Jetzt gehts ans Eingemachte: Pierin Vincenz (65), Ex-Boss von Raiffeisen, wird zwei seiner luxuriösen Liegenschaften in den nächsten Monaten verkaufen müssen – um seine Schulden zu begleichen. Dabei handelt es sich um seine rund zehn Millionen Franken teure Villa in Teufen AR und ein Ferienhaus in Morcote TI.
Für beide Häuser hat er sich vor Jahren Millionen von Freunden und Unternehmern geliehen, die jetzt pronto ihr Geld zurückwollen.
Pierin Vincenz war von 1999 bis 2015 Chef der Raiffeisen, der drittgrössten Schweizer Bank, und hat in dieser Zeit weit über 40 Millionen Franken verdient. Damit müsste er eigentlich finanziell ausgesorgt haben.
Trotzdem ist der angeklagte Banker in einen finanziellen Engpass geraten. Aus diesem Grund hat ihm der bekannte Unternehmer Peter Spuhler (62) Anfang 2019 ein Darlehen in der Höhe von nicht weniger als 6,5 Millionen Franken gewährt. Dies ging aus Dokumenten zur Strafuntersuchung hervor.
Die stattliche Summe diente zur Ablösung einer Hypothek, um sein Anwesen in Teufen AR zu finanzieren.
Spuhler und Vincenz verbindet seit dem gemeinsamen Studium an der Universität von St. Gallen eine enge Freundschaft. Auch in der Armee dienten sie in der gleichen Division als Kompaniekommandanten.
Geldprobleme waren damals noch nicht bekannt
Auch wenn sich Spuhler diesen Freundschaftsdienst locker leisten konnte – sein Vermögen soll laut Schätzungen drei Milliarden Franken betragen –, will er das Geld jetzt zurück. In den nächsten drei Monaten soll darum das Haus in Teufen AR verkauft werden – durch einen Immobilienmakler, schreibt CH Media am Montag.
Auf Anfrage der Zeitung bestätigte Peter Spuhler den Sachverhalt, will sich aber nicht weiter dazu äussern. Der Verkauf der Liegenschaft musste aufgrund mehrerer laufender Verfahren gegen Vincenz offenbar mit der Staatsanwaltschaft besprochen werden.
Als Spuhler seinem Freund Vincenz das Geld lieh, waren die juristischen Probleme von Vincenz noch nicht bekannt. Auch nicht, dass er Geldprobleme haben könnte und das Darlehen nicht fristgerecht zurückzahlen würde, schreibt CH Media weiter.
Und noch ein Ostschweizer Unternehmer wartet auf Rückzahlung eines Darlehens: Dölf Früh (70), der ehemalige Präsident des FC St. Gallen. Auch dieses Darlehen ist beträchtlich hoch. 4,3 Millionen Franken beträgt es und soll durch den Verkauf des Tessiner Ferienhauses zurückbezahlt werden. Dölf Früh liess eine Anfrage von Blick bislang unbeantwortet.
Prozess beginnt am 25. Januar
Die prekäre finanzielle Situation von Vincenz ist insofern relevant, als er wegen gewerbsmässigen Betrugs und Veruntreuung angeklagt ist. Er soll sich bei Firmenkäufen privat bereichert haben, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Inwiefern seine offenbar notorischen Liquiditätsprobleme dabei eine Rolle gespielt haben und ob wirklich alle Straftatbestände erfüllt sind, darüber wird bald das Zürcher Bezirksgericht befinden.
Denn Vincenz steht bei mehreren Freunden – oder ehemaligen Freunden – in der Kreide. Etwa auch bei seinem ehemaligen Geschäftspartner Beat Stocker (61), der in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» sagte, «insgesamt schuldet er mir heute fast 6 Millionen Franken».
Der Prozess gegen Vincenz und Stocker sowie sechs weitere Beschuldigte beginnt am 25. Januar 2022. Den beiden Hauptangeklagten drohen mehrjährige Haftstrafen. Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung. (cny)