Sein Urahn, der gute alte Käfer, lief und lief und lief und schüttelte sich dabei im Takt seines Boxermotors. Hinkte quasi ein wenig. VWs neuer ID.3 dagegen rollt und rollt und rollt. Schnurrt auf freier Strecke selbst dann noch weiter, wenn man den Fuss vom Gas nimmt. Als hätte man die Kupplung getreten. Dabei hat er gar keine Kupplung.
Und keinen Schüttelmotor. Mit dem ID.3 startet bei VW nach einer gefühlten Ewigkeit das Abenteuer Elektromobilität, dem sich der Volkswagen-Konzern mit Haut und Haaren verschrieben hat. Fünf lange Jahre dauerte es von der Ankündigung bis zum Serienmodell. Während andere Hersteller erst mit Neuheiten herausrücken, wenn sie fast fertig sind, musste VW sofort Farbe bekennen: Nach dem Dieselskandal 2015 war eine schnelle Kursänderung angesagt, und so wurde der VW-Stromer schon kolportiert, als kaum erste Skizzen fertig waren. Von daher: Respekt, nur fünf Jahre.
Für einmal muss VW den Trend setzen
Zumal VW auch eigene Bequemlichkeit überwinden musste. Die letzten 20 Jahre schaute der Konzern den Trends hinterher, analysierte, was bei der Konkurrenz verbesserungswürdig war, und brachte dann spät gezündete Modelle, die aber in den Verkaufscharts vorbeizogen. Doch diesmal muss VW selbst ran und definieren, wie denn nun ein Volksstromer auszusehen habe. Beim Design zum Beispiel, das real rassiger ausschaut als auf Bildern.
Der Supertanker steuert um und wendet sich langfristig vom einst als Klima-Allheilmittel gesehenen Diesel ab. Bis 2025 will der Volkswagen-Konzern rund 60 Milliarden Euro in Trendthemen wie Vernetzung und autonomes Fahren stecken. Davon fliessen allein 33 Milliarden Euro in die Elektromobilität. Unter der Submarke ID soll eine ganze Stromer-Familie entstehen – vom SUV ID.4 über eine Mittelklasse-Limousine à la Conceptcar ID. Vizzion bis hin zur Serienversion der Bulli-Studie ID.Buzz ab 2022. Ihre immer gleiche technische Basis senkt dank hoher Stückzahlen Kosten. Ab Ende dieses Jahrzehnts will VW dann den Verbrenner-Ausstieg zelebrieren und keine neuen Benziner und Diesel mehr entwickeln.
Der Supertanker steuert um und wendet sich langfristig vom einst als Klima-Allheilmittel gesehenen Diesel ab. Bis 2025 will der Volkswagen-Konzern rund 60 Milliarden Euro in Trendthemen wie Vernetzung und autonomes Fahren stecken. Davon fliessen allein 33 Milliarden Euro in die Elektromobilität. Unter der Submarke ID soll eine ganze Stromer-Familie entstehen – vom SUV ID.4 über eine Mittelklasse-Limousine à la Conceptcar ID. Vizzion bis hin zur Serienversion der Bulli-Studie ID.Buzz ab 2022. Ihre immer gleiche technische Basis senkt dank hoher Stückzahlen Kosten. Ab Ende dieses Jahrzehnts will VW dann den Verbrenner-Ausstieg zelebrieren und keine neuen Benziner und Diesel mehr entwickeln.
Konkurrenten wie Nissan Leaf oder Renault Zoe werden vorne angetrieben – der ID.3 setzt auf Heckantrieb à la Käfer. Wo andere jenseitige Elektronik für mehrstufige Rekuperation zur Energierückgewinnung beim Bremsen ersinnen, bremst der ID.3 nur, wenn Abstandsradar-Sensor oder Bremspedal es befehlen. Und welcher dieselgewohnte E-Auto-Neuling weiss schon, was ein Schnittverbrauch zwischen 15,4 und 17,7 Kilowattstunden (kWh) eigentlich bedeutet? Statt x-fachen Verbrauchsanzeigen und Fahrprofilstatistiken genügen im ID.3-Cockpit daher drei Anzeigen: Tempo, Navi, Fahrassistenten. Fertig.
