Vom Bruder aus dem Ostblock zum Konkurrenten: Seit 30 Jahren gibts Skoda in der Schweiz und immer wieder ärgerte die Volkswagen-Konzernmarke ihre grosse Schwester VW. Obwohl beide ihre Modelle auf der gleichen Technik aufbauen! Aber: Skodas sind immer einen Tick grösser als die entsprechenden VW-Modelle, einen Tick günstiger und wirken bodenständiger. Der Lohn: Im Jahr 2017 kickte der Skoda Octavia den VW Golf von der Spitze der Schweizer Verkaufscharts.
Aber sind das die einzigen Gründe? Audi Q4 E-Tron, Skoda Enyaq iV und VW ID.4 – sie alle basieren auf dem gleichen Technik-Konzernbaukasten und treten im SUV-Segment an. Ende Oktober startet bei uns die Coupé-Version des Enyaq – und gleich als 299 PS starke RS-Sportversion ab 61'650 Franken. Technisch fadengrad das gleiche Auto wie der Dauertester VW ID.4 GTX der Blick-Autoredaktion. Der ist zwar kein Coupé – aber als ID.5 GTX wirds auch das bald geben. Schauen wir mal genauer hin: Was macht Skoda beim gleichen Auto eigentlich anders? Und: Machts das besser?
1. Länge läuft
Grösster Unterschied zwischen Audi, Skoda und VW ist der Radstand: Da stehts 4,59 zu 4,65 zu 4,58 Metern – Vorteil Skoda! Auch bei den Stromern greift die tschechische VW-Tochter zum bekannten Rezept «Mehr Zentimeter für weniger Geld».
2. Gut beschirmt
Das gibts nur bei Rolls-Royce – oder bei Skoda: Seit dem ersten Superb steckt der Schirm in der Fahrertür. Seltsamerweise hats noch niemand kopiert – nicht einmal die anderen Marken im VW-Konzern.
3. Zähne zeigen
Als ob das Auto breit grinsen würden: Beim Enyaq iV RS gibts per LED beleuchtete Quer- und Längsrippen im Pseudo-Frontgrill. Den braucht ein E-Auto zwar nicht, aber für den Wiedererkennungswert im Dunkeln ist das Grinse-Gebiss natürlich entscheidend. Aber verträgt die eher rational tickende Skoda-Stammkundschaft so viel Spielerei?
4. Wohlfühl-Cockpit
Im VW wirkts reduziert, im Audi schauts nach Hightech aus. Und im Enyaq? Überraschend konventionell! Und das ist vielleicht gut so. Weils kaum Unterschiede zu Verbrenner-Autos gibt, gemütlich ist und die Schwelle zur E-Mobilität einen Tick gesenkt wird. Bloss ists halt nicht so innovativ wie das Interieur in manchem Concept Car.
5. Richtige Haltung
Im VW neigt sich der zentrale Touchscreen, der nahezu alles bedient, zur Fahrerin. Praktisch, weil sie so auch in der äussersten Ecke noch tatschen kann. Im Skoda steht er dagegen aufrecht, die Bedienoberfläche ist anders aufgebaut – und der Beifahrer kann leichter die Musik wechseln.
6. Bitte Umdenken
Bei VW rechts, bei Skoda links und andersherum: Im ID.4 wird rechts die Lautstärke geregelt über berührungsempfindliche Flächen – die man nicht immer richtig trifft. Im Skoda ists links, was solls. Aber die Drehrädli für die Lautstärke sind leichter zu bedienen.
7. So macht man Tempo
In vielen neuen Autos wird der Tempomat mit Touchflächen, Lenkradtasten oder Slidern bedient. Und bei Skoda? Gibts wie seit Generationen den guten alten Hebel links an der Lenksäule. Bei dem weiss man noch auf Anhieb, wie man ihn bedient.
8. Drücken statt Tatschen
Auf den ersten Blick gibts auch im VW eine Tastenleiste – aber dort sinds berührungsempfindliche Flächen statt guter alter Mechanik. Für einige Funktionen wie Klimamenu oder Fahrmodus kann man im Enyaq noch flugs auf die Taste drücken.
9. Vorwärts statt rückwärts
Der Getriebewählhebel ist eine aussterbende Spezies – weils kaum noch manuelle Schaltungen gibt und auch bei Automatik längst mit niedlichen Joysticks oder über Tasten die Fahrtrichtung gewählt wird. Auch im Enyaq – während man im VW Eingewöhnung braucht, bis man zielsicher zum Getriebeschalter neben den Instrumenten greift.
10. Immer gut informiert
Im ID.4 zeigts auf dem Screen nur das Nötigste an – cool, man braucht ja auch nicht viele Infos bei einem Elektroauto. Im Enyaq steckt die gleiche Anzeige in einem Instrumentenbrett alter Schulde. Als ob das Cockpit um den Monitor herumgewachsen wäre. So siehts noch traditionell aus.
11. Her mit der Energie
Rekuperation, also die Rückgewinnung von Energie beim Bremsen, ist ein effizienzsteigernder Pluspunkt bei jedem E-Auto. Aber es gibt Unterschiede, wie man sie aktiviert: Beim ID.4 gehts automatisch, je nach Tempo und sogar vom Abstandsradar beeinflusst, damit man rechtzeitig zum Stehen kommt. Zusätzlich gibts die Fahrstufe B mit erhöhter Rekuperation. Beim Enyaq kann man dagegen auch an Paddles am Lenkrad ziehen – links mehr, rechts weniger Rekuperation. Wie mans mag.
Fazit
Skoda und VW wollen das gleiche – das Fahren eines Elektroautos soll so einfach wie möglich sein, damit sich selbst Skeptiker überzeugen lassen zum Umstieg. In VWs ID-Modellen nehmen die Autos den Fahrerinnen möglichst viel ab – man muss kein Elektro-Nerd sein, um durchzublicken.
Skoda machts dagegen einfach, indem es im Skoda-Cockpit fast so zugeht wie in einem Verbrenner-Modell. Klar, sind Interieur und Bedienung vor allem Geschmackssache. Aber vielleicht auch ein Grund, dass Skodas Enyaq in der Verkaufsstatistik bis Ende April rund 240 Exemplare vor VWs ID.4 liegt.