Er gilt als Trump Südostasiens. Rodrigo Duterte (75) reisst hässliche Witze über schöne Frauen, umarmt und küsst gern die philippinische Flagge. Er präsentiert sich als ruppiger Macho-Populist mit dem Herzen auf der Zunge. Doch der Präsident der Philippinen bekämpft auch gern kritische Medien und Widersacher, ausserdem ist er ein Verfechter der Todesstrafe.
Serie: Das Böse an der Macht
Rodrigo Duterte, von seinen Anhängern auch «Rody» oder «Vater Digong» genannt, schockiert die Welt vor allem aber mit einem grausamen Krieg gegen die Drogenszene in seinem Inselreich. In den vier Jahren seiner Präsidentschaft töteten Todesschwadronen offiziellen Angaben zufolge über 8000 Kleinkriminelle und Junkies.
Menschenrechtsorganisationen gehen von dreimal mehr Opfern aus, darunter unzählige Strassenkinder. Und: Während der Pandemie hätten die improvisierten Massenhinrichtungen so richtig Fahrt aufgenommen. Die Täter kommen meist straffrei davon.
Jagd auf die Armen, die sich keinen Lockdown leisten können
Nicht nur Kleinkriminelle werden erbarmungslos gejagt, auch Corona-Sünder. Wer sich nicht an Ausgangssperren hält, wird hart bestraft. «Schiesst sie tot», hatte Rodrigo Duterte den Ordnungshütern schon Anfang April 2020 mit auf den Weg gegeben. Später lässt der Herrscher kaum mehr Milde walten. Meist bettelarme Menschen, die im Lockdown zu verhungern drohen und heimlich das Haus verlassen, werden mit ein Meter langen Rohrstöcken niedergeknüppelt, in den Knast geworfen oder in Hundekäfige gesperrt.
Brutalität gehört zum erklärten Regierungskonzept. Daraus hat Rodrigo Duterte nie einen Hehl gemacht. Seine harte Hand kommt gut an beim Volk. Der studierte Rechtsanwalt sticht am 30. Juni 2016 mit 39 Prozent der Wahlstimmen seine fünf Gegenkandidaten aus und wird Präsident des 109-Millionen-Volks. Heute kann er auf die Unterstützung von 91 Prozent der Bevölkerung zählen. Er gibt sich anti-amerikanisch und flirtet lieber mit Putin und Xi Jinping.
Er nannte den Papst «Hurensohn»
«Duterte schafft es, sich als ganz gewöhnlichen Filipino darzustellen», sagt Politexperte Tony La Vina (61) in der Zeitschrift «Globe». Menschenrechte seien den Filipinos nicht wichtig, wenn es um die Bekämpfung von Verbrechen geht, so La Vina weiter.
Duterte verzeiht man seine derbe Stammtisch-Sprache. So durfte der Diktator sowohl den Papst als auch den Ex-US-Präsidenten Barack Obama «einen Hurensohn» nennen. Und als Duterte witzelte, er wäre bei der Gruppenvergewaltigung einer hübschen australischen Missionarin 1989 in Davao City gern dabei gewesen, kam der Protest einzig aus dem Ausland.
Immerhin: Der achtmonatige Lockdown wirkt. Die offiziellen Corona-Zahlen sind niedrig und vergleichbar mit jenen der Schweiz. Die Wirtschaft aber leidet. Die Inflationsrate schiesst in die Höhe, der Peso verliert an Wert, und die Preise von Grundnahrungsmitteln wie Reis und Zucker stiegen bislang um zehn Prozent an. Trotz allem fühlen sich die vielen Duterte-Anhänger wegen seiner brutalen «Law and Order»-Politik sicher.
Schon die Eltern waren Politiker
Auch der familiäre Background von Rodrigo Duterte passt. Schon seine Eltern waren Politiker. Der Vater war Gouverneur, die Mutter Oppositionsführerin. Über zwei Jahrzehnte war Duterte Bürgermeister in seiner Heimatstadt Davao City im Osten der Insel Mindanao. Drei seiner vier Kinder bekleiden politische Ämter. Dutertes erste Ehefrau, die deutsch-amerikanisch stämmige Elizabeth Zimmerman (72), kandidierte für das Bürgermeisteramt, das schliesslich die gemeinsame Tochter Sara Duterte Carpio (42) nach der Präsidentschaftswahl übernahm.
Schon als Bürgermeister ging Rodrigo Duterte mit Killerkommandos gegen die Drogenszene und Strassenkinder vor. Doch er trumpfte auch als Macher auf. So setzte er 2012 eine Anti-Diskriminierungsverordnung für Homosexuelle und Transgender, ethnische Minderheiten und Behinderte durch. Duterte führte in Davao City die zentrale Notrufnummer 911 ein, zudem Tempolimits und die Gurtpflicht, eine Ausgangssperre für Jugendliche – und in weiten Teilen auch ein Rauchverbot.
Selbst war «Vater Digong» weniger tugendhaft. Alkohol und Zigaretten haben den Diktator über Jahre geschwächt. Er erklärte, dass er möglicherweise aus gesundheitlichen Problem zurücktreten müsse. Das Gerücht, er leide an Krebs, wurde jedoch nie bestätigt. Sollte er k. o. gehen, steht ein Nachfolger jedenfalls in den Startlöchern: Ex-Boxweltmeister und Rechtsextremist Emmanuel «Manny» Pacquiao (42). Rodrigo Duterte hat den Hardliner bereits zum Vorsitzenden der regierenden PDP-Laban-Partei ernannt.