Alles wird teurer. Was früher einfach so dahingesagt wurde, stimmt heute tatsächlich. In der Schweiz liegt die Inflation mit 2,5 Prozent im Vergleich zum Ausland zwar tief. In der Eurozone etwa beträgt die Teuerung 7,5 Prozent, in den USA gar 8,3 Prozent.
Aber auch hierzulande stehen die Zeichen weiterhin auf steigende Preise. Das spüren die Leute längst nicht mehr nur an der Zapfsäule, sondern zunehmend auch beim Einkaufen und bei der Nebenkostenabrechnung.
Wenn es um Preise geht, kommt Stefan Meierhans (53) ins Spiel. Blick hat den Preisüberwacher in seinem Büro in Bern zum Interview getroffen. «War der Zug voll?», fragt er die aus Zürich ankommende Journalistin. Die ÖV-Preise – und in diesem Zusammenhang auch die Auslastung der Züge – sind eines von Meierhans' Steckenpferden. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs beschäftigen ihn aber andere Themen.
Blick: Kaufen Sie heute anders ein als vor einem Jahr?
Stefan Meierhans: Eigentlich nicht. Ich habe schon letztes Jahr, vor der Inflation, immer erst im Internet die Preise verglichen.
Echt jetzt? Sie sehen vorab nach, wo ein Kilo Mehl am wenigsten kostet?
Na ja, ich mache natürlich nicht bei jedem Aromat-Dösli einen Preisvergleich. Aber ich schaue schon auf Aktionen und Sonderangebote. Ausserdem gehe ich, wenn möglich, kaum je ohne Postizettel einkaufen. Sonst landet viel zu viel in meinem Korb – besonders, wenn ich Hunger habe!
Wenn Sie heute noch genau gleich einkaufen wie vor einem Jahr – heisst das dann auch, dass die Inflation uns Schweizer nicht besonders trifft?
Es kommt eben darauf an, welche Schweizer. Aber Sie haben schon recht: Viele können sich die Teuerung problemlos leisten – noch.
Das heisst, Inflation kann uns egal sein?
Auf keinen Fall! Jede und jeder sollte Preise vergleichen, auch wenn man es sich leisten könnte, etwas mehr zu bezahlen. Aber wenn man vergleicht, tut man nicht nur seinem eigenen Portemonnaie einen Dienst, sondern der gesamten Volkswirtschaft. Man sorgt nämlich dafür, dass der Wettbewerb spielt. Und davon profitieren am Ende eben vor allem jene mit kleinerem Budget.
Stefan Meierhans (53) ist seit 14 Jahren Preisüberwacher. Der studierte Jurist ist als «Monsieur Prix» dafür verantwortlich, überall dort die Preise zu kontrollieren, wo der freie Wettbewerb nicht spielt – etwa im öffentlichen Verkehr. Dort sorgte Meierhans unter anderem dafür, dass Zugpassagiere für die Hinterlegung ihres GAs nichts mehr bezahlen müssen. Auch die Post-Preise, Labortarife oder Verwaltungsgebühren nimmt er regelmässig unter die Lupe. Meierhans stammt aus der Ostschweiz und lebt mit seiner Frau und den beiden Töchtern in Bern.
Stefan Meierhans (53) ist seit 14 Jahren Preisüberwacher. Der studierte Jurist ist als «Monsieur Prix» dafür verantwortlich, überall dort die Preise zu kontrollieren, wo der freie Wettbewerb nicht spielt – etwa im öffentlichen Verkehr. Dort sorgte Meierhans unter anderem dafür, dass Zugpassagiere für die Hinterlegung ihres GAs nichts mehr bezahlen müssen. Auch die Post-Preise, Labortarife oder Verwaltungsgebühren nimmt er regelmässig unter die Lupe. Meierhans stammt aus der Ostschweiz und lebt mit seiner Frau und den beiden Töchtern in Bern.
