Diskussionen im Vorfeld der Europawahl im Juni
Kippt das EU-Verbrennerverbot?

Im Juni wird das Europäische Parlament neu gewählt. Könnte danach das 2023 beschlossene Verbot für Verbrennungsmotoren in der Europäischen Union gekippt werden? Ein deutscher Europapolitiker formuliert das als sein Ziel.
Publiziert: 09.02.2024 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 14.02.2024 um 12:06 Uhr
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Im Juni wählt die Bevölkerung der Europäischen Union (EU) ein neues Parlament. Was passiert danach mit dem EU-Verbrennerverbot ab 2035?
Foto: Keystone
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Im Juni 2023 schien das Aus des Verbrennungsmotors in Europa besiegelt. Damals beschlossen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) im Rat der Umweltminister ein Verbot für die Neuzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ab dem 1. Januar 2035. Das Verbrennerverbot war dabei Teil einer Reihe «grüner» Massnahmen, die Wirtschaft und Gesellschaft der EU bis 2050 zur kompletten CO₂-Neutralität führen sollen. Und auch an der Schweiz wird dieses Verbot nicht vorbeigehen – denn Schweizer Neuwagen müssen EU-Richtlinien erfüllen. Damit wären Neufahrzeuge mit Benziner oder Diesel ab 2035 auch bei uns tabu.

Doch nun scheint diese Entscheidung nicht mehr in Stein gemeisselt. Im Vorfeld der Neuwahlen zum Europaparlament (EP) vom 6. bis 9. Juni stellen vor allem konservative Europapolitiker das Verbrenner-Aus wieder infrage. Allen voran wagt sich der Deutsche Manfred Weber (51, CSU) aus der Deckung. Der Ex-EU-Parlamentspräsident und heutige Vorsitzende der Fraktion der Europäischen Volkspartei EVP im Europaparlament kündigte an: «Wenn meine Fraktion nach der Europawahl eine Mehrheit herstellen kann, werden wir das vom Europäischen Parlament in dieser Legislaturperiode beschlossene Verbrenner-Verbot rückgängig machen.» Wahlkampfgetöse? Oder realistisches politisches Ziel?

Der Widerstand war gross

Vor der Ratsentscheidung im letzten Juni hatten neben Ländern wie Polen, Bulgarien oder Italien vor allem deutsche Politiker das Verbrennerverbot torpediert. Der deutsche Bundesverkehrsminister Volker Wissing (53, FDP) und seine Partei legten sich quer, wollten das faktische Technologieverbot des Verbrennungsmotors nicht akzeptieren. Der Grund: Wissing setzt neben der Elektrifizierung auch auf sogenannte E-Fuels, also synthetisch aus CO₂ und regenerativem Strom gewonnenen Treibstoff. E-Fuels können in herkömmlichen Verbrennungsmotoren CO₂-neutral verbrannt und über normale Tankstellen verkauft werden. Aber: Noch existieren entsprechende Produktionsanlagen nur im kleinen Massstab, und E-Fuels sind auch teurer als fossiler Sprit. Und vor allem Luft- und Schifffahrt sind heiss auf den sauberen Treibstoff zur CO₂-Verringerung, weil Flugzeuge und Frachter kaum wirtschaftlich elektrifiziert werden können. Gut möglich, dass für Autos wenig E-Fuel bleibt.

Aber aus deutscher Sicht könnten E-Fuels als Übergangstechnologie und für Bestandsfahrzeuge die Autoindustrie vom Druck der Umstellung auf Elektro entlasten und auch den Wegfall von Arbeitsplätzen im Bereich der klassischen Autotechnik verlangsamen. Im Vorfeld der Europawahl dürfte auch der Wahlkampf eine Rolle spielen: Der Elektroautoabsatz stockt, Kundinnen sind skeptisch wegen der vergleichsweise höheren E-Auto-Preise. Da käme die Aussicht auf Lebensverlängerung für Benziner und Diesel gerade Recht, um Stimmen zu gewinnen.

Was bedeutet das Verbrennerverbot?

