Trotz Verbrenner-Verbot in der EU: Biosprit als Alternative?
Kommt jetzt Bioethanol im Auto zurück?

Vor 15 Jahren galt Bioethanol als die Lösung für fast CO₂-freie Mobilität. Weil zur Produktion auch Nahrungspflanzen genutzt wurden, ebbte der Hype aber schnell ab. Doch jetzt steigt Toyota wieder ein.
Publiziert: 28.07.2022 um 16:35 Uhr
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Toyota-Chef Akio Toyoda (66) will gemeinsam mit Subaru, Suzuki und dem Ölkonzern Eneos in die Forschung und Entwicklung zur Nutzung von Bioethanol als Treibstoff einsteigen.
Foto: zvg
Andreas Faust

Toyota steigt im grossen Stil in die Forschung und Entwicklung zur Nutzung von Bioethanol als Treibstoff ein. Gemeinsam mit den Partnermarken Subaru und Suzuki und dem Mineralölkonzern Eneos gründet der grösste Autobauer der Welt einen Forschungsverbund für Biomasse-Innovation der nächsten Generation. Ziel sei die Optimierung der Gewinnung und Nutzung von Biomasse und Bioethanol als Autotreibstoff.

Ausgerechnet der Erfinder der Hybridtechnik setzt auf Verbrenner? Erstaunlich. Und wieder nicht: Toyota gilt als eigensinnig und glaubte vor 20 Jahren an die Kombination von Benzinern und E-Motoren, als der Rest der Autowelt noch darüber schmunzelte und den Diesel pushte.

Die ganze Autoindustrie konzentriert sich auf batterieelektrische Fahrzeuge – nur der Toyota-Konzern fährt bei den reinen Stromern hinterdrein, auch wenn mit Toyota bZ4X und Lexus RZ jetzt auch moderne E-Autos kommen. Lieber setzt Toyota-Chef Akio Toyoda (66) weiter auf Hybride – und auf Wasserstoff: Nicht nur für Autos, sondern vor allem als Speicher für regenerativen Strom in der kompletten Energiekette. Und künftig vielleicht auch auf Bioethanol.

Dabei schien der aus Pflanzenresten gewonnene Alkohol (siehe Box) seine beste Zeit längst hinter sich zu haben. Vor 15 Jahren war er der Hype-Treibstoff in der Autobranche: Sein Rohstoff ist nachwachsend; sogar aus Produktionsabfällen der Holzindustrie lässt er sich herstellen und macht so diese noch wertvoll. Ausserdem verbrennt er CO₂-neutral, weil die Pflanzen, aus denen er gewonnen wird, das bei der Verbrennung freigesetzte CO₂ vorher per Photosynthese absorbiert haben.

Was ist Bioethanol?

Bioethanol wird aus stärke- oder zuckerhaltiger Biomasse als Treibstoff für Verbrennungsmotoren hergestellt. Stroh, Getreide oder Holzreste werden dabei mit Wasser zu einer Maische fermentiert und dann zu Alkohol destilliert. Dieser kann in reiner Form (E100-Sprit) oder als Zusatz in Benzin (mit 10- bis 85-prozentigem Anteil) verbrannt werden.

Beim Einsatz von reinem Bioethanol entsteht kein zusätzliches CO₂ wie bei der Verbrennung fossiler Treibstoffe. Sondern es wird nur so viel CO₂ freigesetzt, wie die Rohstoffpflanze beim Wachstum aufgenommen hat. Aber weil für Herstellung und Transport zusätzlich Energie eingesetzt werden muss, ist Bioethanol eben nicht völlig CO₂-neutral.

In Brasilien ist Bioethanol besonders verbreitet, weil es aus Abfällen aus Zuckerrohrverarbeitung gewonnen werden kann. Die meisten dort verkauften Autos vertragen jedes Gemisch von Benzin und Ethanol und auch reines Ethanol. Aber: Bioethanol ist chemisch aggressiv und greift Benzinleitungen und Oberflächen im Motor an. Daher sind spezielle Schläuche und Beschichtungen nötig.

Bioethanol wird aus stärke- oder zuckerhaltiger Biomasse als Treibstoff für Verbrennungsmotoren hergestellt. Stroh, Getreide oder Holzreste werden dabei mit Wasser zu einer Maische fermentiert und dann zu Alkohol destilliert. Dieser kann in reiner Form (E100-Sprit) oder als Zusatz in Benzin (mit 10- bis 85-prozentigem Anteil) verbrannt werden.

