«Wir sehen für die nächsten Monate schwarz»
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Stadthotels leiden:«Wir sehen für die nächsten Monate schwarz»

Schweizer Stadthotels stehen sogar an Silvester leer
«Ich muss wieder Leute in Kurzarbeit schicken»

Während die Hoteliers in den Bergen auf eine verheissungsvolle Wintersaison blicken, sieht es in den Städten düster aus. Besonders wer auf Geschäftsreisende setzt, hat schlechte Karten. Nicht einmal an Silvester sind die Zimmer voll!
Publiziert: 28.12.2021 um 00:55 Uhr
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Aktualisiert: 28.12.2021 um 06:59 Uhr
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Die Stadthotellerie steckt wegen Corona in der Krise: wie das Hotel Krone in Unterstrass.
Foto: Pascal Scheiber
Sarah Frattaroli

Wenn über dem Zürichsee der Silvesterzauber (für alle Nicht-Zürcher: das Neujahrsfeuerwerk) glitzert und in den Clubs die Bässe wummern, freut das Roger Jutzi (51). Er führt das Hotel Krone Unterstrass mitten in der Stadt. Seine 80 Zimmer sind zum Jahreswechsel normalerweise restlos ausgebucht, Silvester ist für ihn ein «Bombengeschäft».

Dieses Jahr allerdings bleibt mehr als die Hälfte von Jutzis Zimmern leer. Er steht damit nicht alleine da. Ein Blick auf gängige Buchungsplattformen zeigt: Vier-Sterne-Hotels in Zürich sind in der Silvesternacht für unter 200 Franken zu haben. In anderen Jahren ein absolutes Schnäppchen!

WEF-Absage wirkt bis nach Zürich

Und es kommt noch dicker für die Zürcher Hoteliers. «Im Januar rechne ich mit einer Auslastung von 20, maximal 30 Prozent», so Jutzi. Grund ist auch der Ausfall des WEF in Davos. Das Forum hat eine Ausstrahlung bis nach Zürich, bringt auch im Unterland Logiernächte.

Jutzi lebt vor allem von Geschäftsreisenden. Sie bleiben weg, solange kaum Messen, Seminare und Events stattfinden. Wer in die Schweiz einreist, muss zwar nicht in Quarantäne. Das Problem sind vielmehr die hohen Fallzahlen hierzulande. «Keiner hat Lust, in die Schweiz zu reisen. Im Ausland sind die Auflagen bei der Rückkehr aus der Schweiz zum Teil gross», bemängelt Jutzi.

Bessere Aussichten erwartet er erst im Frühling wieder, wenn die Omikron-Welle gemäss Prognosen abflachen sollte. Bis dahin muss Jutzi bei seiner 50-köpfigen Crew umdisponieren. «Im Januar muss ich wieder Leute in die Kurzarbeit schicken», kündigt der Hotelier an.

Westschweizer sorgen für Mini-Boom

Auch Daniel Siegenthaler (53), Direktor des Vier-Sterne-Hauses Hotel Bern mitten in der Bundesstadt, spürt die Flaute. Die Pandemie zeigt bei ihm aber auch unverhoffte positive Seiten. «Wer über die Festtage Familie oder Freunde besucht, übernachtet normalerweise bei ihnen zu Hause. Heutzutage buchen viele als Vorsichtsmassnahme ein Hotel.» Trotzdem: Ausgebucht ist das Hotel Bern an Silvester bei weitem nicht.

Siegenthaler nimmt es gelassen. «Wenigstens die Hauptsaison lief gut. Nun ist sowieso Nebensaison.» Der Ausfall ist für ihn «gut verkraftbar». Die Berner Hoteliers profitieren in der Krise auch von der kleineren internationalen Strahlkraft Berns. «Zürich oder Genf sind stärker von ausländischen Geschäftsleuten und Touristen abhängig als wir», schätzt der Hotelier.

Und das, obwohl auch Siegenthaler sein Hotel Bern vor der Pandemie noch als Business-Hotel bezeichnet hätte. Mittlerweile hat es sich in eine Unterkunft für Freizeittouristen gewandelt. «Wir haben besonders viel Zulauf von Städtereisenden aus dem Welschland.»

10-mal mehr Kurzentschlossene

Die Buchungen kommen immer häufiger kurzfristig rein. «Am Wochenende haben wir an einem einzigen Tag zum Teil 30 Walk-ins», erzählt Siegenthaler und meint damit Gäste, die nicht im Voraus buchen, sondern sich direkt vor Ort nach einem Zimmer umschauen. «Vor der Pandemie waren es vielleicht drei am Tag!»

Auch Hotelier-Kollege Roger Jutzi aus Zürich begrüsst vermehrt kurzentschlossene Gäste. Fragt sich nur, wie lange noch. «Die Leute verlieren mit den ständig ändernden Regeln langsam die Lust an Städtetrips», befürchtet Jutzi. «Man freut sich – und kann dann nicht hin. Das stinkt den Leuten!»

Ein Blick in die Statistik gibt ihm recht: Ein Dutzend Hotels haben den Betrieb seit Ausbruch der Pandemie aufgegeben. Darunter auch bekannte Namen, etwa das Swissôtel in Zürich-Oerlikon oder das Fünf-Sterne-Haus Atlantis am Uetliberg. Von einer Schliessung ist Jutzis Hotel glücklicherweise weit entfernt. Er gibt sich kämpferisch. «Der Hotelier bleibt immer Optimist!»

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