Kurz vor Prozessbeginn wird das sowieso schon dicke Buch um die Affäre Pierin Vincenz (65) um ein weiteres Kapitel reicher: Wie SRF enthüllt, gibt es im Zusammenhang mit Vincenz' mutmasslichen Spesenexzessen weitere Ungereimtheiten. Vincenz soll sich von Raiffeisen unter anderem Besuche in Stripclubs, private Flüge sowie Hotelübernachtungen zu zweit finanziert haben lassen.
Die Auszahlung der Spesen erfolgte über einen externen Anwalt. Von 2001 bis 2017 war der namhafte St. Galler Jurist Eugen Mätzler (65) mit der Lohnbuchhaltung der Raiffeisen-Geschäftsleitung beauftragt. Spesen, Boni und Löhne der Raiffeisen-Bosse wanderten über seinen Schreibtisch. Mätzlers Name taucht denn auch in der Anklageschrift zum Prozess mehrfach auf. Er selber ist allerdings nicht angeklagt. In der Ostschweiz ist Mätzler kein Unbekannter, war er doch einst Fussballer beim FC St. Gallen und später Klubpräsident.
Mätzlers Nichte erhielt 200'000 Franken
Wie SRF nun publik macht, gibt es zwischen Mätzler und Raiffeisen allerdings heikle Verstrickungen: Eugen Mätzlers Nichte, eine Golfspielerin, profitierte demnach zwischen 2011 und 2016 von Raiffeisen-Sponsoringgeldern von mutmasslich über 200'000 Franken.
Compliance-Spezialistin Monika Roth hat damit grosse Mühe, wie sie im Bericht sagt: «Das erachte ich als eine gefährliche und eigentlich unangemessene Konstellation.» Andere Experten stimmen ihr zu.
Golf-Sponsoring fällt aus dem Rahmen
Insider geben zu Protokoll, dass Vincenz höchstpersönlich dafür gesorgt habe, dass das Sponsoring für Mätzlers Nichte zustande komme. Das, obwohl Raiffeisen regulär gar keine Golferinnen unterstützte, sondern sich auf andere Sportarten konzentrierte, etwa Ski. Kommt hinzu, dass Mätzlers Nichte der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt war.
Mätzler selber sagt gegenüber SRF, das Sponsoringgeld sei nicht auf sein Konto geflossen. Er habe demnach nichts mit den Zahlungen zu tun gehabt. (sfa)