Oldie Innerhofer trifft Youngster von Allmen
«Auf Sex vor dem Wettkampf musst du verzichten»

Der Italiener Christof Innerhofer ist zusammen mit Adrien Théaux der älteste Athlet im Ski-Zirkus. In Beaver Creek unterhält sich der 38-Jährige mit der jüngsten Swiss-Ski-Hoffnung Franjo von Allmen.
Publiziert: 03.12.2023 um 17:38 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2023 um 09:16 Uhr
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Oldie trifft Youngster: Blick bringt in Beaver Creek Ski-Veteran Christof Innerhofer (l.) und Franjo von Allmen, den jüngsten Abfahrer des Schweizer Teams, für ein Generationentreffen zusammen.
Foto: Sven Thomann

Als Christof Innerhofer am 20. November 2006 beim Slalom in Levi (Fi) sein erstes Rennen im Weltcup bestritt, war der Berner Oberländer Franjo von Allmen ein vierjähriger Knirps. In der Zwischenzeit hat sich der Jüngling, der in Boltigen am Fusse des Jaunpasses aufgewachsen ist, zu einem starken Gradmesser für den Altmeister aus dem Südtirol entwickelt. Mit dem zweiten Rang in der Abfahrts-Gesamtwertung im Europacup hat sich von Allmen einen Fixplatz für diese Weltcup-Saison gesichert. An der Hyat-Bar in Beaver Creek kommt es zwischen dem Youngster aus dem Simmental und dem Abfahrts-Oldtimer aus dem Südtirol zu einem launigen Gespräch.

Innerhofer: Franjo, hast du früher als Metzger gearbeitet?

Von Allmen: Nein, warum meinst du?

Innerhofer: Ich habe gelesen, dass es von dir Würste gibt.

Von Allmen: Als ich 2022 bei den Junioren-Weltmeisterschaften drei Silbermedaillen gewonnen habe, hat unser Dorf-Metzger zu Ehren von mir die «Silberblitz-Wurscht» erfunden. Aber ich habe Zimmermann gelernt.

Innerhofer: In dem Fall wissen wir beide, was richtig harte Arbeit bedeutet – ich habe früher auch auf dem Bau geschuftet.

Von Allmen: Ich bin von dir sehr beeindruckt. Dass du mit bald 40 immer noch derart starke sportliche Leistungen erbringst, ist wirklich aussergewöhnlich. Und ich glaube, dass ich ein Rezept von deinem Erfolg kenne.

Innerhofer: Welches Erfolgsrezept meinst du?

Von Allmen: Ich erlebe dich immer sehr fröhlich. Und deshalb glaube ich, dass du so lange auf hohem Niveau mithalten kannst, weil du den Skirennsport so richtig geniesst.

Innerhofer: Ich bekomme Gänsehaut, wenn du das sagst. Und du hast recht. Ich geniesse es, dass ich nach wie vor hauptberuflich das machen kann, was ich am liebsten tue. Ich finde es grossartig, dass ich mich mit Burschen messen kann, die fast schon meine Kinder sein könnten. Das Wetteifern gegen die Jungen hält mich fit. Es ist für mich auch ein bisschen der Versuch, die Zeit aufzuhalten. Auch wenn mir klar ist, dass das natürlich nicht funktionieren wird. Aber wenn ich hier mit dir sitze, kommen bei mir besondere Erinnerungen vor meinem ersten Rennen in Beaver Creek 2007 auf.

Von Allmen: Was war damals so besonders?

Innerhofer: Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich mit deinem berühmten Landsmann Didier Cuche den Steilhang besichtigt habe und er mir den Tipp gegeben hat, dass ich die Ski hier vor der Welle umlegen muss. Ich war der Meinung, dass das viel zu früh wäre. Didier sagte: «Ok, dann fahr halt geradeaus, du wirst dann schon sehen, was passiert!» Ich bin froh, dass ich seinen Ratschlag dann doch beherzigt habe. Durch meine Neugier habe ich damals von den Routiniers extrem viel gelernt, dank ihnen bin ich schnell gewachsen. Und deshalb möchte ich dir ans Herz legen, dass auch du die älteren Rennfahrer um Ratschläge bittest.

Von Allmen: Das habe ich bis anhin nicht so oft gemacht. Ich bin von meinem Naturell her eher zurückhaltend gegenüber Personen, die ich neu kennenlerne.

