Es sind vollmundige Versprechungen: direkte Demokratie, solidarisches Wirtschaftssystem, Kampf der Korruption, Unabhängigkeit, Erdöl für alle. Als Nicolás Maduro (58) die Nachfolge des verstorbenen, sehr populären linken Präsidenten Hugo Chávez (†59) antritt, will er dessen «Bolivarische Revolution» weiterführen.
Maduro ist Vollblutpolitiker. Schon mit 12 beginnt der Sohn einer Kolumbianerin und eines Politikers aus Curaçao im sozialistischen Widerstand zu kämpfen. Wenige Jahre später übernimmt er Führungspositionen in Studentenschaft und Gewerkschaft, wird schliesslich Chávez' politischer Wegbegleiter.
Nicht aus Eitelkeit werde er Präsident, versichert Maduro in einer Ansprache. Sondern: «Ich werde weder Oligarchen noch die Mafia oder den Geldadel schützen.» Eine knappe Mehrheit der «Chavisten» (50,66 Prozent) gibt dem damaligen Aussenminister und Vizepräsidenten ihre Stimme. Am 14. April 2013 ist Nicolás Maduro Staatspräsident der Bolivarischen Republik Venezuela.
Das eigene Land in den Ruin getrieben
Im achten Jahr seiner Herrschaft steht das Land vor dem Kollaps. Nichts ist geblieben von der sozialistischen Utopie. Maduro hat die Demokratie abgeschafft, seine Macht durch Korruption gefestigt, mit Drogenkartellen Geschäfte gemacht, das Land von der westlichen Welt isoliert und dem Volk das Erdöl gestohlen.
Die Venezolaner hungern. Über 96 Prozent leben an der Armutsgrenze. Jedes dritte Kind ist unterernährt. Es herrscht Hyperinflation wie in der Weimarer Republik. Der Preis für einen Laib Brot klettert von einem Bolivar auf eine Million Bolivar. Das Kilo Fleisch kostet zehn Millionen. Der monatliche Mindestlohn liegt bei irrwitzigen 50'000 Millionen Bolivar (umgerechnet drei Franken). Über ein Drittel der Bevölkerung ist arbeitslos und ohne Einkommen. Selbst Benzin ist Mangelware, und das in einem der einst grössten Erdöl-Förderländer der Welt.
Spezialeinheiten töteten Tausende von politischen Gegnern
Proteste werden blutig niedergeschlagen. Amnesty International schätzt allein in den Jahren 2015 bis 2017 rund 9000 aussergerichtliche Hinrichtungen durch Maduros Spezialeinheiten. «Hinter Maduros demokratischer Fassade steckt ein Tyrann, ein totalitäres Regime, das vom Militär, den Russen und den Kubanern an der Macht gehalten wird», sagt der venezolanische Bischof Mario Moronta (71) in der «Frankfurter Rundschau». «Maduro tritt die Menschenrechte mit Füssen.» Die Folge sei ein Massenexodus. «Seit 2015 sind 4,6 Millionen geflohen. Jeder fünfte Venezolaner lebt inzwischen im Ausland. Das sind sechs Millionen Menschen. Im Land fehlt es an Facharbeitern, Lehrern, Ärzten, anderen Akademikern.»
Die Opposition ist entmachtet. Maduros Wiederwahlen sind gefälscht. Immer wieder bäumt sich die venezolanische Nationalversammlung gegen die Eigenmacht des Diktators auf. Zuletzt indem sie Juan Guaidò (37) zum Präsidenten der Nationalversammlung und dieser sich zum Interimspräsidenten ernennt. Als 54 Länder den sozialdemokratischen Abgeordneten als das rechtmässige Staatsoberhaupt des lateinamerikanischen Landes anerkennen, klammert sich Maduro noch fester an die Macht.
Wie konnte das alles passieren? Die Misswirtschaft beginnt bereits bei Hugo Chávez. Der vierfache Staatspräsident verstaatlicht wichtige Schlüsselindustrien und tauscht Fachpersonal gegen unfähige Parteigetreue aus. Die Wirtschaft des Landes basiert nur noch auf Erdöleinnahmen. Produktion und Landwirtschaft werden vernachlässigt, die Gesellschaft über Importe versorgt. Als der Ölpreis sinkt, geht alles bergab.
Maduro hält sich mit Korruption an der Macht
Nicolás Maduro macht im Chávez-Stil weiter. Er plündert den staatlichen Erdölkonzern, füllt sich und der Elite die Taschen. Mitglieder der Familie werden in wichtige Ämter gehievt. Er besticht oberste Richter, nimmt sie sowie Offiziere und Generäle in die Regierung, beschenkt alle mit Privilegien, um seine Macht zu schützen. Und er macht Geschäfte mit den Drogenkartellen. So intensiv, dass selbst die US-Drogenbehörde ein Auge auf ihn geworfen hat – und ihn gerne in den Vereinigten Staaten als Angeklagten sehen würde. Ein weiterer Grund für den Diktator, unbedingt an der Macht zu bleiben.