Das Haus von Familie Berger in Cressier NE ist auch ein halbes Jahr nach dem schlimmen Unwetter noch eine Baustelle. Der Sicherungskasten im Keller ist nach wie vor voller Schlamm, das Erdgeschoss ist komplett ausgehöhlt. Nur eine Wanduhr zeugt davon, dass hier mal jemand wohnte. «Wir hatten im Juni sogar einen Baum hier im Wohnzimmer», erinnert sich Yann Berger (47) und zeigt auf das Fenster, das der massive Stamm eingeschlagen hatte: «Es ist wirklich ein Wunder, dass niemandem etwas passiert ist.»
Das Ehepaar mit einem Kleinkind sowie einem Baby bangte im Juni um sein Leben. «Wir waren sicher, dass wir sterben werden», sagte der Vater nur Stunden nach der Katastrophe. «Wir sahen, wie der Schlamm immer mehr aufstieg. Es war beängstigend.» Riesige Felsbrocken seien ins Mauerwerk gedonnert, Wassermassen und Schlamm hätten den Keller und das Erdgeschoss gefüllt. Schliesslich hätten Freunde die Familie gerettet, während die Rettungskräfte auf sich hätten warten lassen.
Viele Erinnerungsstücke gingen verloren
«Nun leben wir in einer grossen Mietwohnung in Cressier», erzählt Yann Berger am vierten Advent beim Besuch von Blick. «Es braucht sehr viel Zeit, die Dinge mit der Versicherung zu klären und ein Budget zu erstellen.» Wegen der langwierigen Planung sei im Haus seit einigen Monaten nichts mehr passiert – für den Wiedereinzug ins alte Daheim muss sich Familie Berger noch etwa ein Jahr gedulden.
Auch viele Erinnerungsstücke sind bei der Flut verloren gegangen: Der selbständige Geschäftsmann habe beispielsweise seine Vinylsammlung verloren – auch Hochzeits- und Familienfotos: weggeschwemmt! «Aber das sind alles nur materielle Dinge», sagt Yann Berger. «Es wäre einfach, sich über die aktuelle Situation zu beschweren. Aber wir hatten viel Glück und sind so froh, dass wir in einem Land wie der Schweiz leben, wo uns dank der Versicherung geholfen wird. Darum gehen wir positiv gestimmt in die Zukunft.»
«Sogar das Auto wurde uns ersetzt»
Die Rentner Yvonne (69) und Raymond Fuchs (70) haben ihr Happy End bereits. Ihr Wohnbereich blieb von der Schlammlawine zwar verschont, Keller und Garten jedoch wurden völlig verwüstet. In Gummistiefeln watete der Westschweizer im Juni durch seinen Keller und meinte zu Blick: «Es ist furchtbar. Manchmal muss ich weinen. Es ist wahnsinnig.»
Unterdessen sind die Tränen getrocknet und der Heimwerker strahlt. «Das ist meine neue Werkstatt», sagt er stolz. Seine Frau führt durch den fast fertig sanierten Keller, präsentiert die neue Waschmaschine und zeigt den wieder hergerichteten Garten: «Zum Glück hat alles mit der Versicherung sehr schnell und reibungslos geklappt. Sogar das Auto wurde uns ersetzt.»
Riesige Solidarität
Der Renault des Ehepaars stand nach der Flut bis zur Heckscheibe in einem Geröllhaufen. «Aber er lief noch, es hat einfach gestunken und geraucht», so Raymond Fuchs lachend. «Seit etwa drei Wochen ist auch die Strasse wieder befahrbar.» Seine Frau fügt erleichtert an: «Endlich ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Es war eine strenge Zeit, aber wenigstens ist jetzt alles neu. Das ist das Schöne daran.»
Noch einmal wollen die beiden so etwas aber nicht mehr erleben: «Wir werden uns jetzt Gedanken um einen Hochwasserschutz machen.» Überwältigt sind sie jedoch nach wie vor von der riesigen Solidarität: «Es ist unglaublich, wie viele Menschen uns geholfen haben. Das war wirklich sehr speziell!»