«Er stellt sich in den Dienst seiner Partei»
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Politikchefin zu Rücktritt:«Er stellt sich in den Dienst seiner Partei»

Deutschschweizer Männer im Fokus
Das sind mögliche Berset-Nachfolger

Wer folgt auf Alain Berset? Deutschschweizer Männer stehen im Fokus. Etwa Daniel Jositsch, Matthias Aebischer, Jon Pult oder Beat Jans. Doch das Feld dürfte auch für Frauen und Westschweizer offen bleiben. Mehrere SP-Leute überlegen sich eine Kandidatur.
Publiziert: 21.06.2023 um 13:54 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2023 um 18:39 Uhr
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SP-Ständerat Daniel Jositsch will in den nächsten Tagen kommunizieren, was er vorhat.
Foto: keystone-sda.ch
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

SP-Bundesrat Alain Berset (51) tritt per Ende Jahr zurück. Nun dreht sich bereits das Kandidaten-Karussell für seine Nachfolge. Nachdem letztes Jahr für Simonetta Sommaruga (63) mit Elisabeth Baume-Schneider (59) eine welsche Sozialdemokratin in den Bundesrat kam, richtet sich der Fokus nun auf einen Deutschschweizer Mann.

Bei den Männern stehen etwa der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch (58) oder die Nationalräte Matthias Aebischer (55, BE) und Jon Pult (38, GR) weit vorne im Rampenlicht.

Allerdings dürfte Jositschs Auseinandersetzung mit der Partei bei der Sommaruga-Nachfolge ein Nachteil sein. Bei vielen Genossinnen und Genossen ist der Ärger noch nicht verpufft. Als offizieller Kandidat seiner Partei hätte er aber weit ins bürgerliche Lager Wahlchancen. Erst recht, weil damit Zürich wieder zurück in der Regierung wäre. Jositsch lässt derzeit offen, ob er antritt. «Ich werde in den nächsten Tagen kommunizieren», schreibt er Blick. «Ich werde das in meinem Umfeld besprechen und mit der Parteileitung und anschliessend entscheiden.»

Noch ein Berner Sitz mit Aebischer?

Ambitionen auf das Bundesratsamt werden auch Matthias Aebischer nachgesagt. Bei der Sommaruga-Nachfolge hielt sich der frühere Fernsehmann vornehm zurück, was ihm in der Partei nun einige Punkte bringen dürfte. Auch politisiert er eher gemässigt, womit er im bürgerlichen Lager viele Stimmen machen dürfte. Allerdings sitzt mit Albert Rösti (55) schon ein Berner im Bundesrat, was Aebischers Chancen wieder schmälert.

Für frischen Wind wiederum könnte der erst 38-jährige Pult sorgen. Der Verkehrspolitiker gilt als solider Schaffer. Als Präsident der Alpen-Initiative ist der Bündner auch schweizweit eine bekannte Figur. Allerdings sitzt er erst seit 2019 im Nationalrat.

Versucht es Basel nochmals?

Auch von ausserhalb des Parlaments gibt es Deutschschweizer Sozis, die als Kandidaten infrage kommen. Der Basler Regierungspräsident Beat Jans (58) hat bis Ende 2020 noch im Nationalrat politisiert und ist daher für die eidgenössischen Parlamentarier kein Unbekannter. Gut möglich, dass er für die Region Basel den Hut in den Ring wirft, nachdem die Kandidatur von SP-Ständerätin Eva Herzog (61) letztes Jahr gescheitert ist. Jans hatte sich dabei stark für die Basler Interessen eingesetzt. Er will sich eine Kandidatur nun überlegen. «Dazu nehme ich mir über die Sommerferien Zeit und werde mich voraussichtlich Ende August dazu äussern.»

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Auch für Frauen bleibt das Feld offen, auch wenn diesmal ein Männer-Sitz frei wird. Der SP als Frauen-Partei würden zwei Bundesrätinnen durchaus gut anstehen. Damit rückt – Stichwort Basel – auch Eva Herzog nochmals in den Fokus.

Es ist eher fraglich, ob sie nach der letztjährigen Wahlschlappe erneut antritt. Das wird sie sich gut überlegen müssen. Allerdings könnte sie auch von einem «Mitleidsbonus» profitieren. Schliesslich wurde auch Karin Keller-Sutter (59) von der FDP erst im zweiten Anlauf gewählt. Wahrscheinlicher ist aber, dass sich Herzog auf das Ständeratspräsidium konzentriert, das sie im Dezember übernimmt. Sie selber lässt sich noch nicht auf die Äste hinaus: «Ich habe alle Zeit, mir das zu überlegen!», schreibt sie Blick.

Oder kommt doch noch eine junge Mutter?

Bei den Frauen wird den Berner Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen (44) und Nadine Masshardt (38) der Bundesrätinnenposten zugetraut. Sie haben beide das Format für ein Regierungsamt und würden auch dem Bild der «jungen Mutter» entsprechen, das die SP bei der Sommaruga-Nachfolge noch gepusht hat. Allerdings ist ihre Berner Herkunft – wie bei Aebischer – ein Nachteil.

Offen ist, ob die beiden wollen – denn Wasserfallen kandidiert für den Ständerat und Masshardt dürfte sich eher für ein Amt in der Berner Regierung bereithalten. Bei der Sommaruga-Nachfolge haben jedenfalls beide abgesagt. «Die Frage nach einer Kandidatur kann ich heute nicht beantworten», sagt Masshardt nun zu Blick. «Ich werde nun über den Sommer in aller Ruhe eine Lagebeurteilung machen.»


In Zürich dürften sich die Nationalrätinnen Min Li Marti (49) und Priska Seiler Graf (54) eine Kandidatur überlegen. Grundsätzlich überlege sie sich eine Kandidatur, sagt Marti auf Anfrage. «Das hängt auch sehr viel von den Umständen und der Konstellation ab.» Auch Seiler Graf nimmt sich vorerst nicht aus dem Rennen: «Alain Bersets Rücktritt kam für mich jetzt doch überraschend. Wie alle meine Kolleginnen und Kollegen muss ich mir das in Ruhe überlegen über den Sommer. »

Westschweiz bleibt eine Option

Auch wenn die Deutschschweiz im Fokus steht, sind Westschweizer Kandidaturen nicht ausgeschlossen. Infrage käme etwa der frühere SP-Chef und heutige Post-Präsident Christian Levrat (52). Mit ihm würde ein Freiburger auf den Freiburger Berset folgen.

Eine Option wären auch Fraktionschef Roger Nordmann (50, VD) oder Nationalrat und Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (55, VD). Nordmann mochte eine Kandidatur am Mittwoch vor den Medien jedenfalls nicht ausschliessen. Er habe noch keine Zeit gehabt, sich mit der Frage zu beschäftigen.

Doch im Parlament dürften welsche Kandidaturen diesmal weniger Chancen haben, sitzen doch seit Anfang Jahr schon drei Romands im Gremium. Und mit dem Tessiner Ignazio Cassis (62) sind die Lateiner gar in der Mehrheit. Das dürfte gewichtige Westschweizer, die vielleicht für später Ambitionen haben, diesmal von einer Kandidatur abhalten. Sie dürften eher auf die Nachfolge von Baume-Schneider schielen. Sollte sich die Konstellation aber ändern, indem etwa weitere Bundesräte ihren Rücktritt verkünden, würden die Karten neu gemischt.

Das Feld bleibt auch offen, weil die SP erst im September den Nominations-Fahrplan und allfällige Kriterien für eine Kandidatur festlegen will. Dies dann unter einer neuen Fraktionsführung.

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