«Weiss nicht, ob ich meine Mitarbeiter behalten kann»
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WEF-Absage trifft Davos hart:«Weiss nicht, ob ich meine Mitarbeiter behalten kann»

WEF-Absage trifft Davos hart
«Vielen Hoteliers geht der Schnauf aus»

Davos GR ist nie besser gebucht als während des WEF. Omikron wird dem Forum allerdings zum Verhängnis – und damit auch den Davoser Hoteliers. Sie rechnen nicht damit, ihre Betten noch loszuwerden.
Publiziert: 21.12.2021 um 00:52 Uhr
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Aktualisiert: 21.12.2021 um 10:52 Uhr
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Davos muss das zweite Jahr in Folge auf das WEF verzichten.
Foto: keystone-sda.ch
Sarah Frattaroli, Marco Latzer und Christian Kolbe

«Es tut weh», sagt der Davoser Landammann Philipp Wilhelm (32, SP) zur kurzfristigen WEF-Absage. Statt des Schaulaufens der Prominenz aus Politik und Wirtschaft, hupender Autokolonnen und massenhaft Cüpli-Anlässen gibt es in Davos Mitte Januar: unverhoffte Ruhe. Es ist das zweite Jahr in Folge, dass das Weltwirtschaftsforum der Corona-Pandemie zum Opfer fällt.

Die Verantwortlichen haben die Reissleine exakt vier Wochen vor Beginn des Forums gezogen. Schuld ist die rasante Ausbreitung der Omikron-Variante. «Wir sind enttäuscht und traurig», gibt WEF-Organisator Alois Zwinggi (60) unumwunden zu.

«Das wahrscheinlich strengste Schutzkonzept der Welt»

Am WEF hätte laut Gemeindepräsident Wilhelm «das wahrscheinlich strengste Schutzkonzept der Welt» gegolten. Zutritt sollten nur Geimpfte erhalten, zusätzlich waren regelmässige Tests und Masken vorgesehen. Gereicht hat es trotzdem nicht.

Das liegt aber weniger am Schutzkonzept, sondern vielmehr an den internationalen Reiserestriktionen, vermutet der Davoser Tourismusdirektor Reto Branschi (62): «An- und Abreise sind unter den aktuellen Bedingungen extrem schwierig. Für fünf Tage WEF eine lange Quarantäne in Kauf nehmen? Das geht nicht auf.»

«Wir sind alle enttäuscht und traurig»
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WEF-Direktor Alois Zwinggi:«Wir sind alle enttäuscht und traurig»

Hälfte der Zimmer steht leer

Die Davoser Hoteliers trifft die Absage hart. Tamara Hendersons (41) Chalet-Hotel Larix wäre dank der WEF-Teilnehmer zwei Wochen komplett ausgebucht gewesen. «Nun kriege ich vielleicht die Hälfte der Zimmer weg», schätzt Henderson, die auch den Verein Hotel Gastro Davos präsidiert.

Schon letztes Jahr hat ihr die WEF-Absage den Januar verhagelt. «Ich hatte 70 Prozent weniger Umsatz», erinnert sich Henderson. Dafür erhielt sie Härtefallgelder. Ob das nun wieder der Fall ist, steht noch in den Sternen. Henderson denkt bereits darüber nach, ihr Personal in Kurzarbeit zu schicken. «Vielen Hoteliers geht der Schnauf aus.»

Auch Tourismus-Direktor Branschi glaubt nicht recht daran, die Davoser Hotels im Januar mit Langläufern und Skifahrern statt Politikern und Wirtschaftsführern zu füllen. «Das haben wir letztes Jahr probiert. Aber der Januar ist einfach kein Ferienmonat.»

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Standort Davos ist gesetzt

Die WEF-Organisatoren betonen, dass die Konferenz nur verschoben, nicht abgesagt ist. Nach einem Ersatzdatum wird derzeit gesucht, angepeilt ist der Frühsommer. «Der Standort Davos ist gesetzt», betont Alois Zwinggi aus der WEF-Führungsriege.

Das hat nicht nur mit Loyalität zu tun, sondern auch mit einer gegenseitigen Abhängigkeit. Das WEF hat den Davoser Hotels bereits Anzahlungen geleistet. Um wie viel Geld es genau geht, wollen die Beteiligten nicht verraten. Klar ist nur: Die Anzahlungen sind für die Davoser Hoteliers eine Art Versicherung. Will das WEF das Geld nicht abschreiben, muss das Forum nachgeholt werden. Und zwar in Davos, nicht in Singapur oder auf dem Bürgenstock, wie es dieses Jahr noch zur Debatte stand.

Touristen dürfen auf Sonderangebote hoffen

Die meisten Hoteliers wollen trotz kurzfristiger Absage denn auch nicht den Teufel an die Wand malen. Toni Morosani (52), der das Posthotel und den Schweizerhof in Davos leitet, rechnet mit einer guten Wintersaison. «Das WEF wäre das Zückerli gewesen.» Er will die Gäste nun mit Sonderangeboten locken, um das WEF-Loch im Januar zu stopfen.

Noch weiter geht Hans Foppa (51) vom Hotel Parsenn. «Das WEF ist auch ein Innovationshemmer», findet der Hotelier. Viele Hotels in Davos seien einzig für das Wirtschaftstreffen gebaut worden. «Einige Hoteliers verlassen sich zu stark darauf.» Auch Morosani gibt zu: «Wir stehen in einer gewissen Abhängigkeit.»

Wie steht es um den Spengler Cup?

Falls das WEF tatsächlich im Frühsommer nachgeholt wird, wäre das zwar nicht gerade innovativ – aber doch immerhin aufsehenerregend. Schwarz glänzende Limousinen-Trosse für einmal nicht auf den verschneiten Bergstrassen, sondern in der strahlenden Sonne, Netzwerktreffen und Empfänge draussen statt in geheizten Konferenzsälen.

«Wir haben immer Probleme mit dem Schnee», sagt Hotelier Morosani. Die Limousinen verstopfen die Dorfstrassen, für die Schneeräumung gibt es kein Durchkommen mehr, der Verkehr kollabiert. Im Sommer bestünde dieses Problem nicht. Ob das Ersatz-WEF im Frühsommer auch wirklich zum Fliegen kommt, hängt aber vor allem von der Pandemie-Entwicklung ab.

Für die Hoteliers stehen nun aber zuerst einmal die einträglichen Feiertage vor der Tür. In Davos brummt das Geschäft zwischen Weihnachten und Neujahr besonders kräftig, weil der Spengler Cup zusätzlich Zehntausende Eishockey-Fans in die Berge lockt. Ob das Hockey-Turnier tatsächlich stattfindet, während das WEF verschoben wird? «Unsicher», meint Hotelière Henderson düster.

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