Es sind die letzten 1.-August-Reden für Bundespräsident Alain Berset (51). Denn er tritt im Dezember nicht zur Wiederwahl an. Bei seinen Ansprachen, die er in Aegerten BE, Lausanne VD und Domdidier VD, gehalten hat, verriet der Gesundheitsminister auch, was er nach seinem Abgang nicht vermissen wird.
«Die Medienkonferenz zu den Krankenkassenprämien, zum Beispiel», so Berset. Kein Wunder: Auch in diesem Herbst muss er höchstwahrscheinlich wieder einen happigen Preisaufschlag verkünden. Schon 2023 stiegen die Prämien um durchschnittlich 6,6 Prozent.
«100 verpasste Nachrichten»
Der zweite Punkt waren die Frühstückssitzungen mit den Parteien um 7 Uhr morgens. Diese finden jeweils während der Session statt. Und zu guter Letzt nervt es Berset, wenn er sein Handy einschliessen muss. Vor den Bundesratssitzungen jeweils am Mittwoch- oder Freitagvormittag ist das nämlich Pflicht. Bersets Problem damit: «Wenn man es vier Stunden später wieder hervorholt, hat man 100 verpassten Nachrichten.»
Berset hatte während seiner Ferien äusserlich für Aufsehen erregt: Auf Instagram postete er ein Bild, dass ihn mit Bart und Brusthaaren zeigt. Dazu der Hashtag «lookingforarazor» – «Suche einen Rasierer». Bei seinem Auftritt in Aegerten BE fand er dann einen solchen im Geschenkkorb. Dabei erschien der Magistrat dort wie gewohnt glattrasiert.
Amherd betont Sicherheit und Eigenständigkeit
Über die ganze Schweiz verteilt und gar im Ausland hielten die Bundesräte ihre Reden. Für Bundesrätin Viola Amherd (61) gehören Eigenständigkeit und Sicherheit zur DNA der Schweiz, wie sie am Montagabend in ihrer Rede zum 1. August in Luzern sagte. Sicherheit bestehe aber nicht einfach nur aus Truppen und Waffen, sondern sei auch ein Gefühl.
«Wenn die Schweiz eine Medaille namens Helvetia wäre, stünde auf einer Seite die Zahl 1 für die erste Demokratie Europas inmitten von Monarchien, die andere Seite würde eine schier unglaubliche Kontinuität symbolisieren», sagte die Verteidigungsministerin auf dem Europaplatz vor dem KKL.
Sonderweg als Schlüssel zum Erfolg
Die Schweiz muss laut Bundesrat Albert Rösti ihren eigenen Weg gehen. Als Inspiration soll die Generation dienen, die vor 175 Jahren die Bundesverfassung entworfen habe, sagte Rösti in einer 1.-August-Rede in Melide im Tessin.
«Die Schweiz hat nicht gemacht, was die anderen machten, sondern das Gegenteil. In Zeiten der Monarchien wählte sie die Demokratie», sagte der Energie- und Umweltminister. Dieser Sonderweg der Schweiz sei der Schlüssel zu ihrem Erfolg.
«Stabilität ist manchmal langweilig»
Der Schweiz gehe es gut, aber sie dürfe sich nicht auf dem Erreichten ausruhen, sagte Bundesrat Ignazio Cassis (62) bei einer Ansprache im Rahmen der Wanderung der «Schweizer Illustrierten» auf dem Gotthard, die wie Amherds Rede bereits am Montag stattfand. «Die Schweiz ist die älteste und stabilste Demokratie in Europa», sagte der Aussenminister. Und: «Stabilität ist manchmal langweilig, aber ihr Ergebnis liegt vor unseren Augen: die Schweiz!»
Dass die Verfassung vor 175 Jahren in nur 51 Tagen geschaffen worden sei, sei beeindruckend, sagte Cassis. Dieser Elan aus dem Jahr 1848 müsse aber genährt werden. «Wenn die Verfassung unsere Rechte garantiert, gibt sie uns auch Verantwortung.» Frei sei nur, wer von seiner Freiheit Gebrauch mache.
Für Cassis ging es direkt weiter: Er reiste nach Jakarta in Indonesien, wo er ebenfalls eine 1.-August-Ansprache hält. (bro/SDA)