Mir ist so bang zumut!
Einsamkeit (1886)
In meiner grossen Einsamkeit
Mach' ich die kleinen Lieder;
Das Herz, voll Gram und Traurigkeit,
Drückt mir den Geist darnieder.
Wie war ich einst so jung und reich
An Lebenslust und Hoffen;
Ich wähnte nichts an Kraft mir gleich,
Die Welt stand mir noch offen.
Ich hab' geliebt, ich hab' gelebt,
Ich hab' die Welt durchzogen;
Doch nie erreicht, was ich erstrebt. –
Ich hab' und ward betrogen!
Über die Verwandtschaft
In dem kränklich schlaffen Leib
Herrscht ein äffisch Wesen;
Lügen ist stets Zeitvertreib
Ihm und Pflicht gewesen.
Diese, einer Schweizer Kuh
Gleich an fetten Formen,
Dünkt sich doch in stolzer Ruh'
Schön bis zum Abnormen.
Jene aber, hässlich, wie
Eine Hex im Märchen,
Lässt am Nebenmenschen nie
Steh'n ein gutes Härchen.
Mit Juwelen reich geschmückt,
Wie ein Auslagskasten,
Schleppt die junge Frau gedrückt
All die teuern Lasten.
Ihre Habsburg-Verdrossenheit
Hollah! Habsburg! was ist los?
Stierst Dir verzweifelnd in den Schoss,
Und ringst die alten Hände.
Als nahte schon Dein Ende!
Wehe! wehe! dass erleben
Musst' ich diesen Trauertag!
Weh, dass je mein Schoss gegeben
Den, der meine grösste Schmach!
Die Moral
Ihr lieben Völker im weiten Reich,
So ganz im Geheimen bewundre ich euch:
Da nährt ihr mit eurem Schweisse und Blut
Gutmütig diese verkommene Brut!
Todesahnung
Ich ging so in Gedanken
Den Waldespfad entlang;
Die Nachtigallen sangen,
Des Kuckucks Ruf erklang.
Jetzt pflückt' ich Anemonen,
die an dem Abhang blüh'n;
Dann späht' ich in die Kronen
Des Walds nach jungem Grün.
Da plötzlich blieb ich stehen;
Am Wege lag der Tod,
Gar grausig anzusehen,
Wie er mir tückisch droht.
Todessehnsucht
O sprich mir nicht von jenen Stunden,
Wo wir einander angehört;
Mit ihrem Glück sind sie entschwunden,
Und unser Eden ist zerstört.
Doch wird ihr Angedenken leben,
Bis Ruhe uns der Tod gegeben.
Sie versteht sich selber nicht
Ein unergründlich tiefer See
Ist meine Seele,
Den ich oft selber nicht versteh'
Und gern verhehle.
Es kommen wohl an seinen Rand
Viel fremde Seelen,
Doch wie den Blick sie drauf gewandt,
Trübt's seine Wellen.
Vergebens späht ihr kecker Blick
Nach seinen Tiefen,
Die Wasser drängen ihn zurück,
Wie zornergriffen.
An die Zukunfts-Seelen
Ich wandle einsam hin auf dieser Erde,
Der Lust, dem Leben längst schon abgewandt;
Es teilt mein Seelenleben kein Gefährte,
Die Seele gab es nie, die mich verstand.
Seebild
Vom lichten Horizonte
Hebt dunkel sich das Meer;
Viel silberweiss besonnte
Schaumwellen treibt es her.
Es taucht vom blauen Rande
Langsam ein Mast hervor,
Im leinenen Gewande
Steigt er jetzt ganz empor.
Die weissen Segel blähen
Sich stolz, gleich einem Schwan,
Fast scheint das Schiff zu stehen,
so ruhig zieht's seine Bahn.
Und ob den Wasserhügeln,
Die rastlos steigend, flieh'n,
Mit schweren, nassen Flügeln
Fünf wilde Enten zieh'n.
An die Gaffer
Ich wollt', die Leute liessen mich
In Ruh' und ungeschoren,
Ich bin ja doch nur sicherlich
Ein Mensch, wie sie geboren.
Es tritt die Galle mir fast aus,
Wenn sie mich so fixieren;
Ich kröch' gern in ein Schneckenhaus
Und könnt' vor Wut krepieren.
Gewahr' ich gar ein Opernglas
Tückisch auf mich gerichtet,
Am liebsten sähe ich gleich das
Sammt der Person vernichtet.
Zu toll wird endlich mir der Spass;
Und nichts mehr soll mich hindern;
Ich drehe eine lange Nas'
Und zeig ihnen den H...n.
Unwohl
Die Seele gähnt und hat Malaisen,
Sie langweilt sich ganz fürchterlich;
So schlecht ist lang ihr nicht gewesen,
Selbst Poesie liess sie im Stich.
Todessehnsucht
Die Zeit ist eingenickt
Und schnarchend steh'n geblieben;
Gern hätt ich sie gezwickt
Und weiter angetrieben.
Ich seh'n mich nach der Ruh,
Todmüd sind meine Glieder,
Vom Berg winkt sie mir zu,
doch steigt nicht zu mir nieder.
Todeswunsch
An meinen Haaren möcht' ich sterben,
Des Lebens ganze, volle Kraft,
Des Blutes reinsten, besten Saft
Den Flechten möcht ich dies vererben.
O ginge doch mein Dasein über,
In lockig seidnes Wellengold,
Das immer reicher, tiefer rollt,
Bis ich entkräftet schlaf hinüber!
Über das Sterben
Keine Thränen wird man weinen,
Wird nicht seufzen, wird nicht klagen;
Fröhlich wird die Sonne scheinen
Auch an meinen Sterbetagen.
Die mir alles hier gewesen,
Meine Sonne und mein Leben,
Ach! die hat mich längst vergessen,
Eh' ein Jahr sich hinbegeben!
Darum weise, wer hienieden
Seine Bahnen einsam wandelt,
Der die Liebe stets gemieden,
Wahrlich! der hat klug gehandelt!