Alles wird gut – aber richtig gut nur, wenn es Volkswagen macht: Das Marketing-Trommelfeuer am virtuellen VW-Symposium macht uns fast ein wenig benommen. Aber Trommeln gehört zum Handwerk. Und so traben an VWs Zukunftskongress «Way to Zero» VW-Manager, Politikerinnen und Experten an, um den Umschwung des Riesenkonzerns mit 660'000 Mitarbeitenden auf Elektro, Öko und Digital abzufeiern.
Tatsächlich treibt Volkswagen den Umbau zum grünen Elektro-Autobauer mit einer Vehemenz voran wie kein anderer Riese der Autobranche. Alleine bis 2025 werden 15 Milliarden Franken investiert. Ein ambitionierter, aber auch riskanter Kurs: Sollten synthetische Treibstoffe (E-Fuels) oder Wasserstoff-Brennstoffzellen es in den Mainstream schaffen, wäre der Dieselskandal dagegen ein kleineres Problem gewesen. Schon einmal hatte sich VW ganz auf eine Technologie fokussiert – Heckmotoren. Und wäre Anfang der 1970er-Jahre so fast zugrunde gegangen.
Batterie statt Brennstoffzelle
Denn Wasserstoff oder E-Fuels sind VWs Sache nicht: Wolfsburg setzt anders als etwa Toyota oder Hyundai rein auf batterieelektrische Autos. Andererseits gibt es dafür gute Argumente. Am Symposium rechnet Maximilian Fichtner (60) von der Uni Ulm (D) vor:
E-Fuels benötigten die zehnfache, ein Brennstoffzellen-Auto die vierfache Energie Well-
to-Wheel (Energiegewinnung bis Antrieb). So kämen Brennstoffzellen-Autos auf 15 bis
18, reine Stromer auf 70 Prozent Wirkungsgrad. Es stimme zwar, so Batterie-Professor Fichtner, dass die Gewinnung von Lithium (aus Salzlauge) für einen 60-kWh-Akku 5000 Liter Wasser verbrauche. Aber dies sei so viel wie für 250 Gramm Rindsfilet. VW stimmt zu: «Die Elektromobilität hat das Rennen gewonnen», sagt VW-Technikvorstand Thomas Schmall (57).
In neun Jahren sollen 70 Prozent aller neuen VWs in Europa und 50 Prozent in China und den USA rein batterieelektrisch laufen – ohne Hybride gerechnet. Dazu jedes Jahr ein neuer Stromer. ID.3 und ID.4 sind da, gerade hat der ID.4 GTX das Elektro-Sportlabel GTX eingeweiht, es folgen ID.6, ID.5, der E-Bulli ID.Buzz, der ID Space Vizzion als Aero B, eine Art Elektro-Passat mit über 600 Kilometern Reichweite, und 2026 ein Strom-Kleinwagen. Parallel zur ID-Familie entsteht Trinity: Ab 2026 soll dies der Weg zum voll digitalen, voll auf autonom getrimmten Stromer sein. Die sollen bei Audi als Limousine starten, dann will VW als erster Massenhersteller folgen. Und Laden soll so schnell werden wie Tanken!
Tiefere Preise, bessere Akkus
Einhergehen soll das schon ab nächstem Jahr damit, dass VWs Stromer preislich auf Verbrennerniveau kommen. Nicht nur günstiger, auch besser sollen die Akkus werden.
Zu Lithium-Ionen- stossen etwa günstige Lithium-Eisenphosphat-Akkus ohne Kobalt. Dann soll die Feststoffbatterie mit viel mehr Reichweite bei halber Ladezeit starten. Parallel zu neuen digitalen Businessmodellen, eigenen Akkus und eigener Software und viel Schub für Ladenetze will Volkswagen aber vor allem – wie viele Konzerne in ähnlichem Zeitrahmen – CO2-neutral werden.
«Die CO2-Bilanz des Volkswagen-Konzerns 2020 betrug 369 Millionen Tonnen. Wäre Volkswagen ein Staat, läge er auf Höhe von Grossbritannien auf Platz zehn der grössten Emittenten», begründet VW-Marken-CEO Ralf Brandstätter (52) das Ziel: «Mit Grösse und Erfolg kommt Verantwortung. Wir wollen Volkswagen bis 2050 CO2-neutral machen.» Auf dem Programm steht zum Beispiel Windkraft, um den Strom für die VW-Werke zu stellen. In Zwickau (D), wo nur noch E-VWs gebaut werden, klappt das schon.
In neun Jahren sollen dann alle VW-Werke mit Ökostrom laufen – und der CO2-Ausstoss pro VW gegenüber 2018 um 40 Prozent sinken. Und alte Akkus? In Salzgitter (D) betreibt VW schon E-Auto-Recycling, in Zukunft sollen immer 90 Prozent aller Akku-Wertstoffe wiedergewonnen werden. Klappt der Umbau nicht, hat VW ein Problem. Klappt es, vielleicht die anderen.