Die vierte Corona-Welle ist für den Moment gebrochen. So wurden auch am Donnerstag mit 1140 Neuansteckungen deutlich weniger Fälle gemeldet als eine Woche zuvor. Vor diesem Hintergrund befasst sich der Bundesrat am Freitag mit einem heiklen Geschäft: Wie lange sollen die Gratistests bleiben? Und wer soll dafür künftig in die Tasche greifen?
Letzte Woche hat die Regierung eine Kompromisslösung in die Konsultation gegeben: Bis am 10. Oktober werden die Testkosten noch für alle übernommen. Danach nur noch für Erstgeimpfte und dies nur bis Ende November. Wer sich weiterhin nicht impfen lassen will, muss ab 11. Oktober selber blechen.
Dem Vernehmen nach hält SP-Gesundheitsminister Alain Berset (49) weitgehend an seinem Vorschlag fest. Zu gross ist die Furcht, dass sich die Corona-Entwicklung mit der kälteren Jahreszeit rasch wieder verschlechtern kann. Letztes Jahre nahm die schwere zweite Welle erst im Oktober ihren Anfang, dieses Jahr sind die Zahlen auf viel höherem Niveau. Zudem eröffnet der alternative Impfstoff von Johnson & Johnson neuen Spielraum für Impfzauderer.
Wird die Altersgrenze auf 20 erhöht?
Kommt hinzu, dass sich bei den Kantonen in der Konsultation kein einheitliches Bild ergibt. Rund zwei Drittel stellen sich im Grundsatz hinter den Bundesrat, dass mit den Gratistests bald einmal Schluss sein soll. Allerdings mit Nuancen: Ein Teil davon möchte Ungeimpfte gleich zahlen lassen, ein anderer Teil will die Gratistests zumindest bis Ende November oder gar Ende Jahr für alle verlängern.
Auch die beiden Gesundheitskommissionen des Parlaments plädieren für eine Verlängerung. Allerdings hatten sie nicht den Mut, selber Nägel mit Köpfen zu machen und den Bundesrat mit eigenen Vorstössen zu übersteuern. Besonders die SP will den eigenen Gesundheitsminister nicht vor den Kopf stossen.
Berset hält an seinem Kurs aber fest. Allerdings: Nachgeben könnte der Bundesrat allenfalls bei der Altersgrenze. Statt wie bisher geplant auf 16 könnte diese leicht angehoben werden. Berset beantragt nämlich, dass die Tests für unter 20-Jährige weiterhin gratis bleiben. Damit würden insbesondere jene entlastet, welche sich noch in der Ausbildung befinden und über kein grosses Salär verfügen, um sich kostenpflichtige Tests leisten zu können.
SVP-Maurer hält dagegen
Klar ist auch: SVP-Bundesrat Ueli Maurer (70) wird wie schon letzte Woche in einem Mitbericht dafür plädieren, dass die Gratistests beibehalten werden, solange die ausgeweitete Zertifikatspflicht in Restaurants oder Fitnesscentern gilt.
Das Ansinnen dürfte bei seinen Gspänli aber keine Chance haben. Die beiden Freisinnigen Karin Keller-Sutter (57) und Ignazio Cassis (60) fahren ganz gemäss ihrer Partei einen harten Kurs. Auch Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (59) hat sich bisher hinter Berset gestellt.
Allerdings wird es im Bundesrat noch einige Diskussion in Detailfragen geben. Allenfalls auch, was die Situation der Studierenden betrifft, welche sich nicht impfen lassen wollen. Da könnte der Hebel beim repetitiven Testen angesetzt werden.
150 Millionen Franken für Impfoffensive
Auch bei der Impfkampagne will der Bundesrat nochmals Schub geben – auch finanziell. 150 Millionen Franken sollen die Kantone vom Bund erhalten. Damit sollen mobile Stationen unterstützt werden. Beispielsweise Impfbusse, so dass die Impfkampagne auch die hintersten Ecken des Landes erreicht. Dieser Vorschlag soll zuerst noch in die Konsultation bei den Kantonen gehen.
Von einer anderen Idee hingegen ist Berset abgerückt. So waren Anreize für jene angedacht, welche andere vom Impfen überzeugen. Wer sich impfen lässt, hätte einen «Impfluencer» angeben können, und dieser hätte vom Bund zum Beispiel 50 Franken als Belohnung gekriegt. Der Vorschlag kam bei den anderen Departementen aber nicht gut an.