Europa muss bei Lade-Infrastruktur, Digitalisierung und den erneuerbaren Energien mehr Tempo machen. Das forderte die Präsidentin des deutschen Verbandes der Automobilindustrie VDA, Hildegard Müller (54), an ihrem Jahresrückblick. «Wir brauchen ein Ende der theoretischen Debatten um die Klimaziele. Es geht um die konkrete Umsetzung des Beschlossenen», so die Chef-Lobbyistin der deutschen Autobauer. Allerdings höre sie immer wieder das Wort Klimapolitik, aber viel zu selten das Wort Industrie in der Diskussion, so Müller. Ihr Plan: Klima und Industrie müssten zusammen gedacht werden.
Müller mahnte dabei an: Die Autobauer hätten mit Elektro- und Plug-in-Hybridautos die nötigen Modelle für die klimafreundliche Mobilität geliefert – aber jetzt müssten auch alle anderen endlich «ihre Hausaufgaben machen». Sprich: Noch fehlten die Rahmenbedingungen, damit die Autobauer die Wende zur emissionslosen und nachhaltigen Mobilität schaffen könnten. Für diese müssten Politik und Gesellschaft sorgen.
Ladesäulen, nötiger Strom, Rohstoffe
Beispiel Lade-Infrastruktur: Wenn man so langsam weitermache wie bisher, gäbe es statt wie geplant einer Million Ladepunkte bis 2030 nur 160'000 allein in Deutschland. Dabei seien Deutschland und Frankreich derzeit sogar Vorreiter – im Rest Europas gehe es noch langsamer voran. Das nötige 5G-Netz für die Digitalisierung und das autonome Fahren stecke noch immer in den Kinderschuhen. Und bei den erneuerbaren Energien – die man auch für synthetischen Treibstoff beispielsweise für Altfahrzeuge brauche – gehe es nicht voran, weil die Stromnetze fehlten. Die nötigen Rohstoffe für Batterien würden auf dem Weltmarkt zudem an Deutschland vorbeiverteilt. Das gefährde die Autoindustrie im Land und damit Arbeitsplätze
Der Mangel an Elektronik-Chips hatte bei den deutschen Autobauern von Audi bis Volkswagen im vergangenen Jahr für Produktionsstopps und Lieferproblemen geführt. Müller begrüsste deshalb eine Initiative der Europäischen Union für mehr Chipwerke in Europa. Aber die müsse jetzt auch von nationalen Regierungen gefördert werden. Ihre Branche habe jedenfalls vorgelegt und sei Treiber des Umbaus der Industrie: «Die Branche investiert allein bis 2026 220 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung; hinzu kommen die Ausgaben für den Um- und Neubau von Werken.» Aber es fehlten eben die Rahmenbedingungen. Wie zum Beispiel eine «soziale Flankierung», damit Mobilität bezahlbar bleibe.
Mehr staatliche Förderung
Die VDA-Mitglieder sind gut unterwegs – die Probleme bei der Transformation der Mobilität liegen bei anderen. Dieser Tenor zieht sich durch Müllers Statements. Wie sieht sie neue Mitbewerber aus China? Wettbewerb belebt das Geschäft, aber Chinas Anbieter würden massive staatliche Förderung geniessen – da habe man in Deutschland Defizite. Ausserdem müssten Genehmigungen zum Testen autonomer Autos her, sonst würde China den Wettlauf darum gewinnen und die Technologie dann dort produziert.
Der Verband der Automobilindustrie VDA ist der politische Arm der Fahrzeug-produzierenden Industrie in Deutschland. Zu den Mitgliedern gehören alle deutschen Autobauer von Audi bis Volkswagen, Tuner und Veredelungsanbieter, Anhänger- und Bushersteller, Zulieferer und Pneuproduzenten, aber auch Energieversorger, IT-Giganten wie Microsoft oder Tank&Rast als Betreiber der Autobahnraststätten.
Als seine Aufgabe sieht der Verband die Schaffung günstiger politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für die Autoindustrie, die Beteiligung an der politischen Diskussion zum Beispiel zum Klimaschutz und im Vorantreiben der Transformation zum E-Auto und zur Digitalisierung. Seit Januar 2020 steht mit der ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Staatsministerin Hildegard Müller (54) erstmals eine Frau an der Verbandsspitze.
Der Verband der Automobilindustrie VDA ist der politische Arm der Fahrzeug-produzierenden Industrie in Deutschland. Zu den Mitgliedern gehören alle deutschen Autobauer von Audi bis Volkswagen, Tuner und Veredelungsanbieter, Anhänger- und Bushersteller, Zulieferer und Pneuproduzenten, aber auch Energieversorger, IT-Giganten wie Microsoft oder Tank&Rast als Betreiber der Autobahnraststätten.
Als seine Aufgabe sieht der Verband die Schaffung günstiger politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für die Autoindustrie, die Beteiligung an der politischen Diskussion zum Beispiel zum Klimaschutz und im Vorantreiben der Transformation zum E-Auto und zur Digitalisierung. Seit Januar 2020 steht mit der ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Staatsministerin Hildegard Müller (54) erstmals eine Frau an der Verbandsspitze.
Wie gehts den Zulieferern? Die würden vor allem vonseiten der EU nicht einbezogen, wenn es um Klimapolitik gehe. Könnte die Ukraine-Krise zur Gefahr für die Autoindustrie werden? VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit rechnet vor, dass Russlands Automarkt nur halb so gross sei wie der deutsche – und die Ukraine mit 90'000 Neuzulassungen pro Jahr eher unbedeutend. «Das Thema beschäftigt uns schon», springt Müller bei. Wohlstand durch wirtschaftliche Verflechtung sei ein Friedenstreiber. Aber dazu müsse die Politik den Rahmen schaffen.
Tesla ist eine Nische
Nur bei der Frage nach dem richtigen Antrieb der Zukunft solle sich die Politik heraushalten – man brauche den Wettbewerb von Batterie, Brennstoffzelle und synthetischem Sprit, die alle ihre Berechtigung hätten. Und Kritik an zu grossen und schweren SUV-Modellen gibt Müller zurück: Man könne dem Kunden nicht vorschreiben, was er zu kaufen habe. «Aber viele Kunden überschätzen ihr Nutzungsverhalten», so Müller. Sprich: Kauften überdimensionierte Autos.
Abschliessend wird nochmals die Lade-Infrastruktur angesprochen: Warum das so langsam vorangehe – Tesla habe doch ruckzuck weltweit die nötigen Supercharger für seine Kunden aufgestellt? «Tesla ist eine Nische», antwortet Müller. Eine Marke, die über 900'000 Autos im Jahr baut und das meistverkaufte Auto der Schweiz 2021 stellt? Das könne man doch kaum vergleichen: «Tesla muss keine Infrastruktur für 15 Millionen Autos aufbauen», sagt Müller. Mit so vielen Elektroautos allein in Deutschland rechnet der VDA bis 2030.