22'800 Franken pro Platz auf Intensivstation
Zürich bezahlte Spitäler für leerstehende Intensivbetten

Der Kanton Zürich entschädigte die Spitäler für die Corona-Kosten im Winter mit einer Pauschale pro Intensivbett. Dies, obwohl nicht alle Betten betrieben werden konnten.
Publiziert: 30.09.2021 um 15:19 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2021 um 15:59 Uhr
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Die Betreuung eines Corona-Patienten ist intensiv.
Foto: Keystone
Ladina Triaca

Die zweite Welle traf Zürich hart. An manchen Wintertagen lagen über 500 Corona-Patienten im Spital. Das kostete die Spitäler einiges. Denn für die Pflege von Corona-Patienten ist etwa eineinhalb Mal so viel Personal nötig wie für andere Patienten. Und Corona-Kranke belegen die Intensivbetten deutlich länger als etwa Herz- oder Tumorpatienten.

Um die Spitäler für die zusätzlichen Corona-Kosten zu entschädigen, hat die Zürcher Regierung bereits letztes Jahr eine Speziallösung verabschiedet. Konkret erhielten die Spitäler für die Zeit von Oktober bis Februar eine Pauschale von 22'800 Franken pro Intensivbett. Bei 215 Intensivbetten kostete das den Kanton 4,9 Millionen Franken.

Leer stehende Betten

Blick-Recherchen zeigen, dass die Spitäler allerdings nicht alle IPS-Betten betreiben konnten, für die sie bezahlt wurden. So schreibt etwa das Kantonsspital Winterthur, dass mit dem vorhandenen Personal und der Belastung durch Covid-Patienten aktuell 12 von 18 Intensivbetten betrieben werden könnten. Letztes Jahr sei die Situation ähnlich gewesen.

Auch die Klinik Hirslanden gibt an, von 22 IPS-Betten wegen Fachkräftemangels nur 18 nutzen zu können. Das Spital Männedorf betreibt fünf von sieben Betten. Und die Universitätsklinik Balgrist, die über sechs Intensivbetten verfügt, konnte während der Pandemie nie mehr als zwei Covid-Patienten gleichzeitig aufnehmen.

Trotzdem wurden die Spitäler auch für jene Betten entschädigt, die leer standen. Vier ungenutzte Betten konnten einem Spital so fast 100'000 Franken in die Kasse spülen. Spitäler hingegen, die teilweise dank temporärem Personal alle ihre IPS-Betten betreiben konnten, wie etwa jene in Bülach oder Wetzikon, stehen vergleichsweise schlecht da.

Balgrist und Kispi profitierten

Denn anstatt die Spitäler nach der effektiven Anzahl betriebener Betten zu fragen, hat sich der Kanton bei seiner Rechnung auf die Bettenzahlen gestützt, die in der nationalen Krankenhausstatistik aufgeführt sind. Dass diese die Realität nicht perfekt abbilden, sei man sich bewusst, sagt Jörg Gruber von der Zürcher Gesundheitsdirektion. «Einzelne Spitäler sind vielleicht etwas besser, andere etwas schlechter gefahren. Aber wir mussten relativ schnell einen guten Verteilschlüssel finden, um die Spitäler adäquat zu entschädigen.»

Zudem sei die Betreuung von Covid-Patienten personalintensiver als jene von nicht-Covid Patienten. Je mehr Covid-Patienten in einem Spital auf der Intensivstation betreut werden müssten, desto weniger Intensivbetten könnten mit der gleichen Anzahl Personal betrieben werden. «So kann es sein, dass nicht alle Spitäler sämtliche IPS-Betten betreiben können», sagt Gruber. Kosten würden trotzdem anfallen.

Inzwischen hat die Regierung das System angepasst. Die Spitäler erhalten für die Periode von August bis Oktober neu einerseits leistungsbezogene Beiträge pro Behandlungstag von Covid-Patienten und andererseits einen Pauschalbetrag für die vorhandenen Normal- und Intensivbetten. «Wir wissen dank der Rechnungen aus dem letzten Jahr heute besser Bescheid über die effektiven Kosten der Spitäler», sagt Gruber.

Spitäler freuen sich über Hilfspaket

Bei den Spitälern kommt das jüngste Hilfspaket – das sie unter anderem für die zu tiefen Tarife bei Corona-Behandlungen entschädigen soll – gut an. «Das ist ein wichtiges Signal für uns», sagt Ronald Alder vom Verband der Zürcher Krankenhäuser. Die Spitäler hätten für die Behandlung von Corona-Patienten auf der Intensivstation pro Patient täglich ein Defizit von 700 bis 2000 Franken eingefahren. Die Entschädigung sei daher dringend nötig.

Dass manche Spitäler während der zweiten Welle auch für leerstehende Betten entschädigt wurden, sei hingegen kein grosses Thema. «Die Spitäler sind solidarisch untereinander», sagt Alder. Es gehe in erster Linie darum, für alle Patienten einen geeigneten Platz zu finden.

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Pflegende verlassen den Beruf

Das könnte in Zukunft allerdings noch schwieriger werden. Denn die Personalsituation in den Spitälern ist angespannt. Immer mehr Pflegende sind nach vier Corona-Wellen müde und verlassen den Beruf. Das zeigt sich auch auf nationaler Ebene: Von den 873 zertifizierten IPS-Betten können wegen Personalmangels aktuell nur 845 betrieben werden.

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