Trendsetter müssen manchmal stark sein. Wer frühe Elektroautos fahren wollte, riskierte für die Liebe zum Fortschritt oft scheele Blicke. Nissans Leaf, BMWs i3 oder Opels erster Ampera wagten optisch mehr, als der Massengeschmack akzeptieren mochte.
Gut, gibts jetzt Normalo-Stromer. Elektroautos, die nicht auf jedem Zentimeter «Ich bin total anders!» schreien. Aber keines der neuen E-Modelle aus dem VW-Konzern ist so normal wie Audis Q4 E-Tron. VW verbannt Tasten und wird ungewohnt karg im Interieur, Skoda macht auf Bling-Bling und beleuchtet optional den Kühler seines Enyaq. Und Seats Tochter Cupra faltet das Karosserieblech, bis man definitiv keine Verwandtschaft mehr zu den Konzern-Schwestermodellen sieht.
So schaut ein Audi halt aus
Grosser Frontgrill als Andeutung, obwohls den bei Elektroantrieben nicht braucht. Spielereien in der Lichtgrafik bis hin zum wählbaren Tagfahrlicht. Und das Blech-Origami der Q4-Karosserie sitzt. Normal, wie gewohnt. Bloss das Wetter ist es heute nicht, es giesst aus Kübeln, weshalb wir im Topmodell 50 Quattro zwar auf Testrunde rund um Kloten gehen, das Auto aber lieber im The-Circle-Parkhaus genauer angucken.
Antrieb 2 E-Motoren, 299 PS (220 kW), 162+310 Nm, 1-Gang-Automat, Allrad, Akku brutto/netto 82/77 kWh
Fahrleistungen 0–100 km/h in 6,2 s, Spitze 180 km/h (lim.), Reichweite WLTP 488 km
Masse L/B/H 4,59/1,87/1,61 m, 2140 kg, Laderaum 520–1490 l
Umwelt Verbrauch WLTP 18,0 kWh/100 km (entspricht 2,0 l/100 km Benzin) = 0/0 g/km CO2, Energie A
Preise ab 61'850 Fr., Basis (170 PS, RWD) ab 47'800 Fr.
Antrieb 2 E-Motoren, 299 PS (220 kW), 162+310 Nm, 1-Gang-Automat, Allrad, Akku brutto/netto 82/77 kWh
Fahrleistungen 0–100 km/h in 6,2 s, Spitze 180 km/h (lim.), Reichweite WLTP 488 km
Masse L/B/H 4,59/1,87/1,61 m, 2140 kg, Laderaum 520–1490 l
Umwelt Verbrauch WLTP 18,0 kWh/100 km (entspricht 2,0 l/100 km Benzin) = 0/0 g/km CO2, Energie A
Preise ab 61'850 Fr., Basis (170 PS, RWD) ab 47'800 Fr.
Beim Interieur schwärmen Autodesigner von neuen Freiheiten, die der E-Antrieb beschert: Einen flachen Boden, unter dem sich die Batterie verbirgt, und tatsächlich gibt es im Q4 schwebende Ablagen. Aber auch konventionelle statt extravagante Sitze, eine Klimaanlage mit Tasten statt Touchscreen-Untermenü und sogar der Schalter für die Fahrtrichtung sitzt in der Mittelkonsole, statt wie bei VW an den Instrumenten zu kleben. Dazu üppiger Platz wie in einem Fünfmeter-SUV. Wer hier einsteigt, merkt nicht mal auf den zweiten Blick, dass er in einem Elektroauto sitzt. Sondern hats vor allem – gemütlich.
Tönt nach gartenzwergigem Bünzlitum. Aber es trifft im Kern, was wir von einem Raum erwarten, in dem wir oft einige Stunden am Stück verbringen. Die Bedienung hat auch im Griff, wer sonst nur Verbrenner kennt – auch deren Menüs im Infotainment sind manchmal etwas gar vollgepackt. Praktisch: Das abgeflachte Lenkrad, das unten den Knien mehr Raum lässt.
Der Allrad machts dynamisch
Schalter auf D und raus ins Huddelwetter. Natürlich tönen die 299 PS aus zwei Motoren nicht wie ein Verbrenner – aber auch nicht wie Captain Kirks «Enterprise». Wer Elektro kauft, will Stille. Im Stadtverkehr schwimmen wir im Rekuperationsmodus B mit: Statt zu bremsen, nimmt man den Fuss vom Fahrpedal und der Audi rekuperiert. Mit Übung könnte man ohne mechanische Bremse fahren, aber leider packt die Rekuperation nicht ganz so fest zu – manchmal brauchts noch die Bremse, um vor dem Rotlicht zum Stehen zu kommen. Alternativ, aber dezenter als im B-Modus, lässt sich dreistufig über die Schaltwippen am Lenkrad rekuperieren.
Das Eco-Programm legt gefühlt die Hälfte der Pferdestärken schlafen, in Dynamic wird der Antrieb giftig direkt und auch die Vorderachse spürbar öfter zugeschaltet. Mit dem Werksverbrauch wurde es so leider nichts: Rund 23 Kilowattstunden je 100 Kilometer zogen die Motoren auf der Runde aus der Batterie. Die lässt sich mit 125 Kilowatt (kW) Gleichstrom in zehn Minuten mit Strom für 130 Kilometer versorgen. Mit bis zu 11 kW im Wechselstromnetz gehts natürlich länger.
Topversion als begehrtestes Modell?
Für die Allrad-Topversion erwartet Audi bei uns die grössten Verkaufszahlen. Die Schweiz liebt 4x4 – normal. Grosser Vorteil sind die dann möglichen 1,2 Tonnen Anhängelast, denn viele E-Autos dürfen gar nichts ziehen. Ein Tesla-Jäger? Nein, und darum gehts auch nicht: Audis Q4 ist bei Funktionalität, Bedienung und Anmutung so nah wie möglich am Verbrenner, um niemanden zu überfordern, wenn er sich schon an den Elektroantrieb gewöhnen muss. Das niedrigschwellige Angebot für die, die sich noch nicht an E-Mobilität herangetraut haben.
Ganz so niederschwellig aber eben auch nicht: Wer sich das Start-Sondermodell namens Edition One gönnen will, legt bei der Topversion ab 61'850 Franken nochmals mindestens 11'690 Franken drauf. Und es gibt eine üppige Optionenliste, vom Sportfahrwerk über adaptive Dämpfer bis zur Wärmepumpe. Aber auch das ist – normal.