Beim Einsatz von reinem Bioethanol entsteht kein zusätzliches CO₂ wie bei der Verbrennung fossiler Treibstoffe. Sondern es wird nur so viel CO₂ freigesetzt, wie die Rohstoffpflanze beim Wachstum aufgenommen hat. Aber weil für Herstellung und Transport zusätzlich Energie eingesetzt werden muss, ist Bioethanol eben nicht völlig CO₂-neutral.

In Brasilien ist Bioethanol besonders verbreitet, weil es aus Abfällen aus Zuckerrohrverarbeitung gewonnen werden kann. Die meisten dort verkauften Autos vertragen jedes Gemisch von Benzin und Ethanol und auch reines Ethanol. Aber: Bioethanol ist chemisch aggressiv und greift Benzinleitungen und Oberflächen im Motor an. Daher sind spezielle Schläuche und Beschichtungen nötig.

Schnaps im Tank

Und er liess sich ohne grosse Umbauten in normalen Benzinmotoren nutzen und an normalen Tankstellen verkaufen. Marken wie Opel, Saab und Volvo bauten Flexifuel-Modelle, die vom 100-prozentigen Bioethanol bis zu reinem Benzin alles vertrugen. Sogar ein bisschen mehr Leistung lieferten die Motoren. Bis der Boom auch Nahrungsmittelpflanzen als Rohstoff verschlang. Mais und Getreide mit hohem Zuckeranteil versprachen Edel-Ethanol, aber fehlten bei der Nahrungsmittelproduktion – fertig Bioethanol. Heute spielt der Pflanzensprit bei uns nur noch als 10-Prozent-Beimischung zu Benzin eine Rolle.

Toyota will Bioethanol als synthetischen Treibstoff jetzt wieder salonfähig machen. Künftig soll seine Produktion nicht mehr mit Nahrungsmitteln konkurrieren und effizienter werden und das bei der Ethanolherstellung entstehende CO₂ genutzt werden. Toyota will sich die ganze Kette anschauen – inklusive neuer Anbaumethoden für die Rohstoff-Pflanzen. Denn dort wird für Dünger, Anbau und Transport noch Erdöl verbraucht, was auf die CO₂-Bilanz schlägt. Aber wozu das alles? Schliesslich werden in der EU ab 2035 Neuwagen mit Verbrennungsmotor verboten – und auch synthetische, CO₂-neutrale Treibstoffe aus Öko-Strom oder Pflanzen sollen derzeit damit raus sein.

Ethanol für Verbrenner-Märkte

Auch in Japan wird immer wieder ein Verbrenner-Verbot ab 2050 oder gar 2035 diskutiert – und stösst auf massiven Widerstand der japanischen Autobauer. Akio Toyoda kritisiert schon lange die Fokussierung auf Batterie-Elektroautos und plädiert für einen Treibstoffmix und die freie Wahl für den Kunden. Denn: Er verkauft seine Autos nicht nur in Europa. Vor allem in den aufstrebenden Märkten Südostasiens brummt das Toyota-Geschäft – aber über Stromer spricht dort noch niemand. Bioethanol könnte dort eine Möglichkeit öffnen, mit überschaubarem Aufwand deutliche CO₂-Reduktionen zu erzielen. Elektro für Europa, Ethanol-Hybride für den Rest – das könnte mittelfristig eine Strategie von Toyota sein.

Aus Bioethanol liesse sich auch an Bord von Autos Wasserstoff abspalten, um per Wasserstoff-Brennstoffzelle Strom für den E-Motor zu produzieren. In speziellen Brennstoffzellen wie im Supersportwagen Gumpert Nathalie lässt sich Ethanol (bzw. das eng verwandte Methanol) gar direkt nutzen. Der Vorteil wäre die höhere Reichweite dank höherer Energiedichte von Bioethanol und das weniger aufwendige Betanken. Ausserdem ist der Wirkungsgrad besser als bei aus Strom produziertem Wasserstoff: Bei Ethanol kommt am Rad etwa die Hälfte der Energie an, die man bei der Herstellung hineingesteckt hat – bei Wasserstoff sinds nur 25 bis 30 Prozent. Allerdings wird bei der Aufspaltung des Ethanols CO₂ frei – was man ja vermeiden will. Auch dieses Problem muss Toyota lösen.

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