Die SP sieht sich als Gleichstellungspartei. Mit diesem Selbstverständnis markierte sie bei der Bundesratsnachfolge von Simonetta Sommaruga (63) Position: Nur Frauen durften zur Ersatzwahl antreten. Zwei Männer als SP-Vertretung in der Landesregierung? Ein No-Go – auch wenn das damalige Männerkandidaturverbot für Rumoren sorgte.
Mit Bundesrat Alain Berset (51) tritt nun ein Mann ab. Müsste die Partei jetzt also nicht auf ein reines Männerticket drängen, um so die Geschlechterparität im linken Regierungsduo zu wahren? Nein, findet Tamara Funiciello, Präsidentin der SP-Frauen. Sie sagt: «Seit 1848 gab es gerade einmal zehn Frauen im Bundesrat. Wahrscheinlich sassen in der Exekutive mehr Uelis als Frauen.» Historisch gesehen seien Männer übervertreten im höchsten Amt. Sie findet, man vergleiche Äpfel mit Birnen. «Ein reines Frauenticket ist keine Diskriminierung der Männer – im Gegenteil!», sagt Nationalrätin Funiciello.
Kein politisches Harakiri
Die SP-Spitze liess sich am Mittwoch nicht auf die Äste hinaus. Die Frage, ob und welche Kriterien es gebe, entscheide die Fraktion im Herbst abschliessend, so Co-Chefin Mattea Meyer (35).
Bei der Sommaruga-Nachfolge hatte das Präsidium noch explizit auf Frauenkandidaturen gepocht. Auch mit dem Hinweis, dass die SP-Frauen gegenüber den Männern in der Landesregierung Nachholbedarf aufweisen. So zählt die SP bisher elf Bundesräte, aber erst vier Bundesrätinnen.
Obwohl Deutschschweizer Männer im Fokus stehen, dürfte das Feld für Frauen offen bleiben. Auf ein reines Männerticket pocht bisher niemand. Schon gar nicht die Männer, die mit einer Kandidatur liebäugeln. In der SP käme eine solche Forderung einem politischen Harakiri gleich, sodass man eine Kandidatur abschreiben könnte.
Jositsch will keine Vorgaben
Als potenzieller Anwärter sagt Ständerat Daniel Jositsch (58) gegenüber Blick: «Ich bin der Ansicht, jeder und jede soll sich bei der Fraktion bewerben können.» Es brauche keine Vorgaben, so der Zürcher. «Die Fraktion soll die Geeignetsten aufs Ticket setzen – unabhängig vom Geschlecht.»
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Ein Standpunkt, den er übrigens schon bei der Sommaruga-Nachfolge vertreten hat. So kommt für Jositsch ein reines Männer- oder Frauen-Ticket ebenso infrage wie eine gemischte Auswahl.
«Einen Fehler zu wiederholen, wäre zwar konsequent, aber nicht besonders gescheit», meint Ständerat Roberto Zanetti (68, SO). Ein reines Männerticket hält er für den falschen Ansatz. «Ein solch absoluter Machtanspruch wäre keine gute Idee.» Zanetti hatte schon bei der Sommaruga-Wahl für einen breiteren Rahmen plädiert und als Kompromiss ein Dreierticket «mit mindestens zwei Frauen» vorgeschlagen – allerdings erfolglos.
Für ihn ist klar, dass man die Sache diesmal «ganz entspannt» angehen sollte. Es sollte keine Vorgaben geben – weder bezüglich Geschlecht noch bezüglich Sprachregion. «Mit Blick auf Präsident Sergio Mattarella in Italien und Joe Biden in den USA plädiere ich auch für eine flexible Alterslimite», fügt Zanetti augenzwinkernd hinzu. «Nur das Parteibüchlein muss stimmen!»
Oder wie es Berset sagte: «Es muss ein Mensch sein.»