Je einfacher, desto besser
Der Hightech-Appeal des Fünfplätzers basiert nicht auf unzähligen Einstellungsoptionen, die er Funktionsfetischisten tief im Touchscreen dennoch bietet. Sondern auf Simplizität. «Autoscooter», werden Leidenschaftsfahrer sagen, weil der ID.3 wie an der Schnur gezogen in 7,3 oder 7,9 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt, augenblicklich meckert und gegenlenkt, wenn man dem Fahrbahnrand zu nahe kommt, und von selbst beim Annähern an den Vordermann abbremst, solange man ihn nicht mit dem Gaspedal überstimmt. «Wir wollten ein Elektroauto ohne Schnickschnack, das einem die Schwellenangst nimmt», sagt dagegen Antriebsentwickler Stefan Gruner.
Deshalb nimmt der ID.3 seinen Eignern so viele Entscheidungen ab. Einfach einsteigen ins vergleichsweise üppige Interieur, einschalten (Wo denn? Ah, hinterm Lenkrad ...), Fahrtrichtung am Kipphebel schalten und losfahren. Letzterer klemmt am digitalen Instrumentenmonitor, der sich mit der Lenksäule verstellt wie beim Mini. Vielleicht wählt man noch ein Fahrprogramm, aber der Antrieb ist selbst im Sportmodus auf Effizienz getrimmt: Beim Wechsel aufs Eco-Programm springen kaum acht Kilometer mehr Reichweite heraus. Bis zu 549 Kilometer sollen drinliegen, auch dank des Freilaufs, der lieber den Schwung mitnimmt, statt sinnlos zu rekuperieren.
Sechs Versionen zum Start
Dafür wirds beim Kauf komplizierter. Die Konkurrenz bietet einfach Elektromodelle – den ID.3 gibts zum Start in sechs Versionen (Basispreis: ab 39'450 Franken): Fünf kommen mit der mittelgrossen 58-kWh-Batterie für 420 Kilometer Reichweite, eine als Topmodell Tour mit 77-kWh-Batterie für 549 Kilometer und 125-Kilowatt-Schnellladegerät. Bei allen leistet der Heckmotor 204 PS; später werden solche mit 126 oder 150 PS und eine kleine Batterie für 330 km (Basispreis ab 32'000 Franken) folgen, sagt Gruner. «Der Motor ist immer der gleiche, die Leistung legt nur die Software fest.» Technisch könne man per Update über Mobilfunk sogar die Motorleistung kurzfristig erhöhen für die sonntägliche Passfahrt. Rechtlich allerdings nicht, weil die Leistung jedes Autos fix im Fahrzeugausweis eingetragen ist.
Motor Elektromotor 204 PS (150 kW), 310 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Heckantrieb.
Batterie 45 kWh (330 km), 58 kWh (420 km), 77 kWh (549 km).
Fahrleistungen 0–100 km/h in 7,3–7,9 s, Spitze 160 km/h.
Masse L/B/H = 4,26/1,81/1,55 m, Ladevolumen 385–1267 l.
Verbrauch Werk 15,4–17,7 kWh/100 km (entspricht 1,8–2,1 l/100 km Benzin),
0 g/km CO2 lokal (WLTP), Energie A.
Preis ab 39'450 Fr. (ID.3 «Life», 204 PS, 58 kWh)
Motor Elektromotor 204 PS (150 kW), 310 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Heckantrieb.
Batterie 45 kWh (330 km), 58 kWh (420 km), 77 kWh (549 km).
Fahrleistungen 0–100 km/h in 7,3–7,9 s, Spitze 160 km/h.
Masse L/B/H = 4,26/1,81/1,55 m, Ladevolumen 385–1267 l.
Verbrauch Werk 15,4–17,7 kWh/100 km (entspricht 1,8–2,1 l/100 km Benzin),
0 g/km CO2 lokal (WLTP), Energie A.
Preis ab 39'450 Fr. (ID.3 «Life», 204 PS, 58 kWh)
Das erste Update steht dennoch schon an: Beim Auslieferstart im Herbst werden online Smartphone-Einbindung und eine Funktion fürs Head-up-Display nachgerüstet, die nicht mehr vorzeitig integriert werden konnten. Dann wird der ID.3 in der Frontscheibe per «Augmented Reality» Abbiegepfeile einblenden. Man muss nicht einmal mehr aufs Navi schauen.
All die einfache Technik hat aber auch ihren Preis: Dem ID.3 fehlts an der kuscheligen Gemütlichkeit des VW Käfer oder VW Golf, den er wohl langfristig ablösen wird. Das könnte manchen Noch-Benzin-Fahrer vom Umstieg abhalten. Aber Elektro-Ängste wegen Hightech und Reichweite sind keine Ausreden mehr.