In seiner Sitzung vom 28. und 29. Juni 2023 hat der Art der Umweltminister der Europäischen Union (EU) abschliessend ein Verbrennerverbot ab 2035 beschlossen. Diese Entscheidung sieht vor:

  • Ab 1. Januar 2035 dürfen Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge mit fossil betriebenen Verbrennungsmotoren nicht mehr neu eingelöst werden. Das betrifft auch Fahrzeuge mit Hybridantrieb, also einer Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor.
  • Der Handel und die Einlösung von Occasionsautos mit Benziner oder Dieselmotor ist weiterhin möglich. Auch Bestandsfahrzeuge sind ausgenommen und dürfen weiterhin gefahren werden.
  • Noch gibt es keinen Zeitpunkt für ein vollständiges Verbot von Benzin- und Dieselmotoren auch bei Bestandsfahrzeugen.
  • Auch Motorräder und Lastwagen sind vom Verbot ausgenommen.
  • Eine Ausnahme vom Verbrennerverbot könnte bilanziell CO₂-neutraler synthetischer Sprit (sogenannten E-Fuels) sein. Doch zur Umsetzung der Zulassung solcher Autos gibt es noch keinen Vorschlag.

Auch wenn die Schweiz kein EU-Mitglied ist, wird dieses Verbrennerverbot faktisch auch bei uns gelten. Denn neu eingelöste Autos müssen bei uns den Vorschriften der EU-Typgenehmigungen entsprechen – und die sehen ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr vor.

In seiner Sitzung vom 28. und 29. Juni 2023 hat der Art der Umweltminister der Europäischen Union (EU) abschliessend ein Verbrennerverbot ab 2035 beschlossen. Diese Entscheidung sieht vor:

  • Ab 1. Januar 2035 dürfen Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge mit fossil betriebenen Verbrennungsmotoren nicht mehr neu eingelöst werden. Das betrifft auch Fahrzeuge mit Hybridantrieb, also einer Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor.
  • Der Handel und die Einlösung von Occasionsautos mit Benziner oder Dieselmotor ist weiterhin möglich. Auch Bestandsfahrzeuge sind ausgenommen und dürfen weiterhin gefahren werden.
  • Noch gibt es keinen Zeitpunkt für ein vollständiges Verbot von Benzin- und Dieselmotoren auch bei Bestandsfahrzeugen.
  • Auch Motorräder und Lastwagen sind vom Verbot ausgenommen.
  • Eine Ausnahme vom Verbrennerverbot könnte bilanziell CO₂-neutraler synthetischer Sprit (sogenannten E-Fuels) sein. Doch zur Umsetzung der Zulassung solcher Autos gibt es noch keinen Vorschlag.

Auch wenn die Schweiz kein EU-Mitglied ist, wird dieses Verbrennerverbot faktisch auch bei uns gelten. Denn neu eingelöste Autos müssen bei uns den Vorschriften der EU-Typgenehmigungen entsprechen – und die sehen ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr vor.

Gäbe es eine Mehrheit im EP, um das Verbrenner-Aus zu kippen? Derzeit nicht. Und nach der Wahl nur, wenn rechtsnationale Parteien wie die deutsche AfD, die französische RN oder die italienischen Fratelli d'Italia den Aufwind in ihren Heimatländern auch in Stimmenzuwächse auf europäischer Ebene umsetzen können. Andererseits ist nicht zu erwarten, dass die konservative EVP sich zum Pro-Verbrenner-Pakt mit diesen Parteien zusammenschliessen würde.

Autoindustrie ist schon weiter

Und schliesslich hat die Autoindustrie ihre Zukunft in Europa längst als elektrisch definiert. Für CEOs wie Stellantis-Chef Carlos Tavares (65) ist klar, dass es kein Zurück vom politisch definierten Kurs der Elektromobilität gibt. Zumal schon Hunderte Milliarden Euro in E-Autos und Infrastruktur investiert wurden. Weil der Verband weiterhin gegen das Verbrennerverbot opponierte, beendete Tavares sogar die Mitgliedschaft seines Konzerns in der Vereinigung der europäischen Autobauer ACEA. Die Präsidentin des Verbandes der deutschen Autobauer VDA, Hildegard Müller (56), forderte zuletzt klares politisches Engagement und verlässliche Rahmenbedingungen, um die Wende zur E-Mobilität zu schaffen.

Manfred Weber ruderte inzwischen zurück. In zwei Jahren will die EU überprüfen, ob das Verbrennerverbot ab 2035 überhaupt möglich sein wird – abhängig von Ladeinfrastruktur und E-Auto-Verkäufen. Diese Gelegenheit will Weber nutzen, um mit E-Fuels betriebene Verbrennerfahrzeuge ausdrücklich im Gesetz zu erlauben. Völlige Rücknahme des Verbots? Davon ist keine Rede mehr.

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