Mit 23’432’840 verkauften Neuwagen war China im vergangenen Jahr wieder mit Abstand der grösste Marktplatz der Welt (zum Vergleich Schweiz: 236’828). Da gebietet es Autoherstellern alleine der betriebswirtschaftliche Menschenverstand zu wissen, was die Kunden aus dem Reich der Mitte wollen. Wie sie etwa über E-Mobilität oder autonomes Fahren denken. Denn da unterscheiden sich die Chinesen teilweise deutlich vom Rest der Welt, wie eine Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little bei weltweit über 8500 befragten Personen zeigt.
Zunächst: Ist das eigene Auto ein Auslaufmodell? Nein! Für 43 Prozent der befragten Chinesen wird ein eigenes Auto auch in zehn Jahren wichtiger sein, als es bislang war. Das eigene Auto ist weiterhin Statussymbol in China: Manche Chinesen kaufen gerade erst ihr erstes und messen diesem dementsprechend Bedeutung bei. Aber auch der Rest der Welt sieht mit 46 Prozent das eigene Vehikel unverändert als wichtig an. Corona spielt dabei eine Rolle. «Mit dem Auto haben die Menschen ihre eigene Social-Distancing-Transportblase», sagt Klaus Schmitz, Experte von Arthur D. Little. «Die Nachfrage nach Autos wird weiterhin hoch bleiben.» Auch wenn das Geld nicht mehr so locker sitzt wie vor der Pandemie: 32 Prozent aller Befragten, die 2020 ein Auto kaufen wollten, haben diese Entscheidung auf die lange Bank geschoben. 14 Prozent wollen sich ein kleineres Fahrzeug und rund fünf Prozent gar kein neues Auto kaufen.
Chinesen nutzen Mobilitätsdienstleistungen
Nächster grosser Trend sind Mobilitätsdienstleistungen, wenn man den Autobauern glaubt. Während Europäer und Amerikaner diesen Konzepten skeptisch gegenüberstehen, sind die Chinesen offener. Die Studie zeigt: 70 Prozent von in Städten lebenden Chinesen nutzen «Ride-Hailing»-Angebote wie Uber, Didi oder Lyft. 53 Prozent setzen sich gar gemeinsam mit anderen ins Auto, während 37 Prozent das Auto selbst mit einem anderen Fahrer teilen würden. Zum Vergleich: 48 Prozent der befragten Europäer haben noch nie eines der neuen Mobilitätsangebote genutzt. Eklatant ist auch der Unterschied bei den Präferenzen für solche Dienste: Während für Chinesen die Flexibilität wichtig ist, wollen es die Europäer möglichst günstig.
Interessant: 43 Prozent der befragten Chinesen würden auch in einem Robo-Taxi fahren. Womit wir beim autonomen Fahren wären. Dem sehen Chinesen deutlich optimistischer entgegen als Europäer und Amerikaner: Während in Europa lediglich 28 und in den USA nur 26 Prozent in solch ein Auto steigen würden, stehen in China 71 Prozent dieser Technologie positiv gegenüber. Mehr als drei Viertel aller befragten Chinesen würden selbst ein autonom fahrendes Auto kaufen – obwohl 62 Prozent Angst vor dem Versagen eines solchen Fahrzeugs hätten ...
Gleiche Kritikpunkte bei der E-Mobilität
Bei der E-Mobilität wird im Reich der Mitte das Gleiche kritisiert wie im Rest der Welt: Am häufigsten genannt werden die kurze Lebensdauer der Akkus und die lange Ladezeit. Geladen wird in China vor allem zu Hause (50 Prozent) und am Arbeitsplatz (29 Prozent). Öffentliches Laden spielt dort noch eine untergeordnete Rolle. Damit verknüpft ist natürlich auch das Thema Reichweite. Hier geben sich die Chinesen mit mindestens 500 Kilometern zufrieden. Wohl eine Folge davon, dass die E-Mobilität dort vor allem in den gigantischen Metropolen eine wichtige Rolle spielt. In Europa erwarten die Kunden allerdings 600 bis 700 Kilometer, in Amerika mindestens 700 Kilometer Reichweite.
Bei der Wertschätzung von Automobil und E-Mobilität ist man in Asien und im Rest der Welt auf ziemlich ähnlicher Linie. Künftiger Robo-Technik oder neuen Mobilitätsdienstleistungen sehen chinesische Kunden dagegen viel offener entgegen als Europäer oder Amerikaner.