Ich wusste es vom ersten Moment an: Dieser neue Messenger-Dienst wird fürchterliche Gefühlskriege auslösen. Er wird schuld sein an Schweiss, Tränen und total abgefahrenem Psycho-Terror. Aber ich wollte ihm erst einmal eine Chance geben – so wie man eben allem Neuen eine geben sollte. Zudem war ja auch die ganze Welt völlig aus dem Häuschen. Plötzlich so unkompliziert chatten! Und das noch für lau! Es war 2009, als WhatsApp in (fast) aller -unser Leben trat. Und bereits andeutete, meines ersichtlich zu erschweren. Schuld daran war mein damaliger Freund.
Wir lebten 800 Kilometer voneinander entfernt, und er war ruinös eifersüchtig. So kam eines Morgens am Telefon die Frage: «Du warst heute Nacht um vier Uhr online. Mit wem hast du geschrieben? Mit mir offensichtlich nicht.» Bäm! Boom! Und da war sie. Darf ich vorstellen: Die WhatsApp-Artillerie. Es ahnte damals noch keiner, dass die App fast neun Jahre später über eine Milliarde Nutzer verbuchen kann und sich diese Kontroll-Chose bis ins unerträglich Unermessliche entwickeln wird.
Doch neun Jahre später ist klar: WhatsApp, du Hund. An dieser Stelle muss jetzt auch gesagt werden: Das obige Beispiel ist die Ausnahme. Insbesondere Frauen sind unangefochtene Meister bei WhatsApp-Interpretationen. Vor allem beim «Zwischen-den-Zeilen-Deuten». Lesen, aber nicht antworten. Online, aber nicht antworten. Nachricht extra nicht aufmachen und nicht antworten. Also eigentlich das: NICHT ANTWORTEN. Und dieser Häkchen-Mist. Blau? Zwei? Das ist einfach too much «Protokoll». Frauen können das nicht händeln. Ich kann es Ihnen auch nicht genau erklären, ich weiss das alles bloss aus Erzählungen. Kann mir das natürlich gar nicht vorstellen, wie man so steil gehen kann, «nur» weil das Gegenüber nicht schreibt. Aber angeblich kann da das weibliche Kopf-Karussell ganz schön wilde Umdrehungen machen: Er will mich nicht, er hat was Besseres zu tun oder auch gut: Der Hund hat ne Neue. Zwischendurch dann wieder: Oder ist er in einen Schacht gefallen oder gar tot?
Hmm, soll ich noch eine 14. Nachricht schreiben, oder denkt er eh schon, ich sei irre? Apropos denken. Es gibt da vermutlich eine ganz plausible Antwort auf das Was-denkt-er-gerade? «Nichts!»