Am Samstagmorgen kamen um 2 Uhr auf einen Schlag 50 bis 60 Verletzte ins Pariser Spital Georges Pompidou. «Ein Viertel von ihnen befand sich in Lebensgefahr», sagt der Chef der Notaufnahme, Philippe Juvin (51), in einem TV-Auftritt. Es war nicht möglich, alle Verletzten gleichzeitig zu behandeln. Deshalb sei eine Triage unausweichlich gewesen.
90 Prozent der Verletzten hatten Schusswunden. Juvin: «Einige hatten noch Munition in ihren Körpern.» Zum Glück habe es sich bei einem Grossteil nur um leichte Verletzungen gehandelt.
Die Menschen seien jedoch auch psychisch schwer angeschlagen. «Wir hindern die Leute am Sterben und kümmern uns um die psychologischen Traumata», sagte der Arzt.
In seinem Spital sei zum Glück bisher keiner der Verletzten gestorben. Das sei nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, dass es sich bei den meisten der Patienten um junge, gesundheitlich robuste Menschen handle.
Aber es war auch auf die Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung zurückzuführen: So habe sich in seinem Spital zum Beispiel ein Ärztepaar aus der Bretagne, das gerade in Paris in den Ferien weilte, zu einem Freiwilligeneinsatz gemeldet. Dadurch sei die ärtzliche Versorgung schneller und schlagkräftiger geworden.
Juvin hat schon in einem Kriegsgebiet gearbeitet. 2008 war er in Afghanistan als Narkosearzt im Einsatz. Damals sei er Zeuge von Schiessereien und Explosionen geworden, sagte er der Nachrichtenagentur AP. Trotzdem geht ihm der Einsatz nach den Terroranschlägen nahe: So viele Verletzte auf einen Schlag wie in Paris habe er zuvor noch nie gesehen.
Menschen mit Kriegsverletzungen zu behandeln, sei eigentlich nichts Aussergwöhnliches in seinem Beruf, sagt Juvin. «Aber dann behandelt der Arzt eine Person nach der anderen und nicht 50, die auf einen Schlag eintreffen.» (noo)