Neuer Ferrari 12 Cilindri: Frisches Design à la Science Fiction
Der bleibt in der Familie

Kein Turbo, keine Elektrifizierung: Mit dem neuen 12 Cilindri setzt Ferrari auf einen klassischen Zwölfzylinder mit 830 PS – und Futurismus beim Design.
Publiziert: 05.05.2024 um 11:04 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2024 um 12:32 Uhr
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Sonst feiert Ferrari die Enthüllung eines neuen Modells immer im heimischen Maranello (I). Aber der neue Nobelsportler der Traditionsmarke feierte seine Premiere in Miami im US-Bundesstaat Florida.
Foto: Zvg

Auf einen Blick

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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Wenn am Sonntagabend der Formel-1-Grand-Prix von Miami startet, dürften sich einige Ferrari-Fans längst als Sieger fühlen. Schon seit einer Woche feiert die Ferrari-Familie – Kunden, Sammler, die Unternehmensleitung – ihre Lieblingsmarke. Die Familie? «Wer einen Ferrari kauft, wird damit Mitglied einer ganzen Familie», sagt Marketingchef Enrico Gallieri. Das Auto als Eintrittskarte zu einem exklusiven Club. Zu Zeiten des Firmengründers Enzo Ferrari (1898–1988) finanzierten die Strassensportwagen den Rennstall, heute öffnet der Besitz eines Ferraris den Kunden die Möglichkeiten.

Für einige Glückliche dürfte allerdings nicht das Rennen den Höhepunkt ausmachen. Sonst zieht Ferrari ohne grosse Vorankündigung im heimischen Maranello (I) das Tuch von neuen Modellen – und schwupp, da steht es dann. Diesmal wagte sich die Marke aus den Werksmauern, enthüllte den neuen Ferrari 12 Cilindri als Überraschungscoup in Miami und legte einigen Kunden – vielmehr: Familienmitgliedern – gleich ein Formular zur Bestellung vor. Auch wenn der Nachfolger des 812 Superfast nicht limitiert ist – wer zaudert, muss lange auf sein Auto warten.

Zwölf Zylinder statt Elektrifizierung

Während der Grossteil der Autoindustrie gerade hektisch elektrifiziert, folgt Ferrari seiner eigenen Strategie. Statt die Modelle nach Preisschildern zu sortieren, gilt «Für jeden Kunden den genau passenden Ferrari». Der 12 Cilindri liegt dabei genau in der Mitte zwischen den Komfort-Modellen Roma und Purosangue und den harten Sportlern 296 GTB/GTS und SF90. «Ein Auto für Kunden mit Liebe zur Markenhistorie und zum klassischen Zwölfzylinder», sagt Gallieri.

Deshalb müssen Turbolader und Elektromotoren draussen bleiben: Die zwölf Zylinder des – nomen est omen – 12 Cilindri und ihr Hubraum von üppigen 6,5 Litern sind ganz allein für die Leistung von 830 PS (611 kW) verantwortlich. Reduzierte Reibung, Innovationen in der Abgasanlage und Leichtbau sollen für flinkes Hochdrehen bis auf 9500 Touren pro Minute sorgen – und für den Spurt auf Tempo 100 in knapp unter drei Sekunden. Enzo Ferrari hätte das gefallen: «Bei Ferrari gehts nicht um Geschwindigkeit – sondern um unmittelbar einsetzende Geschwindigkeit», sagte er 1986 in einem Interview.

Ferrari 12 Cilindri Spider

Antrieb 6,5-Liter-V12-Benziner, 830 PS (611 kW), 678 Nm@7250/min, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 2,95 s, Spitze über 340 km/h
Masse L/B/H 4,73/2,18/1,29 m, Leergewicht 1620 kg, Kofferraum 200 l
Umwelt Verbrauch, CO₂ und Energieeffizienz noch nicht bekannt
Preis ca. 435'000 Franken

Antrieb 6,5-Liter-V12-Benziner, 830 PS (611 kW), 678 Nm@7250/min, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 2,95 s, Spitze über 340 km/h
Masse L/B/H 4,73/2,18/1,29 m, Leergewicht 1620 kg, Kofferraum 200 l
Umwelt Verbrauch, CO₂ und Energieeffizienz noch nicht bekannt
Preis ca. 435'000 Franken

