Die Europäische Union will keine E-Fuels
Das wars wohl für den Verbrennungsmotor

Die Europäische Union macht ernst beim Verbrenner-Aus bis 2035: Auch der Umweltausschuss im EU-Parlament spricht sich dafür aus. Noch bleibt aber eine grosse Unbekannte im Gesetzgebungsprozess.
Publiziert: 13.05.2022 um 16:17 Uhr
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Der Umweltausschuss der Europäischen Parlaments hat sich mit knapper Mehrheit für ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 ausgesprochen.
Foto: zVg
Andreas Faust

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat sich mit knapper Mehrheit für ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 ausgesprochen. Damit stellt sich die Volksvertretung in der Europäischen Union hinter Pläne der EU-Kommission. Deren Verordnungsentwurf sieht vor, dass ab 2035 nur noch Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb – also auch keine Hybride und Plug-in-Hybride – auf den Markt gebracht werden dürfen. Damit wären Benzin- und Dieselmotoren in Neuwagen am Ende. Auch in der Schweiz: Kein Hersteller wird nur für die Schweizer Autofahrer die Verbrenner im Programm halten.

Hintergrund dieser Verordnung sind die Klimaschutzziele der EU: Bis 2030 soll der CO₂-Ausstoss um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 reduziert werden. Ab 2050 soll dann die gesamte EU klimaneutral leben und wirtschaften. Laut Hochrechnungen müssen zur Erreichung dieser Ziele alle Neuwagen bis 2035 emissionsfrei sein. Gleichzeitig rechnet die EU so mit 235'000 neuen Jobs in der Batterieentwicklung und -produktion europaweit. Kritiker prognostizieren allerdings auch den Wegfall von einer halben Million Jobs beim Verbrenner-Aus, also einen Netto-Jobverlust.

Technik- statt Treibstoffverbot

Würden das EU-Parlament und der Ministerrat der EU die Verordnung definitiv beschliessen, würde die EU so nicht nur bestimmte Treibstoffe, sondern gleich eine ganze Motorentechnologie verbieten. Und so zahlreiche Projekt ausbremsen, die nach neuen umweltfreundlichen oder gar CO₂-neutralen Treibstoffen für die bestehende Verbrenner-Technologie forschen.

Solche Anstrengungen gibt es seit Jahrzehnten – vom Biodiesel aus Raps über Bioethanol aus Holzabfällen bis zum sogenannten Sunfuel, synthetisch hergestelltem Diesel aus Biomasse. Doch während diese Projekte längst im Zuge der Elektro-Euphorie eingestellt wurden – oder weil die Rohstoffe dazu aus Nahrungsmitteln kamen –, stehen seit einigen Jahren sogenannte Synfuels oder E-Fuels fürs Auto im Fokus: Synthetische Treibstoffe, für die aus regenerativem Ökostrom umgewandelter Wasserstoff und CO₂ verwendet werden.

Ist der Beschluss definitiv?

Porsche beispielsweise hat erst vor Wochen einen deutlichen Ausbau seines Synfuel-Projektes in Chile angekündigt. Und mit dem Tessiner Start-up Synhelion arbeitet auch ein Schweizer Unternehmen daran, solche Treibstoffe unter Einsatz von Solarthermie für die nötige Reaktionswärme zu entwickeln. Allen gemeinsam ist, dass sie in konventionellen Verbrennungsmotoren oder Jet-Triebwerken nach heutigem Stand der Technik CO₂-neutral verbrannt werden können. So liessen sich auch Bestandsfahrzeuge CO₂-neutral betreiben.

E-Fuel-Pionier aus der Schweiz

Synhelion entstand 2016 als Spinn-Off der ETH Zürich. Ziel: Die Entwicklung und Vermarktung nachhaltiger synthetischer Treibstoffe aus Sonnenenergie, die sich in herkömmlichen Verbrennungsmotoren oder Jet-Treibwerken nutzen lassen. Statt über Elektroantriebe mit teuren Batterien könnte so der existierende Fahrzeugbestand CO₂-neutral werden und die heutige Tankstellen-Infrastruktur genutzt werden.

Bis 2030 will Synhelion pro Jahr 700'000 Tonnen synthetischen Treibstoff produzieren können – genug, um die Hälfte der Swiss-Flugzeugflotte CO₂-neutral zu betreiben. Dazu arbeitet das Unternehmen bereits unter anderem mit der Swiss und dem Flughafen Zürich zusammen. Und bis 2040 will das Unternehmen rund die Hälfte der europäischen Nachfrage nach Solartreibstoffen befriedigen können.

Synhelion entstand 2016 als Spinn-Off der ETH Zürich. Ziel: Die Entwicklung und Vermarktung nachhaltiger synthetischer Treibstoffe aus Sonnenenergie, die sich in herkömmlichen Verbrennungsmotoren oder Jet-Treibwerken nutzen lassen. Statt über Elektroantriebe mit teuren Batterien könnte so der existierende Fahrzeugbestand CO₂-neutral werden und die heutige Tankstellen-Infrastruktur genutzt werden.

Bis 2030 will Synhelion pro Jahr 700'000 Tonnen synthetischen Treibstoff produzieren können – genug, um die Hälfte der Swiss-Flugzeugflotte CO₂-neutral zu betreiben. Dazu arbeitet das Unternehmen bereits unter anderem mit der Swiss und dem Flughafen Zürich zusammen. Und bis 2040 will das Unternehmen rund die Hälfte der europäischen Nachfrage nach Solartreibstoffen befriedigen können.

Doch ein Gegenvorschlag zum Verordnungsentwurf, der solche Synfuels erlauben und damit dem Verbrenner ein längeres Leben bescheren sollte, wurde vom Umweltausschuss des EU-Parlamentes verworfen. Bleibt abzuwarten, ob der Verordnungsentwurf nun so auch beschlossen wird: Im Juni will das EU-Parlament abschliessend entscheiden. Gleichzeitig wird sich der Ministerrat der Mitgliedsstaaten mit dem Thema befassen. In letzterem legte bisher meist die deutsche Bundesregierung eine Notbremsung hin, wenn es um Umweltregularien für die Autoindustrie ging – aus Angst vor Abwanderung und Jobverlust in diesem für sie wichtigem Wirtschaftszweig. Ob sich dies unter der neuen Bundesregierung mit FDP, Grünen und SPD ändern wird, bleibt abzuwarten.

Autoindustrie dürfte entspannt bleiben

Wenn das Verbrenner-Verbot ab 2035 beschlossen würde, würde die Autoindustrie wohl entspannt bleiben. Sie hat längst interne eigene Ziele fürs Verbrenner-Aus in Europa beschlossen, die teils deutlich früher greifen sollen: Mercedes und Maserati beispielsweise wollen schon ab 2025 nur noch rein elektrische Modelle im Programm haben und selbst der Mega-Konzern Volkswagen setzt sich über alle Marken das Ziel 2035, nur noch Elektroautos anzubieten. Und auch einige europäische Staaten haben sich längst eigene Fristen fürs Auslaufen der Verbrenner gesetzt.

Die Synfuel-Produzenten werden ebenfalls mit Hochdruck weiterentwickeln: Sie haben längst schon die Lufftfahrt als künftigen Hauptabnehmer ihrer Treibstoffe entdeckt. Nur die Mineralölindustrie wird sich im Fall des Verbrennerverbots nach neuen Geschäftsmodellen umsehen müssen.

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