Rund 10'000 portugiesische Staatsangehörige leben im Kanton Graubünden. Viele von ihnen arbeiten in der Gastronomie. Ohne sie wäre die in wenigen Tagen beginnende Wintersaison kaum zu bestreiten. Nebst den hier ansässigen Portugiesen kommen jedes Jahr noch bis zu 8000 Saisonniers dazu. Seit Montag aber steht Portugal auf der Quarantäneliste des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Das wird für die Bündner Hotels nun zum Problem.
Davon betroffen ist Irene Müller (47), Direktorin des Hotels Castell in Zuoz. «Unsere portugiesischen Mitarbeitenden sollten Ende dieser oder Anfang nächster Woche anreisen, um am 7. Dezember ihre Arbeit aufzunehmen. Mit der Quarantänepflicht stehen wir vor der grossen Herausforderung, wie wir die ersten Tage meistern werden», sagt Müller.
Im Hotel Schweizerhof in der Lenzerheide sitzt ebenfalls ein Ehepaar in Quarantäne, das just am Montag aus Portugal zurückgekehrt ist. Beide fallen für die ersten zehn Tage aus. Doch Direktor Christian Zinn (40) sagt unabhängig davon: «Corona und seine Folgen sind eh eine grosse Herausforderung. Wir haben aktuell auch zwei Mütter in Quarantäne, weil ihre Kinder in der Schule Corona-Fälle hatten.»
Flexibilität und Krisenmanagement sind gefragt
Das Edelhotel Badrutt's Palace in St. Moritz mit 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist gerade noch mit einem blauen Auge davongekommen. HR-Chefin Regula Peter erklärt, dass die meisten Mitarbeiter aus Portugal schon eingetroffen und mit den Vorbereitungen beschäftigt seien, da das Hotel am 7. Dezember eröffnet. «Aber wir erwarten noch mehr Leute aus Portugal, und die müssen alle in Quarantäne. Das ist sehr ärgerlich.»
Vor allem auch, weil die Ankündigung so kurzfristig kam. Zwei, drei Tage später, und man hätte die Mitarbeiter noch vorher ins Land holen können. «Aber wenn wir in den letzten 18 Monaten eines gelernt haben, dann ist es, Krisen zu managen», sagt Peter. Und sie gibt unumwunden zu: Wären noch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Portugal und von der Quarantäne betroffen, hätte Badrutt's Palace effektiv ein grosses Problem.
Auch im Hotel Laudinella, ebenfalls in St. Moritz, wird noch eine Handvoll Portugiesen erwartet. Man rechne ja eh schon immer knapp, die Quarantänepflicht mache nun alles noch komplizierter, sagt CEO Christoph Maximilian Schlatter (38). «Die Flexibilität, die wir momentan an den Tag legen müssen, ist schon sehr sportlich.»
Mitarbeitertreue ist Gold wert
Auf der guten Seite steht, wer langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, so wie Dani Meier (56), Pächter des Scharmoin Grill-Restaurant mitten im Skigebiet Arosa-Lenzerheide. Er beschäftigt in der Wintersaison 38 Leute, davon 33 Saisonniers, sechs von ihnen aus Portugal. Zwei Mitarbeiter würden aufgrund der Quarantäne wohl nicht pünktlich am 8. Dezember mit der Arbeit anfangen können. «Die anderen sind alle schon in der Schweiz, weil sie teilweise hier wohnen. Somit blicke ich dem Saisonstart relativ gelassen entgegen», sagt Meier.
Nicht so entspannt sehen es die Davos Klosters Bergbahnen mit den dazugehörigen Mountain Hotels und Resorts. Die neuen Quarantäneregeln des Bundes verschärften die bereits angespannte Personalsituation zusätzlich, heisst es auf Anfrage. «Insbesondere in der Hotellerie und im Gastrobereich ist es in diesem Jahr sehr schwierig, genügend Personal zu finden», sagt Sprecherin Martina Walsoe.
15 Prozent der Stellen noch nicht besetzt
Auch ohne die fehlenden Portugiesen ist Personal noch immer knapp. Ein Blick auf die Ausschreibungen im Kanton zeigt: Es hat noch viele offene Stellen. Die letzte Umfrage habe gezeigt, dass noch etwa 15 Prozent der Stellen nicht besetzt sind, sagt Jürg Domenig (62) von Hotelleriesuisse Graubünden. Bei voll gebuchten Häusern bedeutet das unter Umständen Einbussen für die Gäste.
Ein Ganzjahresbetrieb wie der Schweizerhof hat es da einfacher. Christian Zinn hat noch drei offene Stellen, von insgesamt 110. «Vor allem leiden tun jetzt die vielen Saison-Hoteliers», weiss er. Für die Rekrutierung brauche es heute Zusatzaufwand. «Auch wir mussten unsere Marketingmassnahmen intensivieren, da machen wir inzwischen viel mehr als früher», sagt Zinn.