Pierins langer Schatten
Die Raiffeisen-Aufräumer straucheln ebenfalls

Der Beginn der Strafuntersuchung gegen Pierin Vincenz Anfang 2018 warf lange Schatten auf das Ergebnis der Raiffeisen-Gruppe. Finanziell gelang der Bank die Kehrtwende, personell blieb es noch eine Weile turbulent.
Publiziert: 22.01.2022 um 13:25 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2022 um 13:42 Uhr
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September 2015: Pierin Vincenz räumt nach 16 Jahren sein Büro bei Raiffeisen.
Foto: Daniel Kellenberger
Conny Tovar

Das Geschäftsjahr 2018 war das bislang turbulenteste in der Firmengeschichte von Raiffeisen. Obwohl eigentlich ein Erfolg, hat der neue CEO Heinz Huber (57), der am 7. Januar 2019 übernahm, das Jahr schlecht gerechnet. Er machte Abschreiber im Wert von fast 300 Millionen und drückte den Gewinn auf 541 Millionen Franken. «Wir brauchen ein realistisches Bild davon, was wir in den Büchern haben», begründete Huber damals diese Aktion.

Finanziell steht die drittgrösste Schweizer Bank wieder solide da, trotz aller Skandale, Rücktritte und Wechsel in Geschäftsleitung und Verwaltungsrat. Doch an der Spitze der Genossenschaftsbank ist bis heute nicht wirklich Ruhe eingekehrt.

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Zum Thema Unruhe gehörte auch der plötzliche Rücktritt von Vincenz-Nachfolger Patrik Gisel (60). Allein die Tatsache, dass er viele Jahre als Stellvertreter von Pierin Vincenz (65) tätig war, hatte zu Kritik an seiner Person geführt. Schliesslich musste Gisel aber nach einer Blick-Enthüllung über die Liebschaft zu einer Ex-Verwaltungsrätin noch früher gehen als ohnehin geplant.

Gisels Abgang war nicht der einzige unrühmliche bei Raiffeisen. Während Vincenz in Untersuchungshaft schmorte, zog sich die Schlinge auch um den damaligen Verwaltungsratspräsidenten Johannes Rüegg-Stürm (61) zu. Er hatte bei Aufsichtspflicht und Kontrolle versagt und trat am 7. März 2018 zurück. Interimspräsident wurde Pascal Gantenbein (52). Er hat den Erneuerungsprozess im Verwaltungsrat vorangetrieben und gab den Anstoss für die unabhängige Untersuchung zur «Ära Pierin Vincenz».

Aufräumer Lachappelle stolperte über Beziehung

Guy Lachappelle (60) folgte im November 2018 an der Spitze von Raiffeisen – der Aufräumer, wie er schon vor Beginn seiner Amtszeit genannt wurde. Aufräumen, das hat er getan. Die Bankleitung und der gesamte Verwaltungsrat wurden ausgetauscht. Und Lachappelle holte nach Gisels Rücktritt den unbescholtenen Heinz Huber, der Raiffeisen wieder ein sauberes Image verpassen sollte. Und der Bank eine neue Struktur. Die Macht verschob sich aus der Zentrale in St. Gallen wieder mehr zu den Genossenschaften.

Trotz seiner geschäftlichen Erfolge war Lachappelle keine lange Amtszeit beschieden. Nach zweieinhalb Jahren an der Spitze von Raiffeisen endete seine Zeit als Verwaltungsratspräsident Ende Juli 2021. Auch ihn hat, wie Gisel, eine Liebesbeziehung zu Fall gebracht. In die Bresche sprang einmal mehr Vizepräsident Pascal Gantenbein – und musste schon wieder einen Präsidenten suchen.

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Nicht frei von Altlasten

Der neue Verwaltungsratspräsident Thomas A. Müller (56), der Anfang Dezember 2021 auf Lachappelle folgte, gehörte dem Verwaltungsrat bereits seit 2018 an. Er kennt also die turbulenten Zeiten bei Raiffeisen aus eigener Anschauung. Seine Wahl erfolgte allerdings auch nicht ohne Nebengeräusche.

Müller war Finanzchef der Bank Sarasin – zu einer Zeit, als die Bank tief in den Cum-Ex-Skandal verstrickt war, ein Steuertrick zulasten des deutschen Staates. Müller gehörte bislang aber nicht zu den Beschuldigten in den diversen Gerichtsverfahren.

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