SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (42) liess nichts unversucht. «Lassen Sie keine Spaltung der Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte zu», beschwor er am Montagnachmittag den Nationalrat. Er beantragte deshalb, seine neu eingereichte Motion noch am selben Tag zu behandeln. Ihr Inhalt: Der Bund soll die Kosten für die Gratis-Tests übernehmen, so lange die Zertifikatspflicht gilt. Also auch, wenn diese wieder eingeschränkt wird und etwa nur noch für Grossveranstaltungen gelten würde.
Der Ordnungsantrag aber scheiterte deutlich mit 67 gegen 103 Stimmen bei 11 Enthaltungen. Einzig die SVP, Grüne und vereinzelte SP-Ratsmitglieder unterstützten den Antrag. Der grosse Rest war dagegen - auch weil Nationalratspräsident Andreas Aebi (62, SVP) darauf hingeweisen hatte, dass der Antrag gegen das Parlamentsgesetz verstosse. Schliesslich habe der Bundesrat noch nicht einmal Gelegenheit gehabt, sich zum Vorstoss zu äussern.
Gesundheitskommission hat der Mut verlassen
Der Widerstand des Parlaments gegen das Ende der Gratis-Tests bröckelt. Gerade Gesundheitspolitiker wollten verhindern, dass der Bundesrat am kommenden Freitag Nägel mit Köpfen macht und einen Schlussstrich unter den Streit über die Gratis-Tests zieht.
Die Regierung sieht vor, dass ab 11. Oktober nur noch kostenlos zum Negativ-Nachweis fürs Covid-Zertifikat kommt, wer schon einmal geimpft ist. Ungeimpfte sollen selbst in die Tasche greifen müssen, um ins Fitness oder ins Restaurant zu kommen. Diesen Vorschlag hat die Regierung am Freitag in Konsultation gegeben.
Schon in der über Mittag tagenden Gesundheitskommission hatte die Widerständler der Mut verlassen. Vertreter von SP, SVP und Grünen wollten an den Gratis-Tests festhalten – zumindest solange die erweiterte Zertifikatspflicht gilt. Soweit war sich die Kommission in ihrer Sitzung vom Montagmittag einig. Dennoch scheiterten die Pläne für einen dringlichen Vorstoss, um den Bundesrat im Eilverfahren zum Umschwenken zu zwingen, sind gescheitert. Das bestätigen mehrere Quellen.
Bundesrat nicht per Gesetz übersteuern
So scheiterte sowohl eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel als auch eine Motion – letztere allerdings nur mit Stichentscheid von Kommissionspräsidentin Ruth Humbel (64, Mitte). Inhaltlich sei man sich zwar einig, man wolle den Bundesrat aber nicht mit einem Gesetz übersteuern, heisst es. So gibt sich die Kommission mit einer erneuten Stellungnahme zuhanden des Bundesrats zufrieden: Die Regierung möge die Gratis-Tests doch beibehalten, solange die ausgeweitete Zertifikatspflicht gilt.
Hätte der Nationalrat Aeschis Ordnungsantrag zugestimmt, wäre der Bundesrat in der Zwickmühle gewesen. Denn das Signal wäre deutlich gewesen. Sollten zudem auch die Kantone umschwenken, die sich im Sommer für das Ende der Gratis-Tests ausgesprochen hatten, bliebe dem Bundesrat wohl keine andere Wahl – und Ungeimpfte kämen weiterhin ohne Folgekosten ans Zertifikat.
Bleiben die Kantone hingegen hart, dürfte das Auswirkungen auf den Ständerat haben – und dort die Hilfe für SVP, SP und Grüne ausbleiben.