In den Medien ist im Vorfeld des Vincenz-Prozesses viel von der Unschuldsvermutung die Rede. Was floskelhaft klingt, ist ein entscheidender Baustein der Rechtsprechung: Jeder Angeklagte gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil als unschuldig. Das gilt auch für einen prominenten Angeklagten wie den Ex-Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz (65), der ab kommendem Dienstag in Zürich vor Gericht steht.
Gegen die Unschuldsvermutung anzutreten, ist ein harter Job. «Die Verteidigung hat deutlich leichteres Spiel als die Anklage», sagt Rechtsexperte Peter V. Kunz (56) im Gespräch mit Blick. «Die Staatsanwaltschaft muss jeden einzelnen Vorwurf, jede Behauptung beweisen.»
Sechs Jahre unwahrscheinlich
Das Problem: Lügen per se sei nicht verboten, es gehe darum, den Angeschuldigten ein ganzes «Lügengebäude» nachzuweisen, so Kunz. Eine aufwendige Sache, wie die 364 Seiten dicke Anklageschrift zeigt. «Gewerbsmässiger Betrug als einer der Anklagepunkte ist ein schwerer Vorwurf, aber eben auch schwer nachzuweisen», gibt Kunz zu bedenken.
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In Juristenkreisen geht man davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs höher ist als eine Verurteilung zu den von der Anklage geforderten sechs Jahren. Am ehesten sei mit einer Strafe von zwei bis zweieinhalb Jahren zu rechnen. Das heisst, Vincenz und Stocker müssten nur für ein paar Monate ins Gefängnis, wenn überhaupt.