«Tag und Nacht für die Bank unterwegs»
So begründet Pierin Vincenz seine ausufernden Spesen in Stripclubs & Co.

Er flog für 15'000 Franken nach Australien – ohne dort einen formalen Geschäftstermin wahrzunehmen. Die Prozessakten zeigen nun erstmals, wie Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz seine hohen Spesenrechnungen begründet.
Publiziert: 16.01.2022 um 13:53 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2022 um 08:01 Uhr
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Ex-Raiffeisen-Boss Pierin Vincenz geht's an den Kragen.
Foto: Keystone

Besuche in Stripclubs, Randale im Hotelzimmer, Privatflüge nach Mallorca: Die Spesenrechnung von Ex-Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz (65) hat sich gewaschen. Nicht nur, aber auch dafür muss sich Vincenz im grössten Wirtschaftsprozess der letzten Jahrzehnte ab dem 25. Januar vor dem Bezirksgericht Zürich verteidigen.

Die Unterlagen zum anstehenden Gerichtsprozess zeigen nun erstmals, wie Vincenz seine Spesenauswüchse rechtfertigt. Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat bei über einer halben Million Franken auf Vincenz' Spesenabrechnung Fragezeichen. In den Befragungen, welche die «NZZ am Sonntag» abdruckt, steht Vincenz Red und Antwort. Er bleibt dabei aber vage. Danach gefragt, warum er ein Hotelzimmer für zwei Personen statt für eine von der Bank erstattet erhielt und wer diese zweite Person war, sagt er etwa: «Das würde ich als meine Privatsache bezeichnen.»

Kein Kommentar zu zertrümmerter Hotelsuite

In einer anderen Nacht bezahlte Raiffeisen nicht nur für Vincenz' Hotelübernachtung – sondern fast 4000 Franken obendrauf für eine verwüstete Suite im Park Hotel Hyatt. Blick machte bereits vor einem Jahr publik, dass Vincenz wohl versehentlich zwei Frauen in der gleichen Nacht in sein Hotelzimmer eingeladen hatte. Es kam zu Handgreiflichkeiten, Mobiliar ging in die Brüche.

Inwiefern es im Interesse der Raiffeisen gewesen sei, für die zertrümmerte Hotelsuite aufzukommen? «Da möchte ich mich nicht dazu äussern», antwortet Vincenz gemäss Gesprächsprotokoll. Unter dem Strich bleibt er allerdings dabei: Seine Spesenbezüge seien gerechtfertigt gewesen. Er sei eben Tag und Nacht für Raiffeisen unterwegs gewesen. Eine strikte Trennung zwischen privat und geschäftlich falle da schwer: «Ich war nicht der Meinung, dass man sich nach dem Essen zurückzieht, sondern dass man dann die Beziehungspflege weiter vorantreibt. Im weiteren war bekannt, dass ich ein lebensfroher Mensch bin und dass das der Raiffeisen-Organisation sehr viel geholfen hat.»

«Hat nichts mit Repräsentationsspesen zu tun»

Der damalige Raiffeisen-Präsident Johannes Rüegg-Stürm (61) sieht das anders. Auch er wurde im Zusammenhang mit Vincenz' Spesen-Exzessen befragt und gibt gemäss «NZZ am Sonntag» zu den Ausgaben Vincenz' im Stripclub «King's Club» in Zürich zu Protokoll: «Das sind keine geschäftsbedingten Auslagen. Das hat nichts mit Repräsentationsspesen, Vernetzung, Aufbau von Markenwert zu tun.»

Pikant: Rüegg-Stürm selber hat Vincenz' Spesenbezüge abgesegnet. Er stellt sich allerdings auf den Punkt, Vincenz hätte in den Abrechnungen verschleiert, wofür die Unkosten wirklich anfielen.

Mit dem Privatjet nach Mallorca

Neben Hotelübernachtungen (zertrümmerte Suite inklusive) und Besuchen in Striplokalen geben in den Befragungen auch Vincenz' internationale Reisen zu reden. So flog er für fast 15'000 Franken nach Australien – ohne dort auch nur einen einzigen formellen geschäftlichen Termin wahrzunehmen. «Es waren mehr spontane Treffen mit Leuten auf der Bank. Ich hatte jetzt auf dieser Reise keine Kontakte mit dem Management», sagt Vincenz dazu.

Mit einer Gruppe Kollegen aus einem Kochclub flog Vincenz ausserdem im Privatjet nach Mallorca. Der Nutzen für Raiffeisen? Unklar. «Diese Trennlinie zwischen privat und geschäftlich ist nicht so klar festzumachen, weil es sich vielfach um Kunden oder potenzielle Kunden handelt», verteidigt sich der gefallene Banker. Die Reise im Privatjet nach Mallorca bezeichnet er als «aussergewöhnlich aber begründbar».

Vincenz' Spesenexzesse sind nur ein Teil des Monsterprozesses, der ab dem 25. Januar vor dem Bezirksgericht Zürich ansteht. Daneben geht es auch um komplizierte Firmenkonstrukte und Beteiligungen an Unternehmen, mit denen Vincenz und sein ehemaliger Geschäftspartner Beat Stocker in die eigene Tasche gewirtschaftet haben sollen. Ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen wegen Betrugs. (sfa)

Raiffeisen-Präsident segnete Strip-Spesen von Vincenz ab
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Auf Bankkosten im Milieu:Raiffeisen-Präsident segnete Strip-Spesen von Vincenz ab


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