Wieso schweigt der Islamische Zentralrat?
«Diese Taten haben nichts mit dem Islam zu tun»

Der Islamische Zentralrat (IZRS) veröffentlicht als einziger muslimischer Verband der Schweiz keine Stellungnahme zum Terror in Paris. Pressesprecher Qaasim Illi erklärt das Schweigen seiner Organisation.
Publiziert: 16.11.2015 um 19:31 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:35 Uhr
Qaasim Illi, Sprecher des Islamischen Zentralrats IZRS.
Foto: Peter Gerber

Herr Illi, muslimische Verbände und Imame in der Schweiz verurteilen öffentlich die Terroranschläge des IS in Paris und drücken ihr Mitgefühl für die Opfer und Angehörigen aus. Vom Islamischen Zentralrat hört und liest man nichts. Wieso?

Es stimmt, wir haben keine Stellungnahme abgegeben. Wir bedauern diese Anschläge und trauern mit den Opfern. Aber wir fühlen uns nicht für die Attentate verantwortlich.

Das behauptet auch niemand. Aber die Terroristen führen einen Dschihad, da wäre es doch interessant, was der IZRS dazu zu sagen hat.
Diese Taten haben aber nichts mit uns, dem Islam oder der Schweiz zu tun.

«Der IS driftet theologisch ab. Wir lehnen seine Ideologie und Methoden ab.» – Qaasim Illi.
Foto: KEYSTONE/Steffen Schmidt

Aber die Terroristen beziehen sich doch auf den Islam.
Der IS driftet theologisch ab. Wir lehnen seine Ideologie und Methoden ab. Wir haben immer wieder gesagt, dass der IS keine Option ist. Diese Ideologie ist problematisch und gefährlich. Sie stört nicht nur die liberalen Muslime, sondern auch uns Orthodoxen.

Was tun Sie denn gegen den IS?
Wir führen einen klaren Abgrenzungs-Diskurs gegen den selbsternannten Islamischen Staat. Das verstehen wir als unsere Pflicht gegenüber den Muslimen. Denn diese leiden am meisten unter dem IS. Wir kämpfen aber auf unsere Weise gegen den IS. Dies tun wir hinter dem Vorhang und nicht via Öffentlichkeit.

Wieso? Haben Sie Angst, ihre Anhänger zu vergraulen?
Nein, aber wir wollen nicht reflexartig reagieren, nur um der Gesellschaft zu gefallen.

Gleichzeitig lassen Sie aber auf Ihrer Facebook-Seite widerwärtige Posts zu. In einem Kommentar schreibt jemand, dass er traurig ist, dass «nur 140» Menschen ums Leben gekommen sind.
Das ist natürlich total daneben. Das hätte ich sofort gelöscht. Aber es gab darauf offenbar auch Gegenkommentare. Und alle Kommentare wollen wir nicht löschen, es sollte auch ein Abbild der Diskussion sein. Wir mussten auch einige Kommentare in die andere Richtung löschen.

Hat es IS-Sympathisanten in Ihren Reihen?
Wir sind ein Verein mit über 3000 Mitgliedern. Da ist es klar, dass wir vereinzelt auf Fälle stossen, wo jemand auf die Ideologie anspricht oder gar sagt, dass er Sympathisant sei.

Was tun sie dann?
Ist jemand schon so weit, ist es schwierig, ihn aufzuhalten und den Rückwärtsgang einzulegen. Wir versuchen aber, seine Argumente aus der islamischen Normativität zu entkräften. (sas)

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