Rekordverdächtig
So fett verdient die Autoindustrie nach Corona

Im letzten Jahr kränkelten die Autohersteller in der Corona-Krise. Doch Ende Juni dieses Jahres siehts bei vielen Marken dank Rekordergebnissen und fetten Zuwächsen wieder rosig aus – oder doch nicht so ganz?
Publiziert: 06.08.2021 um 04:25 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2021 um 17:35 Uhr
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So fett verdient die Autoindustrie nach Corona: Vor allem die Nobelmarke Ferrari hat mächtig zugelegt und im zweiten Quartal 2021 satte 224 Millionen Franken verdient.
Foto: Ferrari
Andreas Faust

Krise, Probleme, Sparprogramme – wenn es in den letzten 18 Monaten um die Autoindustrie ging, dann meist um diese Begriffe. Zuerst stoppte die Corona-Pandemie die Produktionsbänder im Lockdown, kappte danach die Lieferketten und drückte zudem die Kauflust. Das Minus auch im Schweizer Automarkt fiel 2020 historisch heftig aus.

Aber auch, nachdem die heftigsten Corona-Folgen bewältigt sind, kommt die Branche nicht zur Ruhe. Jetzt sorgt der Mangel an Halbleiterbauteilen für Produktionsstopps und steigen aufgrund global hoher Nachfrage die Preise für Rohstoffe oder zum Beispiel Pneus. Dennoch: Manche Marke verdient bereits wieder richtig üppig – teils sogar auf höherem Niveau als vor Corona! Dies zeigen die Zahlen des zweiten Quartals von April bis Juni.

Ferrari erlebt Mega-Boom

Top-Scorer der Branche: Ferrari. Der Hersteller von Edel-Sportwagen lieferte fast doppelt so viele Autos aus wie im Vorjahres-Quartal, der Umsatz stieg um 81 Prozent auf 1,07 Milliarden Franken. Machte 224 Millionen Franken Gewinn nach gerade mal neun Millionen zwischen April und Juni 2020. Auch bei BMW lief es mehr als rund mit einem Umsatzplus von 43,1 Prozent auf 30,7 Milliarden Franken und einem operativen Gewinn von rund 5,4 Milliarden. Obwohl fehlende Halbleiter die Produktion von rund 90'000 Autos verhinderten, schaffte der Münchner Autobauer ein Lieferplus von 45 Prozent.

Auch Konkurrent Mercedes machte 44 Prozent Plus beim Umsatz auf 46,7 Milliarden Franken und verkaufte 36 Prozent mehr Autos. Aber: Kostenseitig ist der Konzern nicht so gut aufgestellt wie BMW – nur vier Milliarden Franken Gewinn sprangen heraus.

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Toyota bleibt der Grösste

In Japan startet das Geschäftsjahr erst am 1. April – deshalb schauen Toyota und Mazda auf ihr erstes Quartal 2021 zurück. Toyota blieb weltgrösster Autobauer mit 2,76 Millionen gebauten Autos (VW: 2,55 Millionen im gleichen Zeitraum), machte 65,5 Milliarden Franken Umsatz (+ 75%) und 7,4 Milliarden Franken Gewinn. Die US-Autobauer General Motors und Ford rechnen auf das erste Halbjahr und liegen im Vergleich zum Vorjahr auf Erfolgskurs: Bei Ford ging es in Europa leicht zurück, aber global wurden 430 Millionen Franken verdient. General Motors hat seinen Umsatz verdoppelt auf 31 Milliarden Franken und holte 2,54 Milliarden Reingewinn.

Auch die Konzerne Renault, Stellantis und Volkswagen veröffentlichten Zahlen zu den ersten sechs Monaten 2021. Renault steht nach Gesamtverlusten von 8,5 Milliarden Franken im Corona-Jahr 2020 wieder im Plus: Der Umsatz legte um 26,8 Prozent zu auf 25,1 Milliarden zu – 380 Millionen Franken Gewinn.

Volkswagen und Stellantis sahnen ab

Im Volkswagen-Konzern knallten dagegen die Sektkorken: Rekordgewinn! Mit 12,24 Milliarden Franken hat der Konzern noch nie in einem ersten Halbjahr so viel verdient. Der Umsatz stieg um 35 Prozent auf rund 140 Milliarden. Die Marke VW steuerte zum Gewinn 1,93 Milliarden Franken bei, Skoda 1,04 und Audi 4,16 Milliarden. Porsche machte bei einem Rekordabsatz von rund 154'000 Autos rund 3 Milliarden Franken Gewinn – ein Plus von 127 Prozent.

Der 14-Marken-Konzern Stellantis schaffte im ersten Halbjahr 2021 fast 81 Milliarden Franken Umsatz und 9,23 Milliarden Gewinn. Damit liegt der Konzern mit 11,6 Prozent weit über den von CEO Carlos Tavares angepeilten 7,5 Prozent Rendite. Und das, obwohl wegen Halbleitermangel rund 700'000 Autos im Konzern nicht gebaut werden konnten.

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Trotzdem läuft es nicht rund

Also alles super in der Autoindustrie? Nicht ganz. Die prozentualen Zuwächse beziehen sich auf die massiv reduzierten Umsätze im Corona-Jahr 2020. Gewichtige Gewinnanteile dürften auch aus Sparmassnahmen während der Corona-Krise resultieren, etwa bei Renault. Und schliesslich ist der Umbau der Autoindustrie hin zur weniger personal- und kostenintensiven Entwicklung und Produktion von Elektroautos in vollem Gange. Bei Audi beispielsweise sind seit Anfang 2020 schon 4500 Stellen weggefallen, bis 2023 sollen es 9500 weniger werden.

Und schliesslich landen die Gewinne nicht auf der hohen Kante oder im Säckel der Aktionäre, sondern werden dringend gebraucht für die Investitionen in Elektromobilität und Digitalisierung. Wenn – wie von Analysten erwartet – die Halbleiter-Krise auch 2022 noch anhalten wird, dürfte das die Investitionsbudgets einiger Konzerne und damit ihren Umbau massiv belasten.

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