1897 besucht ein Verwandter Kaiserin Elisabeth (1837–1898), als diese sich in Montreux-Territet VD aufhält. Sein Begleiter ist ein anerkannter Mediziner, der eine sofortige medizinische Untersuchung Sisis für angezeigt hält. Nach einem gründlichen Gesundheitscheck kommt der Arzt zum etwas überraschenden Schluss: «Ich fand bei der sonst gesunden Frau ziemlich starke Hautschwellungen, besonders an den Knöcheln.»
Damit beschreibt der Mediziner einen Zustand, den die Doktoren damals noch sehr selten zu sehen bekommen und der erst im Ersten Weltkrieg traurige Berühmtheit erlangen wird: Bei Sisis Schwellungen handelt es sich um Hungerödeme. Diese entstehen aufgrund von Protein-Energie-Mangelernährung (PEM), die vor allem im Krieg bei Soldaten und in Drittweltländern bei unterernährten Kindern auftreten.
Österreichs Kult-Kaiserin Elisabeth (1837–1898) war der Schweiz eng verbunden. Wie eng, zeigt Michael van Orsouw in der grossen Blick-Serie. Der Zuger Historiker, Autor und Aristokratie-Kenner («Blaues Blut», «Luise und Leopold») hat darüber sein neues Buch geschrieben, «Sisis Zuflucht» ist soeben im Verlag Hier und Jetzt erschienen (224 Seiten, gebunden).
Blick-Leserinnen und -Leser erhalten es zum Spezialpreis von 30 (statt 36) Franken. Bestellung mit Rabattcode «Blick-Sisi» an admin@hierundjetzt.ch oder Telefon 043 243 30 73
Österreichs Kult-Kaiserin Elisabeth (1837–1898) war der Schweiz eng verbunden. Wie eng, zeigt Michael van Orsouw in der grossen Blick-Serie. Der Zuger Historiker, Autor und Aristokratie-Kenner («Blaues Blut», «Luise und Leopold») hat darüber sein neues Buch geschrieben, «Sisis Zuflucht» ist soeben im Verlag Hier und Jetzt erschienen (224 Seiten, gebunden).
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Die ganze Serie: Sisi und die Schweiz
Sechs Orangen am Tag und viele Zigaretten
Die Gründe für diese Mangelerkrankung liegen bei Elisabeth auf der Hand: Sie mutet sich Hungertage und Fastenkuren zu, manchmal verzichtet sie ganz aufs Essen oder begnügt sich mit sechs Orangen für einen ganzen Tag. Dazu raucht sie ziemlich viel und seit kurzem eine stärkere Sorte, nämlich türkischen Perique-Tabak, der als ausgesprochen langsam brennend und besonders schwer gilt. Immerhin verwendet Sisi beim Rauchen eine edle Bernsteinspitze, damit sie keine gelben Fingerspitzen bekommt.
Zudem fordert Elisabeth ihren Körper mit den Gewaltmärschen und der andauernden Bewegung heraus. In ihren Schlössern und Herrschaftssitzen richtet sie Fitnessräume mit Turngeräten und Hanteln ein, wo sie mit gnadenloser Konsequenz und Härte Kraft- und Gerätetraining betreibt.
172 Zentimeter gross, 46 Kilo dünn
Ihr Gewicht beträgt, als sie 1897 in Territet untersucht wird, gerade mal 46 Kilogramm, und das bei einer Körpergrösse von 172 Zentimetern. Der Umfang ihrer Taille liegt dank der enggeschnürten Korsetts, die Sisi trägt, angeblich nur noch bei 46 Zentimetern (laut anderen Quellen sind es 50 oder 52 Zentimeter, was immer noch sehr wenig ist).
Die Kaiserin weist damit einen extrem tiefen Body-Mass-Index von 15,5 auf und gilt eindeutig als untergewichtig. Mehr noch: Sie zeigt alarmierende Anzeichen einer selbstzerstörerischen Magersucht. Dazu kommen noch weitere Krankheitssymptome wie allgemeine Körperschwäche, Rheuma, Gelenk-, Rücken- sowie Kopfschmerzen und ein Herzleiden.
Diät um Diät
Einst hatte Elisabeth als die schönste Frau Europas gegolten, war mit ihren Kleidern und ihrer Frisur eine Pionierin, eine Trendsetterin. Mit zunehmendem Alter kompensiert sie nun den natürlichen Lauf der Zeit mit einem eisern befolgten Regime. Sie will sich und ihren Körper im Auge behalten und immer weiter perfektionieren. So steht sie zweimal pro Tag auf die Waage, um ihr Gewicht zu kontrollieren.
Stets probiert sie neue Diäten aus, etwa die erwähnte Orangendiät, die Eierdiät, die Milchdiät oder – einst in Interlaken BE – die Molkediät. Zuweilen ersetzt Sisi das Mittagessen durch rohes Eiweiss, das sie lediglich etwas salzt. Sogar Abführmittel soll die Kaiserin regelmässig zu sich nehmen. Wenn das nicht reicht, unternimmt sie noch weitere Märsche, bei denen die Hofdamen kaum Schritt halten können und sich unterwegs abwechseln müssen. Fusstouren von sechs Stunden, ganz ohne Proviant, sind an der Tagesordnung. Erreicht sie auf diese Weise nicht ihr Idealgewicht, fastet sie danach einen oder gleich mehrere Tage.
«Kaiserin Elisabeth, an der Vernunft gestört»
Solche Selbstkasteiungen ziehen gesundheitliche Folgen nach sich, nicht nur in Form von Hungerödemen. Die Kaiserin beklagt sich über Rheumaattacken sowie Ischias- und Gelenkschmerzen. Eine Lokalzeitung, der «Tägliche Anzeiger für Thun und das Berner Oberland», findet deutliche Worte für den Zustand Sisis: «Kaiserin Elisabeth, vor Zeiten die Krone aller Schönheit, an der Vernunft gestört und auf ewigen Reisen begriffen.»