Nach den Anschlägen in Paris vom vergangenen Freitag und auf einen russischen Ferienflieger über dem Sinai hat Russland im Uno-Sicherheitsrat einen überarbeiteten Resolutionsentwurf für den Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) eingereicht. Der russische Präsident Wladimir Putin kam sogar den im eigenen Land vom IS-Terror betroffenen Franzosen zuvor.
Wenn es darum geht, sich als starken Staatsmann zu präsentieren, lässt Putin nichts anbrennen. Schliesslich kann er so in der Öffentlichkeit gegenüber US-Präsident Barack Obama punkten – auch im Westen, der sich angesichts der Ukraine-Krise deutlich von Russland distanzierte.
Der russische Präsident hat dabei ein leichtes Spiel. Denn bei ihrer eigenen Syrien-Strategie scheinen sich die Amerikaner zu verzetteln: Sie engagieren sich im Kampf gegen den IS, wollen aber gleichzeitig den syrischen Machthaber Baschar al-Assad stürzen, der den IS ebenfalls aus Syrien vertreiben möchte. Gleichzeitig helfen sie Rebellen, die ihnen als gemässigt erscheinen, und stellen sich dabei gegen die Russen, die den Kampf gegen den IS zwar unterstützen, wegen ihrer Nähe zum Assad-Regime aber sämtliche Rebellen als Terroristen bezeichnen.
Der Westen kann sich nicht entscheiden: Was ist schlimmer? Der IS oder Assad? Die Strategie der USA und ihrer Verbündeten ist der Öffentlichkeit nur schwer zu erklären. Ihre Wirksamkeit bleibt Beobachtern zudem grösstenteils verborgen.
Für Putin ist klar: Ohne Assad ist der IS nicht zu stoppen. Der russische Präsident will den Kampf gegen die Islamisten militärisch eng mit seinem syrischen Verbündeten abstimmen. Deshalb sieht auch der neuste Uno-Resolutionsentwurf der Russen beim Kampf gegen die Terrormiliz den Einbezug des syrischen Machthabers vor. Der russische Uno-Botschafter Witali Tschurkin sagt: «Es würde die Möglichkeit unseres gemeinsamen Kampfes definitiv schwächen, wenn die syrische Regierung ignoriert würde.»
Die USA, Russland und weitere Beteiligte entwarfen vor wenigen Tagen in Wien einen Plan für eine politische Lösung in Syrien. In sechs Monaten soll demnach eine Übergangsregierung stehen, in 18 Monaten sollen Neuwahlen folgen.
Doch dieser Plan ist nur eine Skizze. Assad bleibt ein Knackpunkt bei der Lösung des Syrien-Konflikts. Obama: «Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der wir den Bürgerkrieg in Syrien beenden könnten und in der Assad an der Macht bleibt.» Gegenüber Russland fand der US-Präsident unlängst jedoch lobende Worte. Das Land sei «ein konstruktiver Partner» während der internationalen Syrien-Konferenz in Wien gewesen und habe versucht, einen «politischen Übergang» in Syrien zu erreichen.
Terror in Paris
Kommt es jetzt zur langersehnten Wende im Syrien-Konflikt? Russland-Experte Cliff Kupchan ist skeptisch, wie er gegenüber dem Nachrichtensender CBS erklärt: «Die Anschläge von Paris haben für ein kurzfristiges Tauwetter mit Putin gesorgt. Das wird nicht andauern. Obama und Putin misstrauen einander. Aber im Moment sind sie aufeinander angewiesen.»
Frankreich kommt nun eine Art Vermittlerrolle zwischen den USA und Russland zu. Der französische Präsident François Hollande forderte als Reaktion auf die Anschläge eine rasche Resolution des Uno-Sicherheitsrats zur Verstärkung des Kampfes gegen den IS. Gestern hat das Land einen entsprechenden Entwurf eingereicht.
Hollande und Putin haben schon kurz nach den Anschlägen in Paris vereinbart, in Syrien militärisch und geheimdienstlich enger zusammenzuarbeiten. Nächste Woche wird Hollande zudem nach Washington reisen. Anschliessend wird er zu einem Besuch in Moskau erwartet.