Kaum eine einst hoffnungsvolle Technologie hat sich derzeit so entzaubert wie die Energiespeicherung per Wasserstoff. Auch in der Autoindustrie galt die Stromproduktion an Bord aus der Reaktion von Wasserstoff und Umgebungsluft lange als Nonplusultra, weil statt CO2 und Stickoxiden bloss ungefährliches Wasser übrig bleibt. Aber Konzerne wie VW oder Daimler haben die Forschung längst heruntergefahren – zugunsten batterieelektrischer Stromer, weil sie schnellere CO2-Reduktion versprechen und keine aufwendige neue Wasserstoff-Infrastruktur brauchen.
Der Mercedes GLC Plug-in-Hybrid mit Brennstoffzelle? Eingestellt, kaum dass er lanciert war. Die einstige Prognose eines Grossserien-Brennstoffzellenautos für das Jahr 2000? Längst ein Treppenwitz der Autogeschichte. Doch ein Konzern tanzt aus der Reihe. Lange ignorierte Toyota das Batterieauto und forschte lieber zur Brennstoffzelle. Wie vor 25 Jahren, als alle Welt mit dem Diesel die Emissionen senken wollte und nur Toyota auf den Hybridantrieb setzte: «Keiner glaubte an den Prius, aber wir haben es durchgezogen», sagt Toyotas Europachef Johan van Zyl (62) an Toyotas Kenshiki-Zukunftsforum über den einstigen Hybrid-Pionier.
Endlich auch Stromer von Toyota
Heute verkauft Toyota in Europa 62 Prozent aller Autos mit Hybrid, bei der jüngst 30-jährigen Nobeltochter Lexus sind es gar 96 Prozent. Bis 2025 rechnet van Zyl mit einer Versechsfachung der Hybridverkäufe. Neue Toyota-Modelle wie der XL-SUV Highlander oder der Mini-Crossover Yaris Cross sollen bei uns 2021 den kombinierten Benzin-Elektroantrieb weiter pushen; ausserdem plant Lexus eine neue Plug-in-Hybrid-Limousine.
Auch vor reinen Stromern kann der Konzern nun aber nicht mehr die Augen verschliessen. Endlich, nachdem er sich zu lange nur an den Hybrid klammerte. Als erstes Elektro-Modell startet gerade der Lexus UX 300e mit 204 PS und 315 Kilometern Normreichweite. Vom ersten Elektro-Toyota auf einer komplett neuen modularen Plattform sind bereits Prototypen unterwegs – der Crossover wird auch beim Kooperationspartner Subaru kommen. Die Elektrifizierung ermöglicht auch Allrad für mehr Hybridmodelle per elektrischer Hinterachse und einen neuen rein elektrischen Allrad, bei dem die Kraft voll variabel zwischen den Rädern verteilt werden kann. Bis 2025 sollen es 60 neue elektrifizierte Modelle werden; darunter auch eines mit einer Feststoff-Batterie, die heutigen Lithium-Ionen-Batterien bei Gewicht, Ladezeiten und Energiedichte deutlich überlegen sind.
Machen statt lamentieren
Aber das Herz von Konzernchef Akio Toyoda (64) gehört langfristig dem Wasserstoff. Äusseres Zeichen dafür ist die bald bei uns startende neue Generation des Wasserstoff-Modells Mirai (siehe Box), deren Preis um ein Drittel gegenüber dem Vorgänger gesenkt werden konnte. Aber Toyoda denkt längst weiter. An der Tokyo Motor Show im letzten Herbst musste man bei Toyota neue Automodelle suchen – stattdessen zeigte der Konzern seine Vision einer energieeffizienteren, digitalisierten neuen Gesellschaft auf Basis des Wasserstoffs.
Toyota hat den Mirai völlig umgekrempelt: Brennstoffzelle unter der Front statt unterm Beifahrersitz, drei statt zwei Tanks mit 20 Prozent mehr Kapazität, Pufferbatterie hinterm Rücksitz und Heck- statt Frontantrieb. Das schafft in dem Fünf-Meter-Auto Platz und tiefere Sitzpositionen. Vorne sitzt man nobel, hinten absolut ausreichend; nur fürs Gepäck wirds etwas knapp der Batterie wegen.
