Amag an Schweizer Start-up Synhelion beteiligt
Wie aus Sonnenkraft nachhaltiges Benzin wird

Das Tessiner Start-up Synhelion will bald im grossen Stil klimafreundlichen Treibstoff für Autos, LKW und Flugzeuge herstellen. Auch Grossimporteur Amag investiert nun in das ETH-Spin-off.
Publiziert: 20.10.2021 um 11:08 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2021 um 13:06 Uhr
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Das Tessiner Start-up und ETH-Spin-off Synhelion hat ein Verfahren entwickelt, in dem in einem Reaktor aus Solarwärme synthetische Treibstoffe produziert werden.
Foto: zVg
Andreas Engel

Die Elektromobilität krempelt die Autobranche gerade gehörig um. Experten rechnen damit, dass bereits in vier Jahren 50 Prozent der Schweizer Neuwagen voll- oder zumindest teilelektrisch als Plug-in-Hybride unterwegs sein werden. Bis 2030 soll der Anteil der Elektroautos bei Neuwagen auf über 70 Prozent steigen und bis Mitte des nächsten Jahrzehnts bei annähernd 100 Prozent liegen.

Für PW mag die Elektrotechnik die Zukunft sein. Schwieriger wird es in anderen wichtigen Teilbereichen der Mobilität wie dem Schwer- und Luftverkehr oder der Schifffahrt. Nicht zu vergessen die Millionen Autos mit Verbrennungsmotoren, die noch lange Zeit weiter auf den Strassen unterwegs sein werden, bevor sie endgültig auf dem Autofriedhof landen.

Aus CO2 und Wasser entsteht Solarbenzin

Wenn es nach dem Tessiner Start-up Synhelion geht, könnten schon bald auch ganz konventionell mit Verbrennern angetriebene LKW, Schiffe, Autos und sogar Flugzeuge CO2-frei unterwegs sein. Die Lösung heisst Solar Fuels. Das ETH-Spin-off hat ein Verfahren entwickelt, in dem in einem Reaktor aus Solarwärme synthetische Treibstoffe produziert werden.

In der Anlage wird das einfallende Sonnenlicht über Spiegel gebündelt und die Hitze für den Antrieb des Reaktors genutzt. Dort werden Kohlendioxid (CO2) und Wasser in Synthesegas umgewandelt und anschliessend zu flüssigen Treibstoffen wie Solarbenzin oder Solarkerosin weiterverarbeitet. Beim späteren Verbrennungsvorgang wird kein zusätzliches CO2 freigesetzt – die angetriebenen Fahrzeuge wären bilanziell gesehen CO2-frei unterwegs.

Solar Fuels für Oldtimer

Interessant findet diesen Ansatz auch der grösste Schweizer Autoimporteur Amag. Unternehmenssprecher Dino Graf bestätigt, dass die Amag «einen namhaften Betrag» in Synhelion investiert hat. Wie viel genau, verrät die Amag nicht. «Für uns als Unternehmen ist immer klar gewesen, dass es auch CO2-neutrale Lösungen für den Bestandesfuhrpark geben soll», sagt Graf. «Und natürlich auch für den Schwer-, Schiffs- und Flugverkehr». Letztlich wolle man den Kundinnen und Kunden, die noch nicht auf die Elektromobilität setzen können oder wollen, die Möglichkeit bieten, auch mit dem Benziner oder Diesel CO2-neutral unterwegs zu sein. Dies könnte besonders auch für Oldtimerbesitzer interessant sein.

Ob und wann die Solarfuels tatsächlich für die Schweizer Flotte genutzt werden könnten, lasse sich nicht sagen. «Dazu ist es schlicht noch zu früh», so Graf. Erste Anlagen könnten frühestens ab Ende 2022 Solarfuels in grösseren Mengen herstellen. Und auch dann sei die Produktion der Solar Fuels besonders in Regionen der Welt mit grosser Sonneneinstrahlung sinnvoll, um die volle Leistung der Anlagen nutzen zu können.

Zusammenarbeit mit Swiss

Neben der Amag wird Synhelion auch mit Geldern des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert. Die zugesprochenen 4,2 Millionen Franken sind für den Bau der weltweit ersten Produktionsanlage im deutschen Jülich in der Nähe von Aachen bestimmt. Und auch mit der Fluggesellschaft Swiss und dem Flughafen Zürich arbeitet das Start-up zusammen. Das Ziel: bis 2030 die CO2-Emissionen gegenüber 2019 um 50 Prozent zu reduzieren.

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