Es war ein trüber Wintermorgen vor 13 Jahren, da tauchten zwei freundliche Briten vor der Redaktion auf. Sie würden gerne das neue Modell von McLaren vorführen – gäbe es Interesse? Draussen wartete ein flunderflacher Bolide in Orange, Papaya-Orange. Schon Firmengründer Bruce McLaren habe seine Rennwagen so lackiert, versicherten die beiden Briten. Fahren? Vorerst leider nur gucken, sagten sie, und schoben den Zweitürer wieder auf den Anhänger.
Der Start einer Erfolgsgeschichte: Selbst sein kryptischer Name konnte den Erfolg des MP4-12C nicht verhindern. In wenigen Jahren stieg McLaren zum Darling der Supercar-Liebhaber auf, kratzte in guten Jahren fast an der Marke von 5000 verkauften Autos. Was auch immer CEO Mike Flewitt (59) lancierte, wurde ihm aus den Händen gerissen. Jedes der bisher 17 Modelle ein Superlativ; der schnellste, stärkste oder coolste seines Segments. Ob Umstellung auf ein Alien-artiges Frontdesign mit riesigen Luftschächten um die Scheinwerfer beim 720S oder die fehlende Frontscheibe beim Elva – nichts konnte McLaren ausbremsen. Fast nichts.
Leichtbau als Schlüssel
Jetzt steht der 750S als Nachfolger des 720S parat. Coupé und offener Spider werden zusammen lanciert und mit Letzterem gehts gleich auf die Testrunde rund um die portugiesische Hauptstadt Lissabon. Unter den Schmetterlingstüren hindurch ins Cockpit fädeln und dann nicht etwa das Dach, sondern zuerst das Fenster öffnen: Die winzige Scheibe hinter den Kopfstützen der beiden erstaunlich bequemen Karbon-Sportsitze schnurrt nach unten – freie Bahn für den vollen Schalldruck aus dem Motorabteil: Fauchend erwacht der Vierliter-V8 mit neu 750 PS (552 kW) direkt hinter uns und fällt in böse grummelnden Leerlauf. Ersten Gang des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes einlegen – und los gehts.
Hinter uns eine Symphonie aus Sägen, Kreischen und Bollern aus den beiden mittigen Endrohren, vor uns zoomt sich jede Kurve blitzschnell heran. Vorwärts gehts unwiderstehlich, die Bremsen aus dem McLaren Senna packen irre zu, die Lenkung zirkelt präzise. Über zwei neue Wippschalter am digitalen Cockpit schnippt man die Konfiguration von Motor und Fahrwerk von zahm bis Rennstrecke durch. Aber je weicher die Dämpfer bleiben, desto geschmeidiger tänzelt der 750S über die poltrigen Landstrassen. Trotz des 49 Kilogramm schweren Klappdachs bleibt der 750S sechs Kilogramm unter seinem Vorgänger – vor allem auch dank der leichteren Räder.
Antrieb 4,0-Liter-V8-Turbobenziner, 750 PS (552 kW), 800 Nm@5500/min, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 2,8 s, Spitze 332 km/h
Masse L/B/H 4,57/2,06/1,20 m, Leergewicht 1326 kg, Kofferraum vorne 150 l, hinten 58 l
Umwelt Verbrauch Werk 12,2 l/100 km, 276 g/km CO₂-Ausstoss lokal, Energieeffizienz k.A.
Preis ab 332'350 Franken
Antrieb 4,0-Liter-V8-Turbobenziner, 750 PS (552 kW), 800 Nm@5500/min, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 2,8 s, Spitze 332 km/h
Masse L/B/H 4,57/2,06/1,20 m, Leergewicht 1326 kg, Kofferraum vorne 150 l, hinten 58 l
Umwelt Verbrauch Werk 12,2 l/100 km, 276 g/km CO₂-Ausstoss lokal, Energieeffizienz k.A.
Preis ab 332'350 Franken
Praktisch: Auf Knopfdruck hebt der Zweiplätzer die Front an, damit der Frontspoiler nicht über Temposchwellen kratzt. Überhaupt gibts mehr Komfort. Nappaleder oder veganes Alcantara auf Türen und Cockpit, optional spielt ein Soundsystem von Bowers & Wilkins gegen das Klanginferno aus dem Heck an. Und endlich können Navi und Bedienung auch gegen deutlich günstigere Modelle der Konkurrenz bestehen.