Innerhofer: Dann frage ich dich jetzt etwas ganz Wichtiges: Weisst du, wie viele Proteine du am Tag zu dir nimmst?

Von Allmen: Nein, keine Ahnung?

Innerhofer: Ich kenne meinen Protein-Haushalt ganz genau, Proteine sind nämlich besonders hilfreich für die Erholung. Aber in deinem Alter regeneriert man halt noch viel schneller.

Von Allmen: Es kommt ganz darauf an. Wenn ich mich wie hier in Beaver Creek an eine neue Piste und Umgebung gewöhnen muss, verbrauche ich schon mehr Energie. Und deshalb habe auch ich bemerkt, dass es wichtig ist, wenn man sich gesund ernährt. Aber ich esse eben nicht immer gesund.

Innerhofer: Was mich besonders interessiert: Was denkst du in den letzten fünf Minuten vor dem Rennstart?

Von Allmen: Bevor ich ins Starthaus hineingehe, präge ich mir noch einmal den Lauf ein. Im Starttor nehme ich mir vor, während dem Fahren richtig viel Freude zu haben. Ich versuche mich immer wieder daran zu erinnern, dass es ein Privileg ist, dass ich diesen wunderbaren Sport als Beruf ausüben darf. 

Innerhofer: Bei mir hat es immer dann am besten funktioniert, wenn ich am Start richtig böse war. So wie 2013 am Lauberhorn!

Von Allmen: Was hat dich da so wütend gemacht?

Innerhofer: Ein paar Stunden vor dem Start hat mein Teamkollege Peter Fill behauptet, dass sich meine Freundin mit einem anderen Mann treffen würde. Danach bin ich so aggressiv ins Rennen gegangen. Peters Behauptung hat mich wütend gemacht und angetrieben. Nach der Fahrt durchs Brüggli-S und durch den Tunnel habe ich zu mir gesagt: So, jetzt zeige ich meiner Freundin, wer hier der Chef ist. Und ich habe das Rennen dann tatsächlich gewonnen.

Von Allmen: Das würde bei mir nicht funktionieren. Ich muss am Start meine Emotionen hinunterfahren. Wenn ich zu geladen bin und zu viel will, unterlaufen mir zu viele Fehler.

Innerhofer: Wie viele Skischuhe hast du dabei?

Von Allmen: Zwei Paar. Ich brauche aber nur ein Paar. Die anderen Schuhe habe ich nur für den Fall, dass am bevorzugten Modell etwas kaputtgeht, dabei.

Innerhofer: Das würde mir niemals ausreichen, damit ich auch wirklich für alle Bedingungen gerüstet bin, habe ich sieben Paar im Gepäck. Zeitweise bin ich sogar mit elf Paar Schuhen angereist. 

Von Allmen: Wenn ich so viele Schuhe zur Auswahl hätte, würde ich mich bei der Abstimmung verzetteln.

Innerhofer: Ich gebe dir in diesem Punkt teilweise recht. Ich habe mir zeitweise in diesem Bereich zu viele Gedanken gemacht. Deshalb habe ich jetzt anstatt elf nur noch sieben Paar dabei ... Einen letzten Ratschlag möchte ich dir aber noch mit auf den Weg geben.

Von Allmen: Welchen?

Innerhofer: Sex vor dem Rennen ist nicht gut!

Von Allmen: Ernsthaft?

Innerhofer: Das ist mein voller Ernst. Ich werde doch nicht Tausende Stunden trainieren, um dann ausgerechnet an einem Tag vor dem Wettkampf wertvolle Energie mit Sex zu vergeuden. Aber nach dem Rennen ist es schon wichtig, dass du auch mal Blödsinn machst. Ich habe das zur Genüge getan, um richtig gut abschalten zu können. Ich bin sowieso immer meinen eigenen Weg gegangen. Als ich für meinen Sponsor nur in Unterwäsche bekleidet in der Zeitung erschienen bin, haben sich viele gefragt: «Spinnt der Innerhofer jetzt komplett?» Mein Trainer hat mir gesagt, dass er das überhaupt nicht gut findet. Aber das war mir vollkommen egal.

Von Allmen: Für Unterhosen-Werbung müsste ich meinen Körper ein bisschen besser in Schuss bringen.

Innerhofer: Das wird schon noch, lieber Franjo!

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