«Wieso soll der Staat ausgerechnet Spritfresser entlasten?»
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BlickPunkt:«Wieso soll der Staat ausgerechnet Spritfresser entlasten?»

Christian Dorer über steigende Preise
Bedürftigen helfen statt Benzin verbilligen

Die Inflation zieht an wie lange nicht mehr. Dennoch ist es unseriös, wenn bürgerliche Parteien jetzt eine staatliche Vergünstigung der Treibstoffpreise verlangen. Wirkungsvoller wäre es, Menschen zu helfen, die die hohen Preise nicht verkraften.
Publiziert: 07.05.2022 um 00:07 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2022 um 22:11 Uhr
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Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe.
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Das Leben wird teurer: In der Schweiz liegt die Inflationsrate heute bei 2,5 Prozent, in der Eurozone gar bei 7,5 Prozent. Russlands Krieg gegen die Ukraine liess die Energiepreise besonders stark ansteigen: Benzin kostet ein Viertel mehr als vor einem Jahr, Heizöl gar drei Viertel; beim Gas ist es ähnlich.

Und: Wir müssen uns darauf einstellen, dass es nicht so schnell besser wird.

Mitte, FDP und SVP fordern jetzt vom Bundesrat, die Mineralölsteuer zu senken und so Benzin für alle billiger zu machen, weil «Bevölkerung und Wirtschaft schmerzhaft belastet würden». Das tönt verlockend, ist aber vor allem billiger Populismus.

Weshalb soll der Staat Benzin billiger machen, nicht aber Brot, das wegen der hohen Weizenpreise teurer wird? Was ist mit Kleidern, Möbeln, Handys, Zeitungen? Wozu sollen auch Sonntagsausfahrten und Spritfresser entlastet werden? Sollte Bern nicht besser den Wechsel auf neue, nachhaltige Technologien fördern?

Auch die Entlastung der Wirtschaft durch einen Benzin- und Diesel-Preisnachlass würde sich in engen Grenzen halten. Transporte innerhalb der Schweiz, erst recht die Treibstoffpreise tragen nur einen verschwindend kleinen Teil zu den Gesamtkosten der Produkte bei.

Und wieso rufen jetzt ausgerechnet jene Parteien nach dem Staat und seiner Giesskanne, die doch sonst gegen beides sind?

Allerdings haben sie in einem Punkt recht: Manche Menschen werden durch die aktuellen Preiserhöhungen ans Limit gebracht, zum Beispiel das Rentnerpaar Brigitte (78) und Emil Reuss (80), über die Blick berichtete. Für sie ist es ein Problem, wenn das Brot neu 5 statt 4.50 Franken kostet. Laut Pro Senectute sind etwa 20 Prozent der Seniorinnen und Senioren armutsgefährdet.

Es gibt auch Familien, die finanziell am Limit leben. Es gibt Menschen, die zwingend auf das Auto angewiesen sind und sich den hohen Benzinpreis nicht leisten können.

Ihnen sollte der Staat helfen!

Die Gemeinden wissen am besten, welche Bürgerinnen und Bürger Hilfe brauchen. Die Kantone wiederum verfügen über die grössten Reserven: Fast alle schlossen 2021 besser ab als budgetiert, mit einem schönen Überschuss.

Dieses Geld könnten sie für Inflationshilfe einsetzen – gezielt für jene, die es brauchen. Alle anderen sollten sich bewusst werden: Freiheit, Demokratie und Frieden haben ihren Preis. Und der wird gerade etwas höher.

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