Höhenflug und Absturz
Aber McLaren braucht auch den Erfolg. Denn nach dem Höhenflug kam in der Corona-Pandemie der Absturz: Lieferketten brachen zusammen, die Produktion kam aus Teilemangel fast zum Erliegen, gut jeder dritte Mitarbeitende musste 2020 gehen und ohne Auslieferungen war auch finanziell bald das Limit erreicht. Über 230 Millionen Franken Verlust nur von Januar bis September 2022 – auch ein Verkauf stand zur Diskussion; Audi und BMW sollen sich schon zur Übernahme in Stellung gebracht haben. Schliesslich nahm CEO Flewitt den Hut – seit 2022 lenkt Ferraris ehemaliger Technikchef Michael Leiters (52). Mit Glück, spitzem Bleistift und zum Beispiel dem Verkauf der Klassiksammlung hielt er McLaren im Rennen.
Aber die Probleme waren auch hausgemacht, gibt ein McLaren-Sprecher zu: «Wir haben den Bogen überspannt.» Zu viele Modelle, die nicht trennscharf konzipiert waren und sich gegenseitig Kunden abjagten. Und zu viele Varianten und Sondermodelle: Coupés und Spider, verlängerte Longtail-Versionen, gleich drei parallele Einstiegsmodelle und noch ein GT als Reise-McLaren, weil die übrigen Modelle zu spitz auf Sport getrimmt waren – die Kundschaft kam kaum noch nach. Mancher Kunde kaufte sich mit P1, Senna und Speedtail gleich alle drei Hyper-Sportwagen, die McLaren seit 2013 lanciert hat. Aber irgendwann wars auch für die treuesten Fans mal genug.
Im Jahr 1966 gründete der Neuseeländer Bruce McLaren (1937–1970) seinen Formel-1-Rennstall McLaren Racing. Da war er schon ein Star: 1959 wurde er zum damals jüngsten F1-GP-Sieger und zum Vize-Weltmeister im Cooper-Team und war 1966 Mitglied jenes legendären Ford-Werksteams, das beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans (F) alle drei Podiumsplätze belegte. Im Jahr 1970 starb er bei Testfahrten auf der Rennstrecke in Goodwood (Grossbritannien).
Heute ist McLaren Racing ein Teil der McLaren Group – gemeinsam mit der 1989 gegründeten Sportwagen-Sparte McLaren Automotive. Die baute ab 1994 den raren und heute teuren Supersportwagen F1 und ab 2005 gemeinsam mit Mercedes den Mercedes SLR McLaren. Seit 2005 ist die Marke solo unterwegs und hat derzeit fünf Modelle im Programm. Der Firmensitz ist im britischen Woking.
Im Jahr 1966 gründete der Neuseeländer Bruce McLaren (1937–1970) seinen Formel-1-Rennstall McLaren Racing. Da war er schon ein Star: 1959 wurde er zum damals jüngsten F1-GP-Sieger und zum Vize-Weltmeister im Cooper-Team und war 1966 Mitglied jenes legendären Ford-Werksteams, das beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans (F) alle drei Podiumsplätze belegte. Im Jahr 1970 starb er bei Testfahrten auf der Rennstrecke in Goodwood (Grossbritannien).
Heute ist McLaren Racing ein Teil der McLaren Group – gemeinsam mit der 1989 gegründeten Sportwagen-Sparte McLaren Automotive. Die baute ab 1994 den raren und heute teuren Supersportwagen F1 und ab 2005 gemeinsam mit Mercedes den Mercedes SLR McLaren. Seit 2005 ist die Marke solo unterwegs und hat derzeit fünf Modelle im Programm. Der Firmensitz ist im britischen Woking.
Elektrisch wirds später
Der 750S soll als Volumenmodell jetzt die Basis legen, damit McLaren wieder aktiv an seiner Zukunft bauen kann. Elektroantriebe? Frühestens 2029 oder 2030. Bis dahin setzt McLaren vor allem auf Hybridisierung und Leichtbau, um den Flottenverbrauch zu senken, aber auch Erfahrung mit E-Motoren zu sammeln. Und ein SUV? Unter Mike Flewitt war das Thema tabu. Aber CEO Leiters war bei Ferrari schliesslich einer der Antreiber auf dem Weg zum Purosangue. Doch noch wagt sich niemand bei McLaren dazu aus der Deckung. Wichtig sei Konsolidierung und eine gesunde Grundlage durch stabile Verkaufszahlen – dann sehe man weiter.
Ein Schnäppchen ist der 750S Spider nicht, auch wenn er der meistverkaufte McLaren werden soll. Ab 332'350 Franken gehts los – aber allein in Karbon-Zierteile könnte man locker 37'000 Franken zusätzlich investieren.