US-Nobelmarke zeigt ihr vollelektrisches Luxusmodell Celestiq
Cadillac greift nach den Sternen

Heckflossen und V8-Motoren waren vorgestern: Mit dem Celestiq bricht die US-Luxusmarke Cadillac in die vollelektrische Zukunft auf. Endlich ein Neustart, der funktionieren könnte.
Publiziert: 09.04.2023 um 11:10 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2023 um 11:11 Uhr
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Jetzt greift Cadillac nach den Sternen. Mit dem neuen Celestiq will die Luxusmarke des US-Autoriesen General Motors (GM) Rolls-Royce und Co. überholen.
Foto: Dan MacMedan for Cadillac
Andreas Faust und Stefan Grundhoff

Wer Cadillac sagt, denkt an blitzenden Chrom und riesige Heckflossen, die aus Fünfmeter-Karosserien in Pistaziengrün oder Pink ragen. Oder an die Tristesse der Motorcity Detroit im US-Bundesstaat Michigan. An heruntergerockte, wie mit dem Beil gestyle Limousinen und die graue Realität der 1970er-Jahre – mit dem amerikanischen Traum nur am Horizont. Kaum eine Automarke wird im öffentlichen Bewusstsein so sehr von ihrer Vergangenheit geprägt wie die Nobelmarke des US-Autoriesen General Motors (GM). Die in Europa nie wirklich Fuss fassen konnte, obwohl Cadillac alles versuchte: Neustart um Neustart verpuffte, obwohl vor wenigen Jahren sogar noch ein Dieselmotor nur für hiesige Märkte entwickelt wurde. Falsches Timing, wie so oft.

Dabei übersieht der europäische Blick: In Nordamerika war und ist Cadillac eine grosse Nummer. Und die Marke von heute hat nichts mehr am Hut mit den vermeintlich guten alten Zeiten des letzten Jahrhunderts, als man als einziger Hersteller 16-Zylinder-Motoren in Serie baute. Cadillac ist die Speerspitze von GM, eine Hightech-Marke auf Kurs Vollelektrifizierung mit dem Spirit eines Start-ups. Nicht zuletzt das Verdienst von GM-CEO Mary Barra (61), die in ihrer achtjährigen Amtszeit aus dem schwerfälligen Giganten GM einen flinken Innovator geformt hat.

Cadillac soll nach oben

Und jetzt greift Cadillac nach den Sternen. Celestiq – abgeleitet vom lateinischen celeste, Himmelskörper – heisst jene Luxuslimousine, die Bentley, Maybach und Rolls-Royce auf dem Weg gen Elektromobilität mal eben rechts überholen könnte. Das elektrische Flaggschiff soll zu Preisen jenseits rund 270'000 Franken auf der nach oben offenen Preisskala die US-Marke nach oben rücken. Und kombiniert dabei gestern und heute, Europa und Amerika, Vision und Realität. Die Proportionen sind ausladend, die Dimensionen gigantisch, und vom klassischen Style hat sich Cadillac wie schon beim Elektro-SUV Lyriq gelöst. Öffnen sich die elektrischen Türen, fällt der Blick zuerst auf eine Plakette: «Cadillac – Hand Built – Detroit». Ade Tristesse.

Den Celestiq von der Stange wird es niemals geben, jedes Fahrzeug rollt als Einzelstück im Wunsch-Outfit zur Kundin. Dabei geht die Individualisierung weit über Lack, Lederfarben oder Applikationen hinaus. Der Innenraum setzt in Sachen Aufenthaltsqualität neue Massstäbe, mit klimatisierten Massagesitzen, einem gigantischen 55-Zoll-Bildschirm und vier Displays für die Passagiere. Über deren Köpfen wölbt sich das mächtigste Glasdach der Autoindustrie, dessen Transparenz sich in vier Zonen regulieren lässt. Für maximalen Komfort des 5,50 Meter langen Fünftürers sorgen Luftfederung, elektronische Dämpfer, Allradlenkung und eine Wankstabilisierung, die über 2,5 Tonnen Gewicht im Zaum halten muss. Letzteres wäre noch höher, wären nicht viele Teile aus Alu, Karbon oder im 3D-Druck gefertigt.

Antrieb aus dem Baukasten

Beim Antrieb setzt Cadillac mit der hauseigenen Ultium-Plattform aber auf Ware von der Stange. Sie lässt sich beliebig dimensionieren und kombiniert ein Batteriepaket mit 111 Kilowattstunden (kWh) Kapazität mit 600 PS (441 kW) und 4x4. Das Gewicht setzt Grenzen, aber unter vier Sekunden auf Tempo 100 und bis zu 480 Kilometer Reichweite sollten möglich sein. Im Vergleich zum kommenden Stromer von Rolls-Royce namens Spectre mit 585 PS (430 kW) liegt der Celestiq vorn – und beim Laden mit 200 Kilowatt Leistung gleichauf.

Die Kundschaft auf dem Rücksitz dürfte es allerdings ziemlich kaltlassen, wenn der Chauffeur zehn Minuten warten muss auf den Strom für 100 Kilometer. Sie könnte sich zum Beispiel die Zeit mit dem Zählen der LED-Sternchen im Celestiq vertreiben, je nach Konfiguration sind es über 1600.

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