«Star» ist einer der aufgehenden Sterne am Roboterhimmel der Medizinaltechnologie. Der kürzlich in den USA vorgestellte Roboter näht Weichteile wie zum Beispiel den Darm. Was ihn auszeichnet, ist die Tatsache, dass der Smart Tissue Autonomous Robot (Star) nicht nur Gehilfe der Ärzte ist, sondern – nachdem er programmiert worden ist – auch vollkommen selbständig arbeitet. Und das so gut, dass seine Nähte im Vergleich mit denen von Chirurgen nicht nur standhalten konnten, sondern sogar besser waren. Seine Entwickler sind davon überzeugt, dass er eine grosse Zukunft haben wird.
«Carlo» schneidet Knochen
Ihr Optimismus ist berechtigt, denn längst haben Roboter auch in den Operationssälen die Herrschaft übernommen. «Roboter werden in Zukunft immer mehr solche Aufgaben übernehmen», sagt Hans-Florian Zeilhofer, Leiter der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Unispitals Basel. «Carlo» heisst beispielsweise der Operationsroboter, den er mit Kollegen vom Unispital Basel und der Uni Basel entwickelt hat und der in ein paar Monaten zum ersten Mal bei einem kleinen Kind zum Einsatz kommen wird, das an einer Schädelfehlbildung leidet.
Carlo kann einen Knochen kontaktfrei und präzise mit einem Laserstrahl schneiden. «Viel perfekter als ein Mensch», so Zeilhofer. Die Maschine arbeitet selbständig und überprüft mittels Sensoren, ob alles gut läuft. Carlo kann sogar Knochen in Bögen oder S-Formen schneiden. Das wäre bis vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar gewesen. Kein Wunder also, dass das Spin-off-Projekt im letzten Jahr für diese herausragende Arbeit den mit 15'000 Franken dotierten CTI Swiss Medtech Award 2015 gewann.
«Da Vinci» - operieren mit dem Joystick
Der Siegeszug der hoch technisierten Geräte in die Operationssäle scheint unaufhaltsam. Zum Wohl der Patienten. «Die Vorteile dieser Roboter sind absolut bestechend», sagt Dr. Stephan Bauer vom Urologischen Zentrum der Klinik Hirslanden in Zürich. Die Krankenhauskette arbeitete als eines der ersten Spitäler in der Schweiz mit einem «Da Vinci», inzwischen steht bereits die dritte Generation in ihren Operationssälen. Seit zehn Jahren ist Bauer mit der Da-Vinci-Technologie vertraut.
Der vierarmige Telemanipulator wird heute in der urologischen Tumorchirurgie eingesetzt, knapp 90 Prozent aller Eingriffe an der Prostata, aber auch Operationen an Nieren und Blasen profitieren von dieser Technologie. Im Vergleich zur konventionellen Schlüsselloch-Methode (Laparoskopie) und zur «offenen» Operation sei die Technik des computerunterstützten Roboters revolutionär, sagt Urologe Bauer. Das zu operierende Organ kann vom Operateur dank hochauflösender Videodarstellung bis um ein Zehnfaches vergrössert dargestellt werden. Der Chirurg sitzt dabei an einer Konsole, etwa zwei Meter entfernt vom Patienten. Mit den Füssen steuert er die Kamera, mit den Händen bedient er den Joystick, der die Roboterarme, die wie Spinnenbeine über dem Patienten kreisen und ihn so «operieren». Unglaublich präzis und sicher.
«Die Generation Gameboy profitiert, da die Operationen mittels Joystick durchgeführt werden», sagt der Urologe. Doch auch das muss gelernt sein: Nach etwa 15 Eingriffen, so Bauer, sei «ein junger Chirurg genügend mit der Mechanik der Konsolen-Bedienung vertraut». Erst nach weiteren 50 Eingriffen hat er den Dreh raus. «Roboter-Kurse» an allen medizinischen Fakultäten und an vielen grossen Kompetenzzentren sind daher Pflichtstoff. Mit positiven Auswirkungen für die Patienten. Die Eingriffe sind schonender und schmerzfreier, die Resultate besser und die Klinikaufenthalte kürzer.
Hohe Anschaffungskosten
Und auch die, die täglich damit arbeiten, wollen auf die Unterstützung von Dr. Robotnik's nicht mehr verzichten. Etwa Philippe Morel, Chefarzt Viszeralchirurgie am Universitätsspital Genf (HUG), der seit der Anschaffung eines Da Vinci vor neun Jahren mit Hilfe des Roboters fast 2000 Operationen durchgeführt hat. «Die Zukunft gehört Da Vinci», sagt er, «es gibt keine Alternativen.» Genauso wie man heute Zeitungen auf dem iPad lese, setze man Roboter ein, die die Handbewegungen eines Chirurgen in präzise Bewegungen umsetzen können. Wer sich dem verschliesse, sei realitätsfern. Natürlich werden die hohen Anschaffungskosten mit rund 2 Millionen Franken aufgrund des Monopols der US-Herstellerfirma kritisiert. Im Falle des Universitätsspitals Genf nimmt man das in Kauf. In der Regel übernehmen die Krankenkassen zu normalen OP-Ansätzen. Mehrkosten gehen zu Lasten des Spitals.