Konsumentenschützerin Sara Stalder warnte jüngst im Blick vor Preiserhöhungen auf Vorrat. Ist diese Gefahr real?
Ich würde da gerne genauer hinsehen und untersuchen, ob es Trittbrettfahrer gibt. Schliesslich sind Preiserhöhungen gerade en vogue. Man kann mit dem Preis raufgehen, ohne dass es jemanden überrascht.
Und warum sehen Sie dann nicht genauer hin?
Weil meine Ressourcen beschränkt sind. Ich gebe heute viermal mehr Empfehlungen ab als vor zehn Jahren. Wir können leider nicht überall gleichzeitig anpacken, müssen priorisieren.
Und worauf legen Sie den Fokus?
Die Benzin- und Gaspreise beschäftigen mich sehr. Ich kriege praktisch jeden Tag Meldungen von Leuten, die zum Beispiel in einem Tal mit nur einer Tankstelle wohnen. Dann sehen sie per Zufall, dass das Benzin an einem anderen Ort bis zu 20 Rappen billiger ist. Das finden sie nicht in Ordnung.
Im Parlament ist gerade ein Vorstoss für einen staatlichen Spritpreisrechner nach dem Vorbild Österreichs eingereicht worden. Auch Sie fordern das schon lange. Dabei gibt es doch bereits diverse Websites für den Benzinpreisvergleich.
Ja, aber die sind häufig unbrauchbar: Die Daten sind veraltet und unvollständig. Beim österreichischen Spritpreisrechner werden immer nur die fünf günstigsten Tankstellen einer Region angezeigt. Alle wollen dort auftauchen, also senken sie die Margen. In Österreich sind die Benzinpreise dank staatlicher Massnahmen wie dem Spritpreisrechner um bis zu 23 Prozent gesunken.
Und wie sorgen Sie beim Gas dafür, dass wir nicht zu viel bezahlen?
Da ist es schwieriger, es gibt ja keinen Wettbewerb. Man bezieht sein Gas einfach beim lokalen Gasversorger, hat keine Auswahl. Am schlimmsten ist es für die Mieterinnen und Mieter. Die kriegen einfach irgendwann die Nebenkostenabrechnung – und dann fällt ihnen die Kinnlade runter.
Wie kommt es denn, dass man in Winterthur weniger als 7 Rappen pro Kilowattstunde bezahlt, in Glarus allerdings über 16 Rappen?
Es kommt immer darauf an, welche Verträge die Gasversorger geschlossen haben: Einige haben vor 20 Jahren langjährige Lieferverträge abgeschlossen. Das war damals etwas teurer, heute sind sie froh darüber. Andere haben auf den Spotmarkt gesetzt. Und da herrscht punkto Preise gerade Salto mortale. Vor allem, weil man sich um die Versorgungssicherheit fürchtet. Das treibt die Preise nach oben.
Können Sie als Preisüberwacher da überhaupt etwas tun?
Ja, denn die Gasversorger sind meist in öffentlicher Hand, gehören den Städten und Gemeinden. Statt die Gaspreise jetzt sofort zu erhöhen, sollten sie ihre Reserven einsetzen, um die Schwankungen zu glätten. Schliesslich haben sie in der Vergangenheit gute Geschäfte gemacht. Zusätzlich zum Gas bezahlt man zudem oft Konzessionsabgaben und Durchleitungsgebühren an die Gemeinde. Auf diese Gebühren sollten die Städte in der aktuellen Situation verzichten.
Können Sie angesichts der galoppierenden Inflation als Preisüberwacher eigentlich noch ruhig schlafen?
Ich konzentriere mich lieber auf meine Arbeit, statt mir Sorgen zu machen. Aber mir ist schon wichtig, dass wir jetzt besonders genau hinschauen. Die Schweizerinnen und Schweizer tun sich mit dem Preisvergleich manchmal etwas schwer. Aber jetzt wäre der Moment, sich einen Ruck zu geben.