CEO Adrian Hallmark zur Zukunft seiner Marke
Bei Bentley fällt die Krise aus

Mit einem Gewinnsprung um 82 Prozent hat VWs Luxusmarke Bentley 2022 abermals ein Rekordjahr hingelegt. Jetzt steht die grösste Herausforderung bevor: Elektrifizierung, ohne dabei Kundschaft zu verlieren.
Publiziert: 24.03.2023 um 16:29 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2023 um 18:46 Uhr
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Rekordjahr bei Bentley: Im Jahr 2022 hat die britische Nobelmarke mit 708 Millionen Euro ihren Gewinn um 82 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert.
Foto: KELLY SERFOSS
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Luxus läuft. Im Jahr 2022 erzielte die VW-Nobeltochter Bentley ihr bestes Ergebnis aller Zeiten. Verkaufszahlen, Umsatz, Gewinn, Rendite – bei allen Kennzahlen hagelte es Rekordwerte. Mit 15'174 ausgelieferten Bentleys machte der britische Autobauer einen Umsatz von 3,38 Milliarden Euro (plus 19 Prozent gegenüber 2021), fuhr einen Gewinn von 708 Millionen Euro ein (plus 82 Prozent) und schaffte eine Umsatzrendite von 20,9 Prozent. Zum Vergleich: Die Schwestermarke Porsche hofft auf solch einen Wert erst in fünf Jahren.

Erstaunlich, gibt auch Bentley-CEO Adrian Hallmark (61) zu: «Wenn alles super läuft, kann man problemlos Rekorde erzielen. In der derzeitigen Situation ist das etwas ganz anderes.» Schon in den Corona-Jahren 2020 und 2021 hatte Bentley glänzend verdient – trotz aller Belastungen durch die Pandemie. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 sind die Gefährdung der Lieferketten und die Energie- und Materialkosten noch weiter gestiegen. «Zehn Zulieferer in der West-Ukraine fertigen für uns, vor allem Kabelbäume und Antriebskomponenten. Wäre nur einer ausgefallen, hätten wir leicht für 20 Wochen die Produktion einstellen müssen», sagt Hallmark. Dank der ukrainischen Mitarbeitenden und deren Organisationstalent habe man aber immer produzieren können.

Mehr Optionen, mehr Gewinn

Das Rekordjahr gegen alle Widrigkeiten zeigt: Bentley steht wieder glänzend da. Pleiten, Pech und Pannen bestimmten grosse Teile der 104-jährigen Unternehmensgeschichte. Zuletzt 2018: Bei seinem Amtsantritt damals habe er sich «wie bei einer Beerdigung gefühlt», gestand Hallmark im letzten Herbst dem deutschen «Manager Magazin». Damals zahlte Bentley laut dem Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer (71) bei jedem verkauften Auto rund 17'000 Franken drauf.

Hallmark führt den Umschwung auf die neue Unternehmensstrategie zurück: «Wir haben nicht einfach nur die Preise erhöht und deshalb mehr verdient.» Neue Strukturen und gesteigerte Effizienz in der Produktion hätten die Kosten gedrückt. Zudem würden vor allem teurere Modellversionen gekauft und diese noch weiter mit Sonderausstattungen aufgepeppt: «Beim ersten Continental GT vor 20 Jahren konnte man Farbe und Leder aussuchen. Heute ist die Liste an Optionen endlos», sagt Hallmark. Die entsprechenden Häkchen werden häufiger gesetzt als erwartet. Den drehbaren Monitor nehmen statt 25 nun 92 Prozent aller Kunden, spezielle Sitznähte fänden sich in neun von zehn neuen Bentleys.

Elektrisch bis 2030

All das und die hohen Stückzahlen spülen mehr Geld in die Kasse. Nur die Lackiererei als Nadelöhr bestimmt die Produktionszahlen – die Orderbücher sind so prall gefüllt, dass das Werk im britischen Crew locker mehr als rund 15'000 Autos im Jahr bauen könnte. Die hauseigene Mulliner-Abteilung zur Veredelung nach Kundenwunsch steuere zwar weniger als fünf Prozent zum Umsatz bei, aber sie nehme heute fünfmal mehr ein als vor drei Jahren. Mulliner baut auch Sondermodelle in Mini-Auflagen wie Bacalar oder Batur oder Wiederauflagen alter Bentleys aus den 1930ern – mit historischer Technik und nur so viel Modifikation, wie heutige Motorsport-Reglemente verlangten.

Hallmark weiss: «Wir werden nicht immer weiter wachsen.» Aber das gute Ergebnis helfe dabei, sich für die kommenden drei Jahre gut aufzustellen. Ab 2026 soll dann schrittweise auf Plug-in-Hybride und Elektroantriebe umgestellt werden. Dabei werde eine fünfte Modellreihe zu den bestehenden vier – Continental GT Coupé und Cabrio, Flying Spur und Bentayga – hinzukommen. Interpretiert man Hallmarks Anspielungen richtig, will Bentley zusätzlich wieder zurück ins absolute Luxussegment. Technisch sollen die Stromer auf einer gemeinsamen Plattform mit Porsche stehen. «Wir wollen alles», sagt Hallmark: «Tempo, Reichweite und bequemes Laden.» Deshalb werde Bentley als eine der letzten Marken sein erstes E-Modell lancieren, aber es dann «richtig machen». Mit 600 Kilometern sollen die Elektro-Bentleys vergleichsweise so weit wie Verbrenner kommen; das Aufladen von zehn auf 80 Prozent solle in längstens 20 Minuten erledigt sein. Ab 2030 werde dann Elektroantrieb Standard bei Bentley sein.

Fertig Zwölfzylinder

Das heisst auch: Schluss für den legendären W12-Benziner mit vier Zylinderbänken zu je drei Zylindern. Im April kommenden Jahres soll der letzte montiert werden – nach über 110'000 Exemplaren: «Wir haben mehr Zwölfzylinder gebaut als der Rest der Autobranche insgesamt», grinst Hallmark und will die 24 letzten W12 in besonderen Modellen verkaufen. Wären E-Fules eine Möglichkeit zum Fortbestehen des W12? «Wir haben global zwei Milliarden Autos auf der Strasse, von denen es viele noch für Jahrzehnte geben wird. Für diesen Altbestand sind E-Fuels eine Möglichkeit zur CO2-Reduktion. Aber sie sind kein Grund, sich von der Elektrifizierung abzuwenden», sagt Hallmark. Rund 60 Prozent der Bentley-Kunden wollten laut Umfragen in den nächsten fünf Jahren ein Elektroauto kaufen. «Da wollen wir nicht länger als nötig der alten Technik nachhängen.»

Problematisch sieht Hallmark nur die nötigen parallelen Investitionen in die E-Mobilität und in die bestehenden Verbrenner, um den künftigen Abgasstandard Euro 7 zu erfüllen: «Wir müssen in 18 Monaten Anpassungsarbeiten schaffen, für die wir sonst vier Jahre veranschlagen würden», sagt Hallmark zur im Juli 2025 anstehenden Abgasnorm-Verschärfung.

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