Die Brennstoffzelle liefert 128, der E-Motor 134 Kilowatt – macht 182 PS. Damit tritt die Schrägheck-Limousine flink an. Die Lenkung ist präzise, aber sehr leichtgängig, die Abmessungen sind für manche Schweizer Strassen eher üppig, aber man spürt: Der Mirai wiegt über eine halbe Tonne weniger als vergleichbare grosse Stromer. Wer's nicht so flott wie wir angehen lässt, schafft 650 Kilometer mit einer Tankfüllung. Überraschend: Wie gut die sonst lauten Luftkompressoren abgedämpft sind. Wer's so leise liebt, schaltet auch den künstlichen Motorsound ab.
Weiterer Umwelteffekt: Weil die Brennstoffzelle Umgebungsluft ansaugt, kommt diese dank Filter sauberer heraus als hinein. Im Display wird gar angezeigt, wie viel Luft man unterwegs gereinigt hat. Grösster Pluspunkt des neuen Mirai ist aber der Preis von ab 59'900 Franken. Satte 30'000 weniger als für den kleineren Vorgänger.
Toyota hat den Mirai völlig umgekrempelt: Brennstoffzelle unter der Front statt unterm Beifahrersitz, drei statt zwei Tanks mit 20 Prozent mehr Kapazität, Pufferbatterie hinterm Rücksitz und Heck- statt Frontantrieb. Das schafft in dem Fünf-Meter-Auto Platz und tiefere Sitzpositionen. Vorne sitzt man nobel, hinten absolut ausreichend; nur fürs Gepäck wirds etwas knapp der Batterie wegen.
Die Brennstoffzelle liefert 128, der E-Motor 134 Kilowatt – macht 182 PS. Damit tritt die Schrägheck-Limousine flink an. Die Lenkung ist präzise, aber sehr leichtgängig, die Abmessungen sind für manche Schweizer Strassen eher üppig, aber man spürt: Der Mirai wiegt über eine halbe Tonne weniger als vergleichbare grosse Stromer. Wer's nicht so flott wie wir angehen lässt, schafft 650 Kilometer mit einer Tankfüllung. Überraschend: Wie gut die sonst lauten Luftkompressoren abgedämpft sind. Wer's so leise liebt, schaltet auch den künstlichen Motorsound ab.
Weiterer Umwelteffekt: Weil die Brennstoffzelle Umgebungsluft ansaugt, kommt diese dank Filter sauberer heraus als hinein. Im Display wird gar angezeigt, wie viel Luft man unterwegs gereinigt hat. Grösster Pluspunkt des neuen Mirai ist aber der Preis von ab 59'900 Franken. Satte 30'000 weniger als für den kleineren Vorgänger.
Die nötige Wasserstoff-Infrastruktur für Produktion und Transport fehlt? Statt zu lamentieren, lässt Toyoda auf einem stillgelegten japanischen Werksgelände als Modellprojekt die Woven City bauen – eine Null-Emissions-Stadt für 2000 Einwohner, die ihren Strom aus Solarenergie und Brennstoffzellen decken wird. Der nötige Wasserstoff soll aus regenerativ erzeugtem Strom produziert werden. So lässt sich die Energie in Gasform vergleichsweise einfach und preiswert speichern und steht konstant und wetterunabhängig zur Verfügung.
Die Brennstoffzelle soll auf den Mond
Um die nötige Infrastruktur schnell rentabel zu machen, setzt Toyota Brennstoffzellen längst auch in Bussen, Lastwagen und Schiffen ein, engagiert sich für mehr Wasserstoff-Tankstellen und will seine Technologie in Europa mit anderen Unternehmen teilen. Als Leuchtturm-Projekt plant der Konzern in Kooperation mit der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA gar einen Mond-Rover für vier Astronauten mit Brennstoffzellenantrieb und bis zu 10'000 Kilometern Reichweite.
Der Hybridantrieb ist im Aufwind, auch bei anderen Marken; die Dieselkurve zeigt nach unten. Wird Toyota auch mit seiner Wasserstoff-Strategie richtig liegen?