Wer körperlich aktiv ist, tut damit nicht nur etwas für seine Fitness, sondern wird durch Sport zudem das Immunsystem gefördert und Krankheiten können vorgebeugt werden.
«Leider ist die Vorstellung, dass Sport nur etwas für Junge ist, noch weit verbreitet. Dabei ist der Benefit von Sport auch bei älteren Menschen unbestritten und durch viele Studien belegt», wie der Allgemein- und Sportmediziner Roberto Llano (48) im Gespräch mit Blick klarstellt. Er ist medizinischer Leiter bei Medbase Bern Westside und erklärt, dass die Wahl des passenden Sports für über 50-Jährige weniger vom Alter, sondern eher von ihrer allgemeinen Verfassung und früher betriebenen Sportarten abhängt.
Das wichtigste Kriterium ist laut Llano der Spassfaktor, der dazu führt, dass man sich regelmässig sportlich betätigt, Erfolgserlebnisse und eine gute Lebensqualität hat.
Mit kleinen Trainingseinheiten starten
«Will man im Alter über 50 mit einer Sportart beginnen, die man nie betrieben hat, so sind gelenkschonende Kraft- oder Ausdauersportarten empfehlenswert, wie zum Beispiel Fitnesstraining, Yoga, Velofahren, Nordic Walking oder Schwimmen. Entscheidend ist, dass man Spass hat und die Sportart an die eigenen körperlichen Voraussetzungen anpasst», rät Llano.
Es sei empfehlenswert mit kleinen Trainingseinheiten zu starten, um der Muskulatur, dem Sehnenapparat, dem Bindegewebe und den Knochen die nötige Zeit zu geben, sich an die neue Belastung anzupassen. «Hierbei gilt es zu beachten, dass nicht alle Gewebetypen sich gleich schnell an die Belastung anpassen. So kann beispielsweise die Muskulatur sich schneller an die Belastung anpassen als die Sehnen, deren Qualität mit zunehmendem Alter natürlicherweise abnimmt. Hier kann also falscher oder zu hoher Ehrgeiz kontraproduktiv sein», ergänzt der Experte.
Ein Personal Trainer sei jedoch nicht unbedingt notwendig, um in diesem Alterssegment erfolgreich Sport zu betreiben.
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Bei Beschwerden einen Arzt konsultieren
Nicht nur wenn beim Sport Beschwerden auftreten, auch falls vor dem Beginn einer neuen Sportart Gesundheitsprobleme bekannt sein sollten, ist eine Besprechung mit einem Arzt sinnvoll, wie Llano sagt: «Eine Konsultation beim Hausarzt, der die eigene Krankengeschichte kennt, oder bei einem Sportarzt macht bei Sporteinsteigern bereits ab etwa dem 30. Lebensjahr Sinn. In diesem Alter beginnt das Risiko für den plötzlichen Herztod aufgrund eines Herzinfarktes beim Sport zuzunehmen.» Durch die Abklärung könne man anschliessend unbeschwerter die sportliche Tätigkeit aufnehmen.
Des Weiteren müsse man beachten, dass der Bewegungsapparat altert und sich auch die Biomechanik verändert, meint der Sportmediziner. Gelenkprobleme wie Arthrosen oder Veränderungen der Beinachsen und der Sprunggelenke können durch Fehlbelastungen auftreten, wenn man keine vorbeugenden Massnahmen trifft.
So sollte man sich vor und nach dem Sport verhalten
«Ein gutes Aufwärmtraining zur Aktivierung der Durchblutung und Verbesserung der Gelenkfunktion ist schon vor dem 50. Lebensjahr wichtig, aber mit zunehmendem Alter umso wichtiger», betont Llano. Ob und wie das Dehnen sinnvoll ist, werde seit Jahren diskutiert. Nichtsdestotrotz ist in den Augen des Sportmediziners ein kurzes Dehnen aller Muskelgruppen nicht schädlich und er empfiehlt es grundsätzlich mit zunehmendem Alter.
Nach dem Sport sei ein sogenannter «Cool Down» ebenfalls empfehlenswert. Die langsame, graduelle Beruhigung des Kreislaufs, beispielsweise ein leichtes Auslaufen nach dem Joggen, verhindere laut dem Mediziner starke Kreislaufschwankungen, Schwindel oder andere Symptome, die im Extremfall zu Stürzen oder Unfällen führen können.
Wichtig sei auch eine gute Flüssigkeitszufuhr. Llano fügt an: «Hierbei muss man nicht unbedingt zu auf die häufig in der Werbung angepriesenen ‹Iso›-Getränke greifen. Erstens sind sie selten so isotonisch wie behauptet und zweitens enthalten sie häufig reichlich Zucker und andere unnötige Stoffe, die für die Sportausübung im Breiten- und Gesundheitssport irrelevant sind, wenn man sich gesund ernährt.»
«Es ist nie zu spät, mit Sport zu beginnen»
Wie wichtig regelmässige Bewegung ist, fasst Llano zusammen: «Der Sport ist das günstigste Medikament für unzählige Probleme im Alter. Es hilft, manche unserer Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Erkrankungen des Bewegungsapparats vorzubeugen, sodass häufig weniger Medikamente notwendig sind.» Ein aktiver Lebensstil sei zusammen mit einer gesunden Ernährung und Psyche zudem die Basis für eine gute und nachhaltige Gesundheit und somit für höhere Lebensqualität bis ins hohe Alter.
«Der Mensch ist von Natur aus erschaffen, um sich zu bewegen. Wer schon immer Sport betrieben hat, sollte nicht aus dem Irrglauben heraus damit aufhören, dass dies mit zunehmendem Alter nichts mehr bringt», stellt der Experte fest. Ebenso wenig sollten Einsteiger denken, dass es sich in einem gewissen Alter nicht mehr lohnt, damit zu beginnen. Llano erklärt dazu abschliessend: «Positive Effekte eines adäquaten Trainings zeigen sich sogar bei Menschen über 80. Es ist nie zu spät, um zu beginnen, und man soll möglichst nie aufhören.»