Science-Fiction aus Italien

Das Motorenkonzept bleibt klassisch – schon Ferraris erster Strassensportler trug einen V12, wenn auch mit bescheidenen 1,5 Litern Zylinderinhalt. Aber bei der Optik ging Design-Chef Flavio Manzoni ganz neue Wege. Blick durfte mit ihm schon vorab ums Auto laufen. Statt sich die Anregung bei den hinreissenden Ferrari-Schönheiten der 1950er- und 1960er-Jahre zu holen, schaute er Science-Fiction-Filme. Die fugenlose Ästhetik von Stanley Kubricks «2001: Odyssee im Weltraum» oder die Architektur des Brasilianers Oscar Niemeyer (1907–2012) lieferten ihm mehr Anregungen als der Blick ins Werksmuseum.

So ganz konnte er sich dann doch nicht von der Tradition lösen: Die flache Front mit dem schwarzen Visier zwischen den Scheinwerfern erinnert an den 365 GTB/4 Daytona, die Fenstergrafik wie bei einer Flugzeugkabine an die Studie Modulo (siehe Box). «Futurismus, aber mit einem Zwinkern in die Vergangenheit», nennt Manzoni sein Konzept.

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Anleihen bei der Aviatik

Musste er Zugeständnisse an die Techniker machen? «Schauen Sie den Radar in der Front an – der geht gar nicht», sagt Manzoni. Aber die Position des Kontrollschilds und der Abstrahlwinkel des Radars hätten ihm keine andere Wahl gelassen. Und wie haben CEO Benedetto Vigna und seine Vorstandskollegen auf die neue Designlinie reagiert? «Sie sagten: Spannend – aber du bist der Experte», erzählt Manzoni mit einem Grinsen. Durchgesetzt hat sich Manzoni auch beim Thema Heckspoiler: «Weg damit. Wie der Name schon sagt: Er verdirbt das Design.» Stattdessen sorgen jetzt verstellbare Flaps wie bei Flugzeugen rechts und links der Heckklappe für ausreichenden Abtrieb und optimieren die Traktion des heckgetriebenen 12 Cilindri.

Auch im Interieur gibts mit dem symmetrischen Cockpit mit Hutzen-bewehrten Screens für Fahrer und Beifahrer Anleihen an die Aviatik. Neu lassen sie Klima und Infotainment auf einem dritten Touchscreen in der Mitte bedienen – Zugeständnis an den Komfortanspruch, den der 12 Cilindri bei aller Leitung erfüllen soll. Dank des Front-Mittelmotor-Konzepts, bei dem der V12 vorne hinter der Vorderachse eingebaut wird für optimale Gewichtsverteilung, bleiben im Heck sogar noch 270 Liter Volumen fürs Gepäck frei.

Spider und Coupé starten gleichzeitig

Ebenfalls ein Novum bei der Enthüllung des Zweisitzers: Auch vom Spider wurde das Tuch gezogen. Sein L-förmiges Klappdach faltet sich hinter den Sitzen zusammen und trotz 60 Kilogramm Mehrgewicht für Mechanik und Nackenheizung soll der offene V12 nur fünf Hundertstelsekunden langsamer beschleunigen als das Coupé. Keine Angst, dass sich die Kunden nur für eine Version entscheiden, statt erst das Coupé und dann noch einen nachgelegten Spider zu kaufen? «Nein, wir rechnen so mit neuen Kunden, die gleich zum Spider greifen. Und so lässt sich besser planen», sagt Gallieri. Vor allem wenns um Budget der Kundschaft geht: Im Euro-Raum muss man fürs Coupé mit 395'000 Franken rechnen, der Spider kostet nochmals zehn Prozent mehr.

Die Auslieferungen sollen im vierten Quartal beginnen. Und wie gehts weiter bei Ferrari? Ende 2025 soll der erste reine Stromer der Marke starten. Zu Konzept und Form lässt sich Manzoni noch nichts entlocken – und auch das Design des 12 Cilindri gäbe noch keinen Hinweis auf die Optik. «Ein Elektroauto hat ganz andere Funktionalitäten – und muss deshalb anders aussehen», sagt Manzoni. Dabei stünde der Futurismus des 12 Cilindri auch einem Stromer nicht schlecht.

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