90. Autosalon GIMS: Statt in Genf im BLICK
Da bleibt selbst Tesla-Chef Musk die Spucke weg

Kein Autosalon in Genf! Zum Schutz vor der Verbreitung des Coronavirus hat der Bundesrat die grösste Publikumsmesse der Schweiz abgesagt. Die Aussteller enthüllten deshalb ihre Neuheiten im Internet. BLICK pflügte sich durchs Netz.
Publiziert: 07.03.2020 um 01:33 Uhr
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Selbst treue Genf-Aussteller wie Frank M. Rinderknecht mit seiner Rinspeeed AG war nach der Absage der GIMS über die «Planlosigkeit» der Salon-Verantwortlichen enttäuscht und ziemlich sauer.
Foto: THOMAS LUETHI
Raoul Schwinnen

Zu reden gab unter den für den Genfer Salon (GIMS) gebuchten Ausstellern weniger der Entscheid des Bundesrats, grosse Veranstaltungen und somit den 90. Salon zu verbieten. Dafür umso mehr die Art und Weise, wie die Salon-Organisatoren damit umgingen. «Keinen Plan B in der Schublade zu haben, obwohl die Absage absehbar war, ist schlicht unprofessionell», findet etwa Frank M. Rinderknecht (64). Es wäre sein 42. Autosalon in Folge gewesen.

Ob Rinderknecht nächstes Jahr mit seiner Ideenschmiede Rinspeed ein weiteres Mal zur GIMS kommt, lässt er offen. «Seit ich meine neuen Kreationen jeweils schon im Januar an der Tech-Messe CES in Las Vegas enthülle, geniesst der Genfer Salon bei mir nicht mehr denselben Stellenwert wie noch vor einigen Jahren.» Von weiteren kleineren Ausstellern tönt es ähnlich. Sie fühlten sich von den GIMS-Organisatoren ziemlich im Stich gelassen. Anders dagegen die Grossen.

Die Grossen waren vorbereitet

Sie machten sich im Vorfeld selbst stark für eine Absage des Salons und verlegten ihre für Genf geplanten Neuheiten-Shows kurzerhand ins Internet. Dort veröffentlichten sie – in meist sterilen Studios aufgenommene – Pressekonferenzen-Lifestreams. Diese Auftritte wirkten ohne Publikum so fad wie ein Schluck abgestandenes Wasser, waren aber für die interessierten Medien informationsreich und für die Automarken damit nützlich.

«Butterbrot» und Supersportler

Neben wichtigen neuen «Butterbrot»-Autos für den Alltag, wie etwa Audi A3 (zunächst 150 PS, ab 36'400 Fr.), Fiat 500 Electric (Reichweite 320 km, ab ca. 40'000 Fr.), Hyundai i20 und i30 (neue Optik, elektrifizierte Antriebe), Honda Jazz Crosstar (höhergelegter Kleinwagen, 30'050 Fr.) bis zum elektrifizierten Renault Twingo (180 km) oder Megane Plug-in-Hybrid (schafft elektrisch ca. 50 km), wurden in den letzten Tagen diverse neue Supersportler im Netz enthüllt. Von bekannteren Herstellern der Porsche 911 Turbo S (650 PS, 0–100 km/h in 2,7 s, 330 km/h Spitze, 271'600 Fr.), McLaren 765 LT (765 PS, 0–100 km/h in 2,8 s, 330 km/h Spitze, ca. 350'000 Fr.) oder unter den Exoten der rein elektrische, nur fünfmal erhältliche Pininfarina Battista Anniversario (1900 PS, 0–100 km/h in 1,9 s, 350 km/h Spitze, ab 2'600'000 Fr.).

Sportler mit Methanol

Ebenfalls zur Kategorie Exoten zählt der Nathalie First Edition des deutschen CEOs und Ingenieurs Roland Gumpert (75). Speziell beim nun serienfertigen und nach der Gumpert-Tochter benannten Elektrosportler: Erstens besteht die Leichtbau-Karosserie aus bis zu 50 Prozent biologischem Flachs, zweitens verfügt der in 2,5 Sekunden auf Tempo 100 und bis 300 km/h schnelle Nathalie über eine Brennstoffzelle, die aus Methanol Wasserstoff gewinnt und daraus an Bord Strom erzeugt. Mit 65 Litern Methanol und voller Pufferbatterie schafft der nur 500 Mal gebaute, gut 440'000 Franken teure Supersportler beeindruckende 820 Kilometer Reichweite bis zum nächsten Methanol-Tankstopp.

«Koenigsegg Motor Show»

Aus der Not eine Tugend machte Christian von Koenigsegg (47). Der für Hypercars bekannte Schwede und treue Genf-Aussteller nutzte als einziger seine Stand-Infrastruktur in den leeren Palexpo-Messehallen, um dort einen Livestream abzusetzen und die «Geneva Koenigsegg Motor Show» zu zeigen. Der Designer hatte gleich zwei Weltpremieren im Gepäck: den Koenigsegg Jesko Absolut, der mit 1622 PS und dem Bioethanol-Fünfliter-V8 den bei 489,5 km/h stehenden Temporekord des Bugatti Chiron Super Sport übertreffen soll. Und den ersten Koenigsegg-Viersitzer Gemera. Dieser wird von einem Dreizylinder-Benziner sowie drei E-Motoren mit total 1700 PS und 3500 Nm angetrieben. Damit gehts in 1,9 Sekunden auf Tempo 100 und weiter bis über 400 km/h. Bei solchen Zahlen bliebe wohl selbst Tesla-Chef Elon Musk die Spucke weg.

Schade für Autofans

Konnten die grossen Autohersteller ihre Genf-Neuheiten den Medien dennoch präsentieren – Internet sei Dank –, gehören zu den grossen Verlierern der GIMS-Absage neben den Veranstaltern und den kleineren Ausstellern und Partnern vor allem 650'000 erwartete Autofans als Besucher. Sie müssen sich nun mit Bildern aus dem Web oder diesem Bericht hier begnügen.

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