Spüren kann nur der Arzt
Präzise, zuverlässig und mitunter genauer als der Arzt – heisst das, die Roboter sind die besseren Chirurgen? Nein, sagt Morel. Auch wenn die vergrösserte, dreidimensionale Darstellung viele Eingriffe erleichtert, wird das Ganze durch den fehlenden Tastsinn erschwert – spüren kann nur ein Arzt. Und dieser muss auch, falls der Roboter einmal wegen eines technischen Defekts aussteigen sollte, weiterhin in der Lage sein, sofort auf die traditionelle Laparoskopie zu «switchen».
Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern, «echte» Chirurgen sind unersetzlich. Auch wenn sie eventuell in Zukunft – sollten Präzisionsroboter wie der eingangs erwähnte Star zur Regel werden – eher zu Programmierern werden könnten, die im entscheidenden Moment die eigentliche OP nur noch überwachen.
«Sie haben mich am 26. Mai 2010 mit dem Operationsroboter Da Vinci S operiert: Ich muss vorausschicken, dass ich als Ingenieur an der Technik interessiert bin (...). Vor der Operation habe ich mich im Internet über das System und über Erfahrungen von Patienten mit dem System informiert. Das empfehle ich jedem Patienten (...). Man hört manchmal, mit dem Roboter sei der Chirurg zu weit vom Patienten entfernt und könne sich nicht auf sein Fingerspitzengefühl verlassen. Das ist nicht der Fall. Wir sind täglich mit dem indirekten maschinellen Fingerspitzengefühl konfrontiert. Man denke ans Fliegen, was ohne Fingerspitzengefühl des Piloten nicht funktioniert. Das System ist immer so gut wie die Person, die es bedient (...). Das Entfernen der Prostata und der Lymphknoten ist zwar nicht von grossen Schmerzen begleitet, doch je grösser die Schnitte sind, desto mehr werden sie von Schmerzen begleitet. Mit dem Da-Vinci-Roboter sind die Schnitte klein (...). Ein weiterer Vorteil ist, dass der Roboter mit Körperteilen, die geschont werden sollen, vorsichtig umgehen kann. Das spürte ich nach dem Entfernen des Katheters. Der Schliessmuskel der Harnröhre funktionierte sofort wieder, und die Blase entleerte sich vollständig. Ich rate jedem Patienten diese Operationsmethode mit dem Da-Vinci-System zu wählen.
Auszüge eines persönlichen Briefes eines Patienten, der anonym bleiben möchte, an PD Dr. Räto T. Strebel, Chefarzt Urologie und Stv. Departementsleiter Chirurgie am Kantonsspital Chur.
«Sie haben mich am 26. Mai 2010 mit dem Operationsroboter Da Vinci S operiert: Ich muss vorausschicken, dass ich als Ingenieur an der Technik interessiert bin (...). Vor der Operation habe ich mich im Internet über das System und über Erfahrungen von Patienten mit dem System informiert. Das empfehle ich jedem Patienten (...). Man hört manchmal, mit dem Roboter sei der Chirurg zu weit vom Patienten entfernt und könne sich nicht auf sein Fingerspitzengefühl verlassen. Das ist nicht der Fall. Wir sind täglich mit dem indirekten maschinellen Fingerspitzengefühl konfrontiert. Man denke ans Fliegen, was ohne Fingerspitzengefühl des Piloten nicht funktioniert. Das System ist immer so gut wie die Person, die es bedient (...). Das Entfernen der Prostata und der Lymphknoten ist zwar nicht von grossen Schmerzen begleitet, doch je grösser die Schnitte sind, desto mehr werden sie von Schmerzen begleitet. Mit dem Da-Vinci-Roboter sind die Schnitte klein (...). Ein weiterer Vorteil ist, dass der Roboter mit Körperteilen, die geschont werden sollen, vorsichtig umgehen kann. Das spürte ich nach dem Entfernen des Katheters. Der Schliessmuskel der Harnröhre funktionierte sofort wieder, und die Blase entleerte sich vollständig. Ich rate jedem Patienten diese Operationsmethode mit dem Da-Vinci-System zu wählen.
Auszüge eines persönlichen Briefes eines Patienten, der anonym bleiben möchte, an PD Dr. Räto T. Strebel, Chefarzt Urologie und Stv. Departementsleiter Chirurgie am Kantonsspital Chur.