Kompromiss: E-Fuels bei Verbrennerverbot weiter erlaubt?
Deutschland stellt sich wieder quer

Deutschland will das Verbot von Verbrennern in der Europäischen Union ab 2035 abschwächen. Mit E-Fuels betriebene Motoren sollen in Neuwagen erlaubt bleiben. Jetzt versucht die EU ein Entgegenkommen.
Publiziert: 22.03.2023 um 11:23 Uhr
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Deutschland versucht, das Verbrennerverbot in der Europäischen Union abzuschwächen. Diese plant, ab 2035 keine Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor mehr zuzulassen.
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Im Streit um das Verbrenner-Aus in Europa hat die Kommission der Europäischen Union (EU) einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Demnach könnte trotz ab 2035 geltendem Verbot von Verbrennungsmotoren in Neuwagen auch darüber hinaus die Neuzulassung solcher Fahrzeuge möglich bleiben. Voraussetzung: Es müsse gewährleistet sein, dass sie nur mit synthetischen Treibstoffen aus nachhaltiger Produktion, sogenannten E-Fuels, genutzt werden können.

In solchen Autos müsse laut EU-Kommission eine technische Vorrichtung eingebaut werden, die erkennt, wenn statt E-Fuels herkömmliches Benzin oder Diesel getankt werden. In diesem Fall soll der Motor den Dienst verweigern. Wird normaler Sprit getankt, soll das Auto also einfach stehenbleiben. Dabei sei es unerheblich, ob die Fehlbetankung versehentlich oder mit Absicht geschehe. Benzin und Diesel wird es auch nach 2035 noch geben. Allerdings nur, um die dann noch vorhandenen Verbrennerfahrzeuge zu betreiben, die vor dem Stichjahr eingelöst wurden. Nicht mehr für Neuwagen.

Hickhack zwischen EU und Deutschland

Damit versucht die EU-Kommission, der deutschen Bundesregierung eine Brücke zu bauen, damit diese doch dem EU-Verbrennerverbot zustimmen kann. Vor allem die deutsche Regierungspartei FDP und deren Verkehrsminister Volker Wissing (52) wehren sich gegen das geplante Verbot. Faktisch werde damit nicht CO2-Neutralität herbeigeführt, sondern der Verbrennungsmotor als Technologie verboten – was die FDP ablehnt, da damit technologischer Fortschritt auch im Dienst des Klimaschutzes verhindert werde.

Konkret bemängelt die FDP, dass vor allem die Entwicklung von E-Fuels verhindert werde. Diese Treibstoffe werden aus CO2 aus der Umgebungsluft oder Industrieprozessen und nachhaltig erzeugtem Strom synthetisch hergestellt. Bilanziell gelten sie damit als CO2-neutral, da bei ihrer Verbrennung kein zusätzlicher fossiler Kohlenstoff freigesetzt wird, wie es bei Erdöl oder Kohle der Fall wäre. Technisch haben E-Fuels den Vorteil, dass sie in bestehenden Verbrennungsmotoren eingesetzt werden können und die normale Tankstelleninfrastruktur weiter genutzt werden kann.

E-Fuels als Alternative

Der Sportwagenbauer Porsche produziert bereits in einer Anlage in Chile solche E-Fuels. Auch das Schweizer Start-up Synhelion plant seine Produktion im grossen Stil aus CO2 und per Sonnenenergie gewonnener Reaktionswärme. Primär soll mit so hergestelltem Kerosin die Flugzeugflotte der Swiss mittelfristig betankt werden. Darüber hinaus soll aber auch Autotreibstoff raffiniert werden. Nachteil von E-Fuels ist allerdings die Ineffizienz ihrer Produktion und die derzeit noch winzigen Produktionsmengen, die kaum einen Bruchteil des europäischen Bedarfs abdecken könnte.

Überraschend am deutschen Widerstand: Wissing hatte zunächst im November noch eine Regelung zugestimmt, die zum Verbrennerverbot auch die Abklärung der künftigen Rolle von E-Fuels vorsah. Diese war auch vom EU-Parlament bereits beschlossen. Doch mit dem Näherrücken des Termins zum definitiven Beschluss der Regelung durch die EU-Mitgliedsstaaten ruderte er zurück und legte ein deutsches Veto ein. Inzwischen blockieren unter anderem auch Bulgarien, Italien, Polen und Tschechien.

Ablehnung auch beim Kompromiss?

Wie der deutsche «Spiegel» meldet, lehne Wissing offenbar auch den aktuellen Kompromissvorschlag der EU-Kommission ab. Dabei drängt die Zeit: Am 23. März soll der Vorschlag von den EU-Botschaftern der Mitgliedstaaten diskutiert werden, wie der Deutschlandfunk meldet. Dabei hatte auch Wissing in der letzten Woche einen Alternativvorschlag vorgelegt. Demnach sollten Verbrennungsmotoren auch nach 2035 noch zugelassen werden können – ganz gleich, mit welchem Treibstoff sie betankt werden. Im Gegenzug sollten die Autohersteller für jedes zugelassene Auto so viel zahlen, dass mit dem Betrag genug E-Fuel für den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs produziert werden könnte.

Auch viele Autohersteller plädieren für den Einsatz von E-Fuels in Altfahrzeugen. Aber die meisten Marken gehen davon aus, dass sie weit vor 2035 nur noch rein elektrische Autos in Europa verkaufen werden.

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