Hier liess es sich Pierin Vincenz gut gehen
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Luxus-Ferien, Stripclubs:Hier liess es sich Pierin Vincenz gut gehen

Angeklagter Ex-Raiffeisen-Chef rechnete Luxusreisen mit Familie und Freunden über die Bank ab
Im Burj al Arab verschleuderte Vincenz 17'468 Franken

Bei den Spesen kannte Pierin Vincenz keine Grenzen. Mehr als eine halbe Million Franken gab der Ex-Raiffeisen-Boss für private Reisen oder Besuche in Stripclubs aus. Und liess es sich von der Bank bezahlen.
Publiziert: 21.01.2022 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2022 um 09:39 Uhr
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Für Reisen für sich und seine Ex-Frau Nadja Ceregato hat Vincenz offenbar ordentlich in die Spesenkasse gegriffen.
Foto: Sobli
Christian Kolbe

Während seiner Karriere als Chef der Raiffeisen galt Pierin Vincenz (65) als jovialer, volksnaher und grosszügiger Banker, nicht so abgehoben wie einige seiner Kollegen vom Zürcher Paradeplatz. Doch nun zeichnet die Anklage im Vincenz-Prozess, der kommenden Dienstag in Zürich beginnt, ein ganz anderes, düsteres Bild: das von einem Angestellten, der dreist in die Kasse der Arbeitgeberin gelangt haben soll. Einerseits um sich mittels Firmentransaktionen und «Schattenbeteiligungen» zu bereichern, andererseits um sich die Grosszügigkeit mittels Spesenabrechnung finanzieren zu lassen.

Eigentlich erstaunlich, ja traurig, dass ein Banker, der in den 16 Jahren an der Spitze von Raiffeisen an die 40 Millionen Franken verdient hat, so tief in den Spesentopf greifen muss, wie ihm die Anklage vorwirft: Exakt 560'709.10 Franken soll Vincenz unrechtmässig für Reisen, Besuche in Stripclubs und Anwaltskosten über Spesen abgerechnet haben, über die Firmenkreditkarte (Limite 20'000 bis 60'000 Franken) ebenso wie mittels eingereichter Belege oder über eine eigens für den CEO eingerichtete Kostenstelle.

Vincenz könnte über Spesen stolpern

Pikant: Der damalige Raiffeisen-Präsident Johannes Rüegg-Stürm (60) hat die Spesen einfach durchgewinkt, ohne nachzufragen, ob denn all diese Ausgaben wirklich geschäftlich begründet seien. Der Spesenritterei Vincenz' und seines Kumpels Beat Stocker (61) widmet die Anklage über 70 Seiten. Mit gutem Grund, denn hier stehen die Chancen für eine Verurteilung gemäss Experten nicht schlecht. Auch für einen CEO sind Besuche in Stripclubs oder Reisen mit Familienmitgliedern nur schwer als Geschäftsauslagen zu rechtfertigen.

Auch Stocker liess sich nicht lumpen, rechnete Spesen von fast 100'000 Franken ab: für Ausgaben in Erotik-Etablissements, Flüge seiner Frau nach Lugano und eine Wohnung in Zürich, die er gar nicht gemietet hatte.

Doch als Spesenritter macht Vincenz so schnell niemand etwas vor, allein über die Firmenkreditkarte liefen Reisekosten von 111'574.50 Franken. Reisen, für die die Anklage keinen geschäftlichen Zweck erkennen kann.

April 2011, London, 7277.05 Franken

Mit seinen beiden Töchtern besuchte der Banker die britische Metropole. In einer Woche, in der es keine geschäftlichen Termine in der Agenda gab. Ein vorbildlicher Vater, allerdings auf Geschäftskosten.

Dezember 2011, New York, 7063.65 Franken

Mal eben mit Nadja Ceregato (50) für ein verlängertes Wochenende nach New York. Vier Nächte verbrachte das Ehepaar im Luxushotel The Mark, Kostenpunkt 5273 Franken. Gegessen wurde unter anderem im Tao, einem aus der Kultserie «Sex and the City» bekannten Restaurant.

Dezember 2011 und Januar 2012, Australien, 14'990 Franken

Weihnachtsferien mit der Familie in Down Under. Den Flug des Familienoberhauptes bezahlte Raiffeisen über die Spesenrechnung. Treffen mit australischen Bankern fanden offenbar nicht statt, auch wenn Rüegg-Stürm dies glauben wollte.

März 2012, Mallorca, 15'970.05 Franken

Praktisch, wenn das Geschäft für den Golftrip mit Freunden aufkommt. Dabei fällt die Hotelrechnung mit 570.05 Franken weniger ins Gewicht als der Flug mit dem Privatjet für 15'400 Franken.

März 2013, Mallorca, 3060.90 Franken

Ein weiterer Golftrip, bezahlt mit der Firmenkreditkarte, unter anderem 1336.95 Franken für das Hotel Son Penya.

April 2013, Marrakesch, 8706 Franken

Vincenz spendierte seiner Tochter und ihrer Freundin einen Trip nach Marokko.

Mallorca, August 2014, 32'469.40 Franken

Die sieben Mitglieder des Kochklubs Fleur de Tiger durften auf Kosten von Raiffeisen mit dem Privatjet nach Mallorca und zurück fliegen – bezahlt über die Kostenstelle des Bankbosses.

Oktober 2014, New York, 18'247 Franken

Auch das kann nicht jeder: Mit den beiden Töchtern für vier Tage nach New York fliegen und sich den Trip von der Firma bezahlen zu lassen. Pierin Vincenz konnte es, glaubt die Anklage.

Dubai, Januar 2015, 95'279.05 Franken

Diese Reise war die mit Abstand teuerste und bringt sogar einen Mitangeklagten vor die Schranken des Gerichts. Ein bekannter Zürcher PR-Berater habe eine Rechnung für unspezifische «Auslagen» gestellt, die aber eigentlich seine Reisekosten von 19'617.10 Franken nach Dubai decken sollte. Der PR-Berater soll sich unter anderem der Gehilfenschaft zur Veruntreuung schuldig gemacht haben. Für ihn wie alle anderen Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

Golfen mit Freunden unter Palmen, das macht gerade im kalten Januar besonders Spass. Einer Bekannten bezahlte Vincenz den Flug mit der Firmenkreditkarte, ein weiterer Freund konnte Reisespesen von 18'100 Franken gegenüber der Bank geltend machen.

Dazu kommt eine saftige Kreditkartenabrechnung von 49'700 Franken. So bezahlte Vincenz wohl für die Übernachtung im Luxushotel Burj al Arab 17'468.35 Franken, liess es sich und seinen Freunden für 70'928.05 Franken im Cavalli Club gut gehen und schaute auch im Atlantis The Palm vorbei, Kostenpunkt 1394.25 Franken.

Februar 2015, Rückflug Teneriffa–Zürich, 30'311 Franken

Da musste es nach den Golfferien wohl schnell gehen, also setzte sich Vincenz mit Ehefrau Ceregato und Freunden in einen von der Bank organisierten und bezahlten Privatjet, Kostenpunkt 30'311 Franken.

Lesen Sie morgen: Das sagen die Genossenschafter zu den Eskapaden des Ex-Chefs

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