BLICK im Krisenherd USA
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Die meisten Corona-Fälle:BLICK im Krisenherd USA

BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld über die eskalierende Corona-Krise in Amerika und Trumps Ethik-Test
Mr. President, Wirtschaft oder Menschenleben?

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um die eskalierende Corona-Krise in Amerika.
Publiziert: 27.03.2020 um 07:34 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2020 um 07:52 Uhr
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Nicola Imfeld, USA-Korrespondent der Blick-Gruppe.
Foto: Zvg
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Leider ist Donald Trump (73) total daneben gelegen! Was US-Politiker beider Parteien, Experten und Medien befürchtet haben, ist in den vergangenen Tagen eingetreten: Die USA ist zum Epizentrum der Corona-Pandemie geworden. Seit Donnerstag belegen das auch die Zahlen: Kein anderes Land verzeichnet so viele Infizierte wie die Vereinigten Staaten. Die Aussagen Trumps, Covid-19 sei ein «Scherz» und werde schon bald «verschwunden» sein, haben sich nicht bewahrheitet.

Überraschend kommt das nicht: Wie der US-Präsident in der Corona-Krise versagt und weshalb er die Gefahren über Wochen hinweg bewusst heruntergespielt hat, zeigte BLICK bereits auf.

Jetzt kann sich Trump nur noch in Schadenbegrenzung üben, auch wenn er das nicht zugeben wird. Und hier gibts zwei Lichtblicke diese Woche: Erstens haben die USA in den vergangenen Tagen endlich mit umfassenden Corona-Tests begonnen. Zweitens scheint ein historisches Hilfspaket in der Höhe von zwei Billionen US-Dollar so gut wie sicher zu sein. Der Kongress ist sich einig, Trump hat seine Unterschrift angekündigt. So erhalten Amerikaner bereits in zwei bis drei Wochen Schecks in der Höhe von 1200 Dollar für Erwachsene und 600 Dollar für Kinder. Für eine vierköpfige Familie gibt das 3600 Dollar. Nicht schlecht. Aber auch nicht ausreichend.

20 Prozent Arbeitslose? Die Folgen für die Wirtschaft

Drei Millionen Amerikaner haben laut der «New York Times» in der vergangenen Woche ihren Job verloren. Diese Woche dürften es nochmals weit mehr sein. Und wenn man in den USA seine Arbeitsstelle verliert, hat das weitreichende Konsequenzen. Nicht selten steht man von einem Tag auf den anderen ohne Krankenkasse da – in Zeiten von Corona und überlasteten Krankenhäusern kann das tödlich enden.

Die amerikanische Wirtschaft schlittert unaufhaltsam auf eine Rezession zu. Das kolportierte Horror-Szenario: eine Arbeitslosenquote von 20 Prozent. Klar, dass man in Washington alles daran setzt, die Auswirkungen der Corona-Krise zu minimieren. Dafür wird es noch weitere Hilfspakete benötigen – und die dürften in den kommenden Wochen und Monaten auch kommen. Denn die Demokraten und Republikaner im Kongress haben in den letzten Tagen zusammengearbeitet und Kompromisse gefunden, wie schon lange nicht mehr.

Nur einer tanzt mal wieder aus der Reihe: Donald Trump. Entgegen allen Warnungen von Experten, Demokraten und auch republikanischen Parteifreunden hält er an seiner Strategie fest: Bis am Ostersonntag soll das Land wieder geöffnet sein. Menschen sollen sich wieder versammeln dürfen und Geschäfte sollen öffnen können.

Corona ist der wichtigste Ethik-Test für Trump

Letztlich ist es eine ethische Frage, die der US-Präsident für sich offenbar schon beantwortet hat: Menschenleben oder Wirtschaft. Denn die Experten sind sich einig: Ostern kommt viel zu früh für eine Lockerung oder gar einer Aufhebung der Ausgangssperre. Die Folge wären dramatisch: Eine rasante Ansteckung der Bevölkerung mit Covid-19, ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems und folglich eine grosse Anzahl Todesopfer.

Trump und Mitarbeiter aus seinem Umfeld halten mit der Argumentation dagegen, dass auch eine Wirtschaftskrise Menschenleben kosten könne. Das stimmt. Rund 10'000 Menschen in Europa und Nordamerika haben laut einer Studie wegen der globalen Finanzkrise 2008 Suizid begangen. Und Selbstmord ist in dieser Statistik nur die Spitze des Eisbergs. Eine Studie von 2016 fand heraus, dass 500'000 Menschen an Krebs gestorben sind. Warum? Weil die finanziellen Mittel für die lebensrettende Behandlungen fehlten.

Ob man sich statt für Menschenleben für Wirtschaft entscheiden kann und so mehr Leben rettet als andersrum, wird in den kommenden Wochen für heisse Diskussionen sorgen. Klar ist: Die Corona-Krise wird zu einem weiteren Ethik-Test für Trump. In der Russland- und der Ukraine-Affäre ist er durchgerasselt, wie der Mueller-Bericht respektive das Impeachment-Verfahren aufzeigten. Was die Trump-Wähler kaltliess.

Corona hingegen ist für alle spürbar. Auch Republikaner werden jemanden kennen, der arbeitslos wurde – oder noch schlimmer: an Covid-19 verstorben ist. Also ist der US-Präsident gut beraten, die richtige Entscheidung zu treffen, will er sich im November die sicher geglaubte zweite Amtszeit sichern. Einfach wird es nicht mehr, dafür hat er im Januar, Februar und Anfang März zu viel verbockt.

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