Der Kampf um den Bundesratssitz von Alain Berset (51) nimmt Fahrt auf. Der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch (58) hat Fehler bei der letzten Bundesratswahl zugegeben. «Ich wollte nie eine Frau verhindern», sagt er in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».
Es habe zu Irritationen geführt, dass er bei der Ersatzwahl für Simonetta Sommaruga (63) das Interesse angemeldet habe. «Nach jahrhundertelanger Diskriminierung der Frauen kommt jetzt Jositsch und klagt, auch er sei diskriminiert.» Das habe er zu juristisch ausgelegt. «Ich würde das heute nicht mehr so sagen.»
«Plötzlich extrem unter Druck»
Die Zeit der Entscheidung sei eine Extremsituation gewesen, auf die er nicht vorbereitet war. «Ich musste mich über Nacht entscheiden. Da steht man von einem Tag auf den anderen plötzlich extrem unter Druck und muss sich praktisch stündlich rechtfertigen.» Von der Kommunikation her habe er das nicht optimal gemacht.
Ein Rücktritt und seine Folgen
Jositsch hatte im vergangenen November an seiner Kandidatur für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga festgehalten, obwohl sich seine Partei für ein rein weibliches Zweierticket ausgesprochen hatte. Jositsch erhielt danach in allen drei Wahlgängen Stimmen.
Tritt er nochmals an?
Jositsch lässt es im Interview offen, ob er für die Nachfolge von Alain Berset kandidiert. «Ich habe nach wie vor Interesse an einer Kandidatur.» Der Entscheid werde bald fallen, er sei mit der Partei im Gespräch.
Die SP Zürich zeigt sich gemäss der «NZZ am Sonntag» offen für eine Kandidatur. «Er wäre ein guter Bundesrat», sagt Co-Präsidentin Priska Seiler Graf (54). «Er hat der Partei schon sehr viel Nutzen gebracht und sich immer loyal verhalten. Ausser dieses eine Mal.» Die Zürcher SP wolle mindestens einen Kandidaten nominieren.
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Seiler Graf schätzt, dass Jositsch gute Wahlchancen hätte. Tatsächlich dürfte es aber eine hohe Hürde sein, auf das offizielle Ticket der SP zu kommen. Nach der vergangenen Bundesratswahl hat er viel Kredit verspielt. Hingegen ist er dem rechten Flügel anzurechnen, was ihn auch für mitte-rechts Parteien wählbar macht.
Entscheidend dürfte sein, wer sonst noch kandidiert. Als Favoriten werden Beat Jans (59) und Jon Pult (38) gehandelt. Der Basler Jans kommt wie Jositsch aus einer Stadt – diese sind im Bundesrat aktuell nicht vertreten. Pult gilt hingegen als grosses Talent. Beide haben noch nicht entschieden, ob sie sich zur Wahl stellen. (bro)