In der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 2014 verliert Pierin Vincenz (65) die Kontrolle. Ausgerechnet er. CEO der Raiffeisen Schweiz, der drittgrössten Schweizer Bank. Der Starbanker, der sich gerne als Mann vom Volk gibt – und damit erfolgreich fährt. Bis zu dieser verhängnisvollen Nacht im Nobelhotel Park Hyatt in Zürich.
Es sollte ein fröhlicher Abend werden. Vincenz, zu diesem Zeitpunkt liiert, Vater zweier Töchter, verabredet sich mit seiner Geliebten, der Zürcher Tänzerin Lucia D.* (43). Sie soll ihn in der Suite 507 im Park Hyatt treffen. Ein Zimmer, das Vincenz offenbar häufig nutzte. Und dessen Benutzung er sich von seiner Raiffeisen jeweils als Spesen vergüten liess.
Vincenz war nicht alleine im Zimmer
Nur, der Starbanker hatte an besagtem Abend offenbar ein Puff in seiner Agenda. Denn als seine Herzdame gegen 2 Uhr früh plötzlich im Zimmer steht, vergnügt sich der Banker bereits mit einer anderen Frau. Die Situation eskaliert.
Lucia D. fühlt sich hintergangen. Denn Vincenz stellte zuvor der Tänzerin, die er in einem Club kennengelernt hat, sogar eine Heirat in Aussicht. Versicherte ihr, sich von seiner Frau scheiden lassen zu wollen. In der Suite 507 wird es laut. Quellen sprechen später von Schreien, Handgreiflichkeiten und Mobiliar, das in die Brüche ging.
Zimmer demoliert, 3778 Franken Schaden
Der Schaden: Kissenbezüge, ein Daunenduvet, Hand- und Badetücher sowie ein Kaktus gehen kaputt. Der Teppich wird in Mitleidenschaft gezogen wie auch der Stoff der Bettrückwand, Isoliergrund und Farbe. Das geht aus der Anklageschrift und den Verhörprotokollen der Staatsanwaltschaft hervor. Dies alles summiert sich auf insgesamt 3778 Franken! Die Rechnung beglichen hat die Raiffeisen – über die Firmenkreditkarte von Vincenz, Stichwort «Übernachtung».
Doch es geht noch viel dreister. Denn nach der völlig aus dem Ruder gelaufenen Nacht wollte die betroffene Dame Schadenersatz. Dies verursachte zunächst Anwaltskosten. So erhielt Vincenz-Verteidiger Lorenz Erni (71) gemäss Anklage in diesem Zusammenhang über 30'000 Franken Honorar, bezahlt über die Kostenstelle des CEO von Raiffeisen.
Damit nicht genug, auch die renommierte Anwaltskanzlei Niederer Kraft Frey wurde in den Fall involviert. Ihr Partner ist unter anderen Vincenz' Geschäftsfreund Peter Forstmoser (79). Dabei ging es auch um die Abwicklung der Zahlung von mindestens 1,5 Millionen Franken an die Tänzerin. Abgerechnet wurde dafür ein Betrag von 48'125.25 Franken – ebenfalls über die Kostenstelle des damaligen Raiffeisen-Chefs Vincenz. Die Anwaltskosten für den privaten Streit zahlt die Arbeitgeberin.